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Das magische „Und“: 3 Rhetorik-Tipps für weniger Zoff im Job

Brillante Rhetoriker geben nicht klein bei – sie setzen sich durch, indem sie geschickt überzeugen, ohne ihrem Gegenüber das Gefühl zu geben, verloren zu haben. So geht’s. Eine Kolumne.

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„Warum stimmt mir niemand zu, obwohl ich glasklar Recht habe?“

„Wieso eskalieren die Gespräche mit meinen Mitarbeitenden immer so schnell?“

„Wirke ich auf das Team zu provokant?“

Wenn Sie feststellen, dass Sie trotz guter Argumente schnell für überheblich, knallhart, unbelehrbar oder eiskalt gehalten werden, dann könnte das an Ihrem rhetorischen Stil liegen. Probieren Sie mal folgende drei Kniffe aus, um die Adressaten Ihrer Botschaften wohlwollend zu stimmen.

1. Das magische „Und“: gelten lassen statt abzublocken

Und statt aber. Diese kleine, feine Regel bewirkt Wunder.

Beispiel 1:
„Ich finde, so laut kann es hier im Großraumbüro nicht weitergehen.“

Die Reaktion mit aber: „Okay, aber was sagen die anderen dazu?“

Und jetzt die Reaktion mit und: „Okay, und was sagen die anderen dazu?“

Spüren Sie, wie die zweite Reaktion der Haltung des Anderen mehr Geltung einräumt?
Die Aber-Reaktion beinhaltet irgendwie eine Haltung von „Dein Gequatsche interessiert mich weniger als die Meinung der anderen im Team.“
Die Und-Reaktion hingegen legt die Haltung des Gegenüber zugrunde und macht deutlich, dass im Weiteren drauf aufgebaut werden soll, im Sinne von „gut zu wissen, jetzt sammele ich weitere Eindrücke“.

Beispiel 2:
„Ich möchte künftig halbtags arbeiten.“

„Aber haben Sie schon überlegt, wie Sie dann Ihre Projekte steuern wollen?“

„Und haben Sie schon überlegt, wie Sie dann Ihre Projekte steuern wollen?“

Die Aber-Bemerkung zeugt von Skepsis: Die Idee mit der Halbtagsstelle könne ja nur aufkommen, weil jemand noch nicht richtig nachgedacht hat.
Die Und-Bemerkung zeugt von Interesse an der Lösung der Herausforderung. Wenn Sie mit „Und“ reagieren, zeigen Sie sogar eher, dass Sie dem Anderen die Lösung zutrauen.

Beispiel 3:
„Ich möchte gerne für alle im Team Tablet-Computer bestellen. Dann sind wir unterwegs flexibler.“

„Aha. Aber hast du da mal nach Alternativen geschaut?“
Hier hören wir schon raus, dass die Chefin nicht sonderlich angetan ist. Ihr leitender Mitarbeiter könnte hier in den Rechtfertigungsmodus schalten. Das stresst.

„Aha. Und hast du da mal nach Alternativen geschaut?“

Das klingt schon eher so, als sei da jemand am aktuellen Recherchestand interessiert. Die Frage klingt, als würde die Chefin den Prozess gerne gedanklich begleiten.
Ich selber versuche in meinen Interviews ständig, die Und-statt-aber-Methode einzuhalten. Es ist nicht immer einfach. Manchmal rutscht ein Aber raus. Doch das Und öffnet meine Gesprächspartner ohne Zweifel. Weil ich zeige, dass ich ihren Gedanken gerne folge, statt Ungereimtheiten aufzudecken.

2. Die andere Meinung gelten lassen – und trotzdem anders entscheiden

Es ist ein ganz wichtiger Unterschied, ob Sie eine gegensätzliche Meinung als falsch betrachten oder einfach als einen anderen Standpunkt.

