Komplexität Mit schlankeren Strukturen zu mehr Profit

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Geringerer Aufwand durch Standardisierung

Mit einem Baukastensystem will der VW-Konzern die vielen Modellvarianten standardisieren. Quelle: Daniel Stolle

Mischkonzern Unilever hat eine ähnliche Rosskur schon hinter sich. Jahrelang war der Konzern kontinuierlich gewachsen, entwickelte immer neue Produkte. Als Marktanteile und Umsätze Ende der Neunzigerjahre zu schrumpfen begannen, startete der Kosmetik-, Waschpulver- und Nahrungsmittelhersteller im Jahr 2000 ein radikales Umbauprogramm. Seit 2004 flogen mehr als 250 Produkte aus dem Sortiment, Traditionsmarken wie Biskin, Livio und Palmin oder die Tiefkühlkostmarke Iglo wurden verkauft.

Die Führung des Unternehmens wurde verkleinert, alle europäischen Werke einer neuen Holding in Schaffhausen übertragen. Heute hat Unilever statt früher mal 1600 nur noch rund 400 Marken im Sortiment. Der Rendite ist das gut bekommen – sie stieg von acht Prozent im Geschäftsjahr 2004 auf zuletzt zwölf Prozent.

Gewinne trotz großer Produktpaletten

Die Automobilindustrie mit ihren zahlreichen Baureihen und unterschiedlichen Modellvarianten, dazu einer ganzen Palette von Motoren und Ausstattungspaketen sieht sich einer ähnlich großen, schwer beherrschbaren Produktvielfalt gegenüber. Zwar schneidet die Branche in der A. T.-Kearney-Studie deutlich besser ab als der Durchschnitt aller Industrieunternehmen, weil Plattformstrategie und Gleichteile-Politik die Komplexität begrenzen. „Aber noch beherrschen längst nicht alle Hersteller dieses Problem“, sagt Berater Scheel. Und das drückt dann auf die Profitabilität.

Wie man trotz einer großen Produktpalette ordentliche Gewinn einfahren kann, zeigt der Volkswagen-Konzern mit seinem sogenannten modularen Querbaukasten, einer Weiterentwicklung der Plattformstrategie aus den Neunzigerjahren. „Mit dem Baukastensystem stellen wir für die Baureihen und Marken eine Vielzahl erprobter Systeme bereit“, erläutert Stefan Gies, Leiter der Pkw-Fahrwerkentwicklung bei Volkswagen, das Prinzip.

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Bauteile wie Lichtmaschinen, Anlasser oder Scheibenwischerantriebe, aber auch komplette Module wie Achsen und Aufhängungen, sind trotz der unterschiedlichen Marken und Modellreihen identisch. Das Markendesign von VW, Audi, Skoda oder Seat wird zwar vom äußeren Blechkleid und den unterschiedlichen Ausstattungsvarianten geprägt. Aber weil etwa die Befestigungspunkte für Klimaanlagen und der im Motorraum zur Verfügung stehende Platz an den Karosserietypen identisch sind, können viele Gleichteile verbaut werden. Die von Fahrzeuggröße und -typ unabhängige Modulstrategie erleichtert Entwicklung und Produktion.

Ziel ist, bei Volkswagen 90 Prozent aller Modelle in das Konzept einzubinden. Dadurch soll der Produktionsaufwand um fast ein Drittel sinken. Weil der Konzern dann bei seinen Zulieferern höhere Stückzahlen ordern kann, sollen die Einzelteile um bis zu 20 Prozent günstiger werden.

Das hätte auch Ex-Konkurrent Borgward gut zu Gesicht gestanden. Hätten die Ingenieure des Bremer Autobauers intensiver über die Standardisierung des bestehenden Portfolios nachgedacht, statt immer neue Modelle zu entwickeln – womöglich gäbe es die Marke heute noch.

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