
Ist es der Charme der Frauen oder ihre Umgangskultur, die hinter ihrem Erfolg stehen? Sind Frauen fleißiger oder ehrgeiziger oder ist es vielleicht die Angst vor ihrer schlechten Laune, die ihre Unternehmen antreibt? Was zeichnet den Erfolg von Unternehmerinnen aus? Und gibt es vielleicht sogar etwas was sie weltweit gemeinsam richtig machen? Die Antwort lautet ganz klar „ja“. Das zeigt nicht nur die Forschung, sondern dies bestätigt auch die gerade zu Ende gegangene „global female leaders conference“, die in diesem Jahr in Berlin abgehalten wurde. 250 Frauen von allen Kontinenten, darunter unter anderem Petra Winter, Chefredakteurin der Madame, Simone Menne, CFO der Lufthansa AG, Dina Dublon, Aufsichtsratsmitglied von Microsoft, PepsiCo Inc., Deutsche Bank und Accenture PLC, USA und Xiao Xue, Chefredakteurin von Elle, China hatten zwei Tage Gelegenheit, sich über ihre Arbeit auszutauschen.
Ja, es gab viel Charme und Schick, ja der Umgang miteinander war herzlich, freundlich und kultiviert, und auch der Ehrgeiz wird inzwischen von Frauen genauso gezeigt wie von Männern. Doch die Erfolgsformel ist eine andere. Sie hat etwas mit der wichtigsten Ressource in Unternehmen zu tun, und das ist der Mensch.
Fünf Erfolgsgaranten der weiblichen Top-Manager
In der Stressstudie der Technikerkrankenkasse 2013 klagen 63 Prozent der Frauen und nur 52 Prozent der Männer über Stressbelastungen. Beim Dauerdruck ist es knapp ein Viertel der Frauen, bei den Männern nicht einmal ein Fünftel. Mehrfachbelastung der Frauen, Pflege von Kindern und Eltern sind gut bekannte Erklärungen dafür. Allerdings führen bei den Frauen als Stressor Nr. 1 die hohen Ansprüche an sich selbst die Rangliste der Stressbelastungen an. In der SHAPE Studie untersuchten Walter Kromm und Kollegen Manager beider Geschlechter und stellten fest, dass männlichen Manager tendenziell weniger über körperliche Beschwerden als der Durchschnittsmann berichteten, weibliche Führungskräfte jedoch signifikant häufiger über körperlichen Beschwerden im Verhältnis zum Durchschnitt. Sowohl weibliche als auch männliche Führungskräfte erleben im Verhältnis zum Durchschnitt signifikant häufiger Erschöpfung. Es wird daraus geschlussfolgert, dass Führungsarbeit verstärkt zu Mattigkeit, Schlafdefizit, erhöhtem Schwächegefühl und Erschöpfbarkeit zu führen scheint.
Allerdings sagen in der TK-Stressstudie 52 Prozent der Frauen und nur 43 Prozent der Männer, sie seien sehr zufrieden. Jeder zehnte Mann zweifelt an seinem Leben, bei Frauen sind dies nur 4 Prozent. Es muss also einen Ausgleich geben, für den Frauen erfolgreich sorgen.
Als Teil des psychologischen Kapitals von Unternehmen ist Optimismus eine bekannte und vielen vertraute Ressource. Die aktivere Lebenseinstellung macht Optimisten stressresistenter und es gelingt ihnen leichter, Krisen zu bewältigen. Beruflicher Optimismus und Hoffnung führen zu besserer Leistungen schon im Studium. Und Frauen sind in der Regel optimistischer: Unternehmerinnen bewerten die eigenen unternehmerischen Perspektiven optimistischer als männliche Entscheider im Mittelstand: 51 Prozent sagen, die Entwicklung des eigenen Unternehmens „wird besser“, bei Männer sind es 35 Prozent, wie der Verband Deutscher Unternehmerinnen in einer Studie 2013 ermittelte
Engagiert, leistungs- und lernfähig bis ins hohe Alter zu sein, das ist in unserer Anstrengungskultur kaum zu schaffen. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel von der Überforderung hin zu den Stärken, die jeder Mensch zeit-und ortsunabhängig zur Verfügung hat, die sich nicht abnutzen, wohl aber durch Nutzung wachsen und deren Einsatz angenehm und leicht ist.
Erst in den 1950er bis 1970er Jahren begann die Wirtschaftswissenschaft, sich mit dem „Humankapital“ als Produktivitätsfaktor zu beschäftigen. Der Fokus lag dabei auf dem Wissen und der Ausbildung der Mitarbeiter. In der psychologischen oder auch soziologischen Betrachtung von Ressourcen geht es heute um Talente, Charaktereigenschaften, geistige Haltung und Gesundheit.
Die besten psychischen Ressourcen für die Arbeit sind das von Fred Luthans definierte psychologische Kapital: Hoffnung, Optimismus, Resilienz, Selbstwirksamkeit. Zahlreiche Untersuchungen haben die beeindruckenden Auswirkungen nachgewiesen: Gesundheit, Arbeitszufriedenheit, Engagement und Servicequalität, Einzelleistung und Teamleistung verbessern sich. Die Produktivität steigt und – für die Zukunft der Unternehmen besonders wichtig – die Verbundenheit mit dem Unternehmen wächst.
Die Unternehmerinnenumfrage 2013 des Verbandes Deutscher Unternehmerinnen zeigte, dass die wichtigste Maßnahme zur Mitarbeiterbindung für 65 Prozent der Befragten Weiterbildungsmaßnahmen sind. Wer ständig lernt, muss sich keine Sorgen machen, mitzukommen. So stellen Unternehmerinnen die Zukunft des Unternehmens und der Einzelpersonen sicher.
Nadine Pieck vom der Leibnitz Universität Hannover, Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft, hat die Führungskraft als Gesundheitsfaktor untersucht und festgestellt, dass das Führungsverhalten weiblicher Führungskräfte von Mitarbeitern als gesundheits- und entwicklungsförderlicher eingeschätzt wird als das der Männer. Ihnen gelingt es auch besser, sich in Frauen und Männer hineinzuversetzen. Managerinnen sind außerdem in der Lage, die Belastungen für Frauen durch den Spagat zwischen Beruf und Familie angemessen wahrzunehmen. Dies führt nicht nur zur Suche nach Lösungen, sondern wird auch als Wertschätzung wahrgenommen.
Kommen wir zurück zu der Frage der Erfolgsformel. Sie lautet: Zuerst der Mensch, dann der Erfolg. Menschen führen Menschen und sehen sie nicht nur als möglichst gut funktionierende Leistungserbringer. Zwar liest man „bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ inzwischen auf jeder Unternehmensseite. Ob und wie dies dann aber tatsächlich gelebt wird, macht den Unterschied. Heute - und noch viel mehr in der Zukunft.