Börse Frankfurt Deutsche Bank reißt Dax mit sich

Eine nahe US-Zinserhöhung scheint endgültig vom Tisch. Doch freuen tun sich die Anleger nicht. Sie müssen die überraschende Milliarden-Forderung gegen die Deutsche Bank verdauen, deren Aktien regelrecht zusammenbrechen.

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Unsicherheit über den Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump hatte die Anleger zuletzt skeptischer werden lassen, sie nahmen Gewinne mit. Quelle: ap

Düsseldorf/Frankfurt Nach der 14-Milliarden-Dollar-Forderung der US-Behörden sind die Papiere der Deutschen Bank am Freitag eingebrochen. Die Aktien stürzten bis zu acht Prozent in Tiefe, kamen zuletzt auf ein Minus von 6,7 Prozent. Die vom Justizministerium aufgerufene Summe trifft das krisengeplagte Geldhaus wie ein Tiefschlag. Eigentlich hatte es nach einem versöhnlichen Wochenausklang für Europas Börsen ausgesehen, immerhin schien eine US-Zinserhöhung im September endgültig vom Tisch, nachdem Konjunkturdaten erneut schwach ausgefallen waren. Doch die Meldung von der Strafzahlung erwischte die Märkte unvorbereitet.

Der Dax pendelte zwischen leichten und moderaten Verlusten. Am frühen Mittag kam der Frankfurter Platzhirsch mit 10.372 Punkten auf ein Minus von 0,6 Prozent. Der Leitindex der Eurozone, der Euro-Stoxx-50 gab ein halbes Prozent nach auf 0,5 Prozent. Die Sorge der Börsianer: Auch für anderen europäische Banken könnten solche Summe aufgerufen werden – die Amerikaner machen bei der Aufarbeitung der Finanzkrise ernst.

Das US-Justizministerium verlangt von dem Geldinstitut eine Zahlung in Höhe von 14 Milliarden Dollar. Es wäre die höchste Strafsumme, die in den USA jemals gegen eine ausländische Bank verhängt wurde. Mit dem Geld sollten Ansprüche an die Deutsche Bank aus der Zeit der Finanzkrise 2008 beglichen werden, als viele Investoren nach dem Kollaps des Immobilienmarkts in den USA hohe Verluste mit hypothekengesicherten Wertpapieren machten. Der Bank wird vorgeworfen, die Risiken dieser komplexen Anlagepapiere gegenüber Anlegern verharmlost zu haben. Die Deutsche Bank erklärte, sie habe „keine Absicht“, sich auf eine Zahlung einzulassen, die „auch nur in der Nähe“ der geforderten Summe liege.

Auch wenn die tatsächlich zu zahlende Summe weit unter den aufgerufenen 14 Milliarden Dollar liegen dürfte, rauschten die Papiere des größten Geldhauses der Bundesrepublik in die Tiefe. Mit 12,16 Euro notierten die Titel knapp mehr als einen Euro über dem im August erreichten Allzeittief von 11,06 Euro. „Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen“, kommentierte DZ-Bank-Analyst Christian Koch. Andernfalls stiege die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung, denn eine Summe von 14 Milliarden Dollar übersteigt die Rückstellung der Frankfurter.

Prompt meldeten sich Stimmen aus der Politik. Die Bundesregierung würde die Deutsche Bank nach Einschätzung des Grünen-Finanzexperten Gerhard Schick wohl stützen, falls sie wegen ihrer Rechtsstreitigkeiten in den USA in eine Schieflage geraten würde. „Der Finanzminister würde immer in die Zukunft schauen müssen und nicht, woher das Problem kommt“, so Schick, der gleichzeitig die Größe der systemrelevanten Bank kritisierte.

Unerwartet geriet die Deutsche Bank heute in den ungewünschten Fokus der Aufmerksamkeit. Damit verdrängte sie die andauernden Spekulationen um die Geldpolitik der Federal Reserve – zumindest am Freitag. Nach einer sommerlichen Rally befinden sich die Börsen in einer Konsolidierung. Die Unsicherheit über das zukünftige Zinsumfeld ließ den Dax die vergangenen Wochen auf der Stelle treten – auf Wochensicht verliert der Dax knapp anderthalb Prozent. Wenn am nächsten Donnerstag der Offenmarktausschuss der Fed tagt, dürfte endlich mehr Klarheit herrschen. Aktuell drehen sich die Diskussionen darum, ob 2016 überhaupt noch die entscheidenden Leitzinsen angehoben werden.


Hexensabbat bleibt bisher ruhig

Die Zurückhaltung am Freitag dürfte zum Teil auch dem großen Verfall an den Terminmärkten geschuldet sein, der oft genug für eine Überraschung gut ist. Einmal im Quartal werden zum sogenannten Hexensabbat Optionen und Futures sowohl auf Einzelwerte als auch auf Indizes fällig. Dabei kommt es nicht selten zu unerwarteten Kurssprüngen, versuchen Anleger die Kurse der Titel, auf die sie Derivate halten, kurz vor dem Verfall in eine für sie günstige Richtung zu lenken. Um 13.30 Uhr laufen die Termingeschäfte aus.

Die zweite Frankfurter Reihe konnte sich dem Abwärtssog widersetzen. Mit 21.114 Punkten notierten die Nebenwerte des MDax nur minimal leichter. Der TecDax hingegen konnte ein halbes Prozent vorrücken auf 1771 Zählern. Die Vorgaben waren stark ausgefallen, hatten schwache Konjunkturdaten aus den Staaten Hoffnungen auf weiterhin niedrige Zinsen geschürzt. An der Wall Street war der Dow-Jones-Index ein Prozent fester geschlossen bei 18.212 Stellen. In Tokio beendete der Nikkei den Freitag mit einem Plus von 0,7 Prozent und 16.519 Punkten. Auch die dortige Notenbank BOJ, die einen massiv expansiven Kurs fährt, tagt am Donnerstag.

Am Rohstoffmarkt notierte das wichtigste Produkt erneut im Minus. Die Preise für Öl gerieten unter Druck, weil die Exporte aus Nigeria und Libyen wieder zunehmen. Zudem spekulieren Börsianer darauf, dass der Öldienstleister Baker Hughes erneut eine gestiegene Förderung in den USA bekanntgeben wird. Die beiden wichtigsten Sorten Brent und WTI fielen um mehr als ein Prozent. Damit entfernte sich der Fasspreis weiter von der wichtigen 50-Dollar-Marke, die das Barrel vergangenen Woche kurzzeitig erobern konnte.

Unter den Einzelwerten sorgte die schlechten Nachrichten für die krisengeplagte Deutsche Bank für Kursverluste in der gesamten Branche. Die ohnehin unter Druck stehenden europäische Finanztitel folgten der deutschen Nummer eins. Der europäische Bankenindex büßte 1,4 Prozent ein. Einen ähnlich hohen Abschlag verbuchten die Händler für den heimischen Konkurrenten Commerzbank. Im Ausland verlor die Credit Suisse 3,8 Prozent, Royal Bank of Scotland ebenfalls 3,8 und die Monte dei Paschi vier Prozent.

Schwach lief im Dax auch die Lufthansa. Im Tarifkonflikt konnte sich die Konzernführung erneut nicht einig werden mit ihren Piloten. Zwar seien Streiks vorerst ausgeschlossen, da es dafür den Abbruch ernsthafter Verhandlungen bedarf – aktuelle Gespräche liefen auf informeller Basis –, doch die Meldung der ergebnislosen Unterredung ließ Investoren ernüchtert zurück. Die Aktien der Kranichlinie verloren 2,2 Prozent.

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