Uni-Ranking 2019 Studenten sollten nach München ziehen? Lieber nicht!

Mit seinen Biergärten bietet München viel Angenehmes – unser Autor findet Berlin zum Studieren dennoch besser Quelle: imago images

Warum München im Uni-Ranking vorne liegt ... und doch für Studierende Berlin die bessere Wahl ist. Eine Polemik von einem, der in beiden Städten gelebt hat.

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Eigentlich mag ich Texte in Ich-Form nicht. Zu oft muss diese Form herhalten, um die persönliche Nähe des Autors zum Thema pseudo-zu-dokumentieren. In diesem Fall aber geht es nicht anders. Denn es wird parteiisch, persönlich und auch polemisch.

Die Stadt München ist die große Gewinnerin des WiWo-Uni-Rankings. Natürlich ihrer grandiosen Hochschulen wegen, der LMU und der TU, auch der FH. Erstere gewinnt in Volkswirtschaftslehre und Jura, wird Dritte in Betriebswirtschaftslehre und Naturwissenschaften. Die TU München dominiert in Informatik und Wirtschaftsinformatik, sichert sich in Maschinenbau und Elektrotechnik Rang zwei. Und unter den Fachhochschulen ist die Hochschule München in drei Fächern (Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik) Spitzenreiterin; in Maschinenbau und Elektrotechnik hinter der Fachhochschule Aachen jeweils Zweite, in BWL auf Platz vier.

Der Grund: „München ist attraktiv. Eine Hochschule dort hat es leichter, die besten Professoren und Studenten anzulocken“, sagt Universum-Analystin Claudia Müller. Auch die Dichte an renommierten Unternehmen – sieben Dax-Konzerne gibt es im Raum München, elf Firmen aus dem MDax, sieben aus dem TecDax – sorge für gute Bedingungen.

Das stimmt. Und doch ist es falsch. Denn zumindest für die Studenten gibt es bessere Städte und Orte um sich aufzuhalten – Berlin zum Beispiel. Ich habe selbst mehr als drei Jahre lang in München studiert, gearbeitet und nicht zuletzt gelebt. Keine Frage: Die Stadt ist famos, bietet im Winter die Alpen, im Sommer die Isar und die Biergärten. Unübertroffen die Boule-Abende im Hofgarten, wo man neben der Schickeria beim Flaschenbier die Kugel werfen kann. Unnachahmlich auch der immanente Drang der gesamten Stadt, beim ersten Sonnenschein ans innerstädtische Isar-Ufer zu Pilgern, um gemeinsam die Bade- und Grillsaison zu eröffnen. An solchen Abenden ist München groß. Aber oft eben nur an solchen Abenden.

Denn wahr ist auch: Der Verkehr, vor allem der öffentliche Nahverkehr, ist in München eine Zumutung. Die Stammstrecke ist seit Jahren überlastet, die Züge rappelvoll. Daran ändert auch das neue Design der S-Bahnen nichts. Der Flughafen liegt eine Ewigkeit weit draußen im Erdinger Moos, die Bahnverbindungen (bis auf die neue Schnellstrecke nach Berlin) dauern ewig. Zu alledem und vor allen Dingen: die Mieten. Ewiges Dauerthema in Bayerns Landeshauptstadt und geeignet, sie irgendwann zu sprengen. Über 20 Euro kostet laut Mietspiegel eine neu-vermietete Wohnung hier derzeit – und ich hielt vor zehn Jahren die 13 Euro kalt für unverschämt, die wir in unserer WG zahlten.

Die beste Uni nutzt ja nichts – zumal wenn wie TUM oder LMU nahe der Innenstadt gelegen –, wenn man als Student jeden Morgen eine Stunde lang aus Moosach oder dem Hasenbergl zur Vorlesung einpendeln muss, weil man sich die Mieten in den früheren Studentenvierteln wie Schwabing schon lange, lange nicht mehr leisten kann. Schlimm genug, dass das Studium mit der Bologna-Reform Stück für Stück verschult wurde. Den Uni-Alltag dann aber auch noch in Bussen und Bahnen vor- und nachzubereiten, statt mit Kommilitonen im Englischen Garten oder beim Wirt des Vertrauens, hat mit gesteigerter Lebensqualität wenig zu tun. Ich jedenfalls habe lieber während meiner Zeit in München von fünf bis sieben Uhr bei der Deutschen Presse-Agentur Frühschichten geschoben, mit 17 Euro die Stunde gar ganz gut bezahlt, als mich auf ein Leben am Münchner Stadtrand und ewige Uni-Anreisen einzulassen. Dennoch: Richtig sinnvoll für das Studium war das nicht...

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