Beispiel:
Mitarbeiterin Marie eines Speiseeis-Herstellers: „Ich finde, dass wir unsere treuen Kunden brüskieren, wenn wir die traditionellen Geschmacksrichtungen einstellen. Das schadet unserem Image.“
Die Antwort des Chefs Jonas: „Das ist mir Wurscht. Die Fürst-Pückler-Mischung fliegt aus dem Programm. Fertig.“

Das kann man als Chef so entscheiden. In der Sache womöglich richtig. Die meisten von uns sind keine Eiscreme-Experten. Aber (nein!:) Und wir können uns alle Maries Gesichtsausdruck vorstellen: Irgendetwas mit einer Botschaft zwischen „Idiot“ und „Entschuldigung, dass ich geboren bin.“
Es lohnt sich, nicht nur in der Sache klar zu sehen. Sondern auch im Zwischenmenschlichen klare Respektbekundungen zu senden. Sonst etablieren Sie am Ende eine Mich-fragt-ja-eh-keiner-Haltung im Team. Diesen Eindruck von: Ich kann mir den Mund fusselig reden, der entscheidet ja eh, wie er will.

Der Witz ist: Es ist ja völlig legitim, dass derjenige, der am Ende die Verantwortung trägt, entscheidet – im Zweifel auch gegen den Rat der Mitarbeitenden. Das rhetorische Ziel muss aber gleichzeitig sein, sich das Team weiter als hilfsbereiten Ratgeber „warmzuhalten“. Lustlosigkeit unter den Fachleuten in der Mannschaft ist nicht nur für die Fachleute frustrierend. Sondern auch für die Führungsmannschaft. Klar: Stichwort Dienst nach Vorschrift.

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Deshalb: Lassen Sie einfließen, dass Sie die Meinung der Ratgeber hoch schätzen und aus anderen Erwägungen anders entscheiden.

Im Eiscreme-Beispiel hat Marie am Ende zwar nicht das ausschlaggebende Argument geliefert, aber immerhin ein valides. Eine angemessene Reaktion könnte also sein:
„Marie, ich finde es super, dass du dich so in unsere Stammkunden hinein versetzt. Du liebst Eis und genau diesen Geist brauchen wir hier. Und dennoch kann ich nicht anders. Die Fürst-Pückler-Mischung ist in vielen Regionen mittlerweile ein Ladenhüter. Ich befürchte, wir müssen hier ein paar Fans enttäuschen, weil wir sonst zu sehr draufzahlen.“

Diese Extra-Erläuterung kostet 15 Sekunden. Und Marie wird auch das nächste Mal hochmotiviert ihre Meinung einbringen.
Letztendlich lässt sich das Anliegen, die Meinung der anderen gelten zu lassen, auf die eine Formel bringen:
„Ich verstehe, was du meinst. Und ich sehe es so:…“

3. Sprechen Sie darüber, wie Sie sprechen

Wenn Sie von sich selber den Eindruck haben, manchmal etwas zu glasklar in der Sache zu sein und dafür das Warmherzige auf der Beziehungsebene schleifen zu lassen, dann machen Sie das deutlich. Der Kommunikationsexperte Friedemann Schulz von Thun würde wohl sagen: auf der Selbstoffenbarungsebene.

„Ich weiß, dass ich manchmal etwas ruppig klinge. Ich bin von meinem Standpunkt immer sehr überzeugt und möchte auch dich überzeugen. Aber natürlich kann man es auch so sehen wie du.“

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Fazit: Mit dem Und statt dem Aber, klaren Signalen des Respekts für den Standpunkt der Anderen und mit entgegenkommenden Respekt-Botschaften auf der Meta-Ebene (darüber sprechen, wie man spricht) schaffen Sie sich ein rhetorisches Umfeld von Wohlwollen, mit dem Sie sich in der Sache nicht nur leichter durchsetzen werden, sondern die Anderen bleiben außerdem am Ball. Viel Erfolg!

Den Autor erreichen Sie über LinkedIn.

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