Berliner Universitäten Warum ausgerechnet Massenunis die Personaler begeistern

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Durchsetzungsstärke ist gefragt - an der Uni und im Job

Um den Gründungswillen der Studenten anzufeuern, hat die TU Co-Working-Spaces und das Gründungszentrum „Center for Entrepreneurship errichtet. Hier erarbeiten Gründungsexperten zusammen mit Studenten Businesspläne und helfen ihnen, ihre Ideen marktreif zu machen. „Jeder Student, der nicht ausschließlich Theorie paukt, sondern sich unternehmerischen Herausforderungen stellt, ist besser auf die heutige Berufswelt vorbereitet als reine Theoretiker“, sagt Recruiting-Experte Günthner. „Für Unternehmer wird es immer wichtiger, Absolventen zu finden, die praktische Erfahrungen gesammelt haben.“

Dass Berliner Absolventen bei Personalern so gut ankommen, war nicht immer so: 2010 belegte beispielsweise die Freie Universität im Fach VWL noch Platz 22 im Ranking. Innerhalb von sieben Jahren kletterte sie auf den 5. Platz. Die Technische Universität schaffte es im Bereich der Naturwissenschaften von Platz acht auf den ersten Platz und die Humboldt Universität im Fach BWL vom 19. auf den 8. Platz.

Dass die Berliner Universitäten sich so nach oben kämpfen konnten, liegt auch daran, dass sie alte Rivalitäten hinter sich gelassen haben. „Lange Zeit bestimmte starkes Konkurrenzdenken unseren Umgang“, sagt der amtierende Präsident der Freien Universität Berlin, Peter-André Alt. Doch inzwischen sei durch gemeinsame Projekte das Vertrauen gewachsen. So haben die drei Universitäten etwa das Gründungsnetzwerk „B!Gründet” ins Leben gerufen, das Veranstaltungen organisiert, auf denen Gründer Investoren treffen können.

von Milena Merten, Jan Guldner, Wenke Wensing

Ein weiteres Kooperationsprojekt ist die Berlin Mathematical School. Wer nach seinem Bachelor-Abschluss hier studiert, hört Vorlesungen an allen drei Universitäten und schließt das Studium nach fünf Jahren mit einer Promotion an der Berlin Mathematical School ab . Auch auf der Suche nach Forschungsgeldern arbeiten sie künftig zusammen. Zum ersten Mal bewerben sich die drei Universitäten gemeinsam für die Exzellenzstrategie des Bundes. Sie haben neun Projekte, sogenannte Cluster, aus diversen Forschungsbereichen eingereicht. Am 19. Juli 2019 entscheidet der Bund, ob er die Berliner Exzellenzcluster fördern möchte.

Josef Günthner begrüßt die Zusammenarbeit der Universitäten. „Je mehr Möglichkeiten die Studenten haben, Dinge praktisch umzusetzen, desto besser.“ Und dabei gehe es nicht darum, dass jedes Projekt und jede Kooperation von Erfolg gekrönt sein müsse. „Wer lernt, dass Dinge ausprobiert werden müssen, bis sie richtig klappen und auch lernt, ein Scheitern zu akzeptieren, wird im Beruf Erfolg haben.“

Die Studenten müssen sich anstrengen, um unter insgesamt 35.000 Studenten je Universität einen Platz im gefragten Master-Kurs, an der Mathematical School oder ein Büro im Gründungszentrum zu ergattern. „Ein Studium mit 35.000 Kommilitonen setzt eine gewisse Selbstorganisation voraus“, sagt Günthner. Das mag anstrengend sein, aber vielleicht indirekt ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Berliner Absolventen bei den Personalern. Denn wer es an einer Massenuniversität nach oben geschafft hat, wird wohl auch im Unternehmen nicht untergehen.

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