Börse „Eine einzige Enttäuschung“ – Für die Aktienmärkte endet ein schwarzes Jahr

Sechs Jahre schienen die Börsen nur eine Richtung zu kennen: Aufwärts. Wie schnell es nach unten gehen kann, erlebten Anleger in diesem Jahr.

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Der deutsche Leitindex Dax verlor insgesamt mehr als 18 Prozent und beendete das Jahr bei 10.558,96 Punkten. Quelle: Bloomberg

Frankfurt Ausverkauf an den deutschen Börsen nach sechs fetten Jahren: Internationale Handelskonflikte, Konjunktursorgen und Angst vor steigenden Zinsen haben den Anlegern 2018 gründlich die Laune verhagelt. Sie erlebten das verlustreichste Jahr seit der internationalen Finanzkrise 2008.

Der deutsche Leitindex Dax verlor insgesamt mehr als 18 Prozent und beendete das Jahr bei 10.558,96 Punkten. „Für Aktienanleger war das Jahr 2018 eine einzige Enttäuschung“, bilanziert die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Nach sechs Gewinnjahren in Folge schnitt der Dax im internationalen Vergleich schlechter ab als die andere bedeutenden Börsenindizes. So verzeichnete beispielsweise der Nikkei-Index in Japan ein Minus von 12,08 Prozent. Und die Perspektiven für das kommende Jahr sind auf den ersten Blick ebenfalls nicht rosig.

Nach wie vor ungelöst ist trotz Entspannungssignalen der von US-Präsident Donald Trump angeheizte Handelskonflikt zwischen den USA und China. Eine Eskalation des Streits zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt könnte die globale Konjunktur in Mitleidenschaft ziehen und exportorientierte deutsche Unternehmen hart treffen.

Auch der Handelskonflikt zwischen den USA und der Europäischen Union ist noch nicht endgültig vom Tisch. Zudem droht ein ungeordneter Brexit - ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen. Das Land ist der fünftgrößte Exportmarkt für „Made in Germany“. All das kann die Stimmung an den Börsen dämpfen, insbesondere in Deutschland.

Bei Laune gehalten werden die Aktienmärkte seit Jahren durch die Geldschwemme und Niedrigzinsen großer Notenbanken. In der Zinsflaute herrschte Anlagenotstand, Investoren mussten das viele Geld schließlich irgendwo anlegen. Sie setzten daher verstärkt auf Aktien, das trieb die Kurse nach oben. Doch allmählich versiegt die Geldflut.

Die US-Notenbank Fed strafft die geldpolitischen Zügel seit geraumer Zeit und hebt die Leitzinsen in Etappen an. Die letzte Erhöhung kurz vor Jahresende sorgte für einen regelrechten Ausverkauf an den weltweiten Aktienmärkten. Investoren befürchten, dass steigende Zinsen die Konjunkturentwicklung deutlich dämpfen könnten. Zugleich machen höhere Zinsen Anleihen von Staaten und Unternehmen im Vergleich mit Aktien tendenziell attraktiver.

Anleger müssen sich auf Berg- und Talfahrt einstellen

Auch Europas Währungshüter steuern allmählich zurück in die geldpolitische Normalität. Im neuen Jahr will die Europäische Zentralbank (EZB) keine frische Milliarden mehr in Anleihen stecken. Ein rasches Ende der Geldflut im Euroraum ist damit allerdings nicht in Sicht. Gelder aus auslaufenden Papieren will die Notenbank wieder investieren. Eine erste Zinserhöhung wird frühestens im Herbst 2019 erwartet.

Zudem haben sich die Aussichten für die globale Wirtschaft eingetrübt. „Die Weltwirtschaft wächst zwar auch nächstes Jahr, aber wir befinden uns in einer späten Zyklusphase“, analysierte Jens Wilhelm, Vorstand bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Die USA, die Leitökonomie der Weltwirtschaft, erlebten den zweitlängsten Aufschwung der vergangenen 70 Jahre. Eine wirtschaftliche Verlangsamung sei damit wahrscheinlicher, was sich auf die Stimmung an den Kapitalmärkten auswirken dürfte.

Anleger müssen sich nach Einschätzung von Börsenexperten auf eine Berg- und Talfahrt einstellen. „Zwar wird es in den nächsten Monaten immer wieder zu stärkeren Schwankungen kommen, doch insgesamt werden die Aktienmärkte auf einen holprigen Aufwärtspfad einschwenken“, zeigte sich Christian Kahler, Chefanlagestratege der DZ Bank jüngst zuversichtlich.

Experte Ulrich Stephan von der Deutschen Bank sieht ebenfalls Chancen für steigende Kurse, auch weil die Unternehmen weiterhin mit robusten Gewinnen rechneten. Skeptischer sind die LBBW-Experten. Sie sehen vor allem Risiken bei US-Aktien, die inzwischen als vergleichsweise teuer gelten. Mögliche Folgen beschreiben die Experten so: „Wenn die Wall Street niest, bekommen die hiesigen Börsenplätze die Grippe.“

Trotz der Turbulenzen an den Aktienmärkten wagten in diesem Jahr 18 Unternehmen in Deutschland den Gang aufs Parkett. Darunter waren internationale Schwergewichte wie Siemens Healthineers und Knorr-Bremse. Das Emissionsvolumen der Börsengänge in Deutschland belief sich nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC auf mehr als 10 Milliarden Euro. Es war der höchste Wert seit der Jahrtausendwende.

Ob es 2019 so weitergeht, ist fraglich. Der Ausblick „war selten so von Unsicherheiten geprägt wie aktuell“, meint PwC-Expertin Nadja Picard.

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