Ein Mobility-Start-up greift an Omio: Großes Ticket, große Gegner

Omio verkauft Fahrkarten weltweit, unabhängig vom Verkehrsmittel. Quelle: PR

Omio verkauft Fahrkarten weltweit, unabhängig vom Verkehrsmittel. Investoren glauben an das Modell, selbst wenn durch die Pandemie weniger Menschen reisen. Doch eine Gefahr droht dem Start-up von ganz anderer Seite.

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Die Mitarbeiter sind jetzt alle zurück – und das pünktlich zu den neuen Reisewarnungen: Zum 1. September sind beim Mobility-Start-up Omio alle 360 Angestellten aus der Kurzarbeit zurückgekehrt. Für fast 40 Prozent von ihnen, überwiegend Teams aus der Technik und dem Marketing, war seit Anfang April sogar die komplette Arbeit ausgefallen. Und ausgerechnet zum Neustart häufen sich nun neue Hiobsbotschaften für Urlauber: Für ganz Spanien hat das Auswärtige Amt eine Warnung ausgerufen, in Frankreich gilt die Einschränkung für immer mehr Regionen. Täglich werden Informationen zur Einreise, Hygienemaßnahmen oder Quarantänepflichten aktualisiert.

Doch bei Omio, bis zum vergangenen Jahr noch als GoEuro unterwegs, will man trotzdem bereit sein. Und spürt bei all der Unsicherheit eine wachsende Nachfrage nach Bahn-, Fähr-, Flug- und Bustickets, die das junge Unternehmen über seine Plattform verkauft. „In dem Moment, wo die Restriktionen runter gehen, springt die Nachfrage nach Reisen sofort wieder hoch“, sagt Boris Radke, Director Corporate Affairs bei Omio. Ob von Berlin nach Prag oder von Paris nach Lissabon – quer über 37 Länder, zahlreiche Verkehrsmittel und mehr als 800 verschiedene Betreiber zeigt die Tech-Firma mögliche Verbindungen. Verkauft die Tickets. Und verdient so über Provisionen an jedem Trip mit.

In der akuten Krisenphase waren gerade grenzüberschreitende Reisen kaum möglich. Touristen aus Asien oder den USA konnten nicht kommen, die angesichts des europäischen Verkehrswirrwarrs besonders gerne eine Plattform für alle Anbieter nutzten. Ohne all diese Buchungen brach der Umsatz ein. Omio trennte sich in der Corona-Krise von knapp zehn Prozent der Belegschaft. Die digitale Erfolgsreise schien gefährdet. Wie bei so vielen Start-ups, die von einer reisefreudigen und hypermobilen Gesellschaft leben. Und denen der globale Stillstand erst einmal die ehrgeizigen Wachstumspläne zerstörte.

100 Millionen Dollar kurz nach der Krise

Umso größer war die Überraschung, als Omio vor wenigen Wochen eine erfolgreich abgeschlossene Finanzierungsrunde über 100 Millionen Doller verkündete. Das Berliner Start-up kann mit globalen Investoren glänzen. Zu den Gesellschaftern gehören der Singapurer Staatsfonds Temasek, die US-Investmentbank Goldman Sachs und die renommierten Risikokapitalgeber NEA und Kleiner Perkins. „Reisen ist ein dauerhaftes Bedürfnis und ich habe keine Zweifel am Comeback der Branche“, ließ sich Omio-Gründer Naren Shaam in einer Pressemitteilung zitieren. Die Kalkulation der Geldgeber: Digitale Plattformen können die Krise sogar nutzen, um sich schneller Marktanteile zu sichern. Fahrkarten werden weltweit häufig noch am Schalter verkauft. Zukünftig – auch nach erneuten Einschränkungen – könnte der Blick schneller in eine App oder auf eine Webseite gehen. „Der Trend hin zu digitalen Lösungen wird nur verstärkt", gibt sich Radke überzeugt.

Dazu kommt: Kleinere Unternehmen können meist flexibler und schneller auf Veränderungen reagieren.  Einige Investoren hatten daher bereits mitten in der Krise die Fühler nach Reise- und Mobilitäts-Start-ups ausgestreckt – und auf günstige Einstiegsmöglichkeiten gehofft. Auch Omio will nun mit dem prall gefüllten Kapitalkoffer auf Einkaufstour gehen: „Wir wollen das Geld auch für opportunistische Möglichkeiten nutzen“, sagt Radke, „etwa, um uns an angeschlagenen Plattformen zu beteiligen, mit denen wir Nischen oder Märkte besetzen können“. Im vergangenen Jahr hatte Omio bereits das australische Start-up Rio2Rome gekauft. Zuvor hatte sich die Plattform das Karlsruher Start-up Busradar geschnappt.

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