Ein Börsenroman in den Bestseller-Listen? In Deutschland ist das eine Überraschung. Nicht mal jeder zwanzigste Deutsche hält noch Aktien im Depot, in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Aktionäre um gut ein Drittel gefallen. „Viel zu riskant“, meinen die meisten, und haben angesichts von Finanz-, Schulden- und Eurokrise Aktien den Rücken gekehrt.
Der Erfolg des Romans von Robert Harris („Vaterland“) deutet aber keineswegs eine Trendumkehr an. „Angst“ heißt das Werk – und spiegelt das Unbehagen an der Börse perfekt wider. Protagonist Alex Hoffmann, ein Hedgefonds-Manager, macht in der Krise Milliarden: „Unsere Algorithmen sind gerade bei Panik erfolgreich, weil der Mensch, wenn er Angst hat, immer auf vorhersehbare Weise reagiert“.
Vorhersehbar, aber nicht richtig. „Die Kunden sind nervös und wollen Risiken meiden“, beobachtet Ulf Niklas, Finanzberater aus Berlin, in der realen Welt. Viele werfen jetzt eine über Jahre sorgsam aufgebaute Vermögensstruktur über den Haufen, bunkern nur noch Tagesgeld oder stecken aus Angst vor Inflation und Eurokrise ihr ganzes Vermögen in Immobilien.
Sicher: In den vergangenen Jahren haben schwankende Kurse Aktionären einiges an Nerven abverlangt. Trotzdem ist das Risiko groß, dass Anleger mit ihrer Abneigung gegen riskantere und damit renditeträchtigere Investments schlecht fahren. Durchschnittlich 1,8 Prozent auf dem Tagesgeldkonto reichen schon jetzt nicht, um die aktuell 2,3 Prozent Inflation auszugleichen.
Aktien bieten als Sachwerte zumindest teilweise Schutz vor Inflation. Und nur über sie können sich Anleger an den produktiv erwirtschafteten Gewinnen einer Volkswirtschaft beteiligen. Es ist deshalb besser, mit angezogener Handbremse zu investieren, als überhaupt nicht im Kursaufschwung dabei zu sein. „Handbremse“ steht in diesem Fall für Streuung, Absicherung und ein paar psychologische Tricks.
Wer in der Krise nur Aktien hielt hat rund 22 Prozent des Wertes verloren
Zitate aus Robert Harris "Angst"
"Die Angst an den amerikanischen Märkten verbreitete sich wie ein Virus. Die Algorithmen in ihren Glasfasertunneln beschnüffelten sich gegenseitig bei ihrer fieberhaften Suche nach Liquidität. Folglich näherte sich das Handelsvolumen fast dem Zehnfachen des normalen Umfangs: Pro Minute wurden hundert Millionen Aktien gekauft und verkauft."
"Die Investoren flüchteten aus Aktien und suchten Schutz bei Gold und US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit, deren Renditen schnell fielen. Überall wurde dem Markt Geld entzogen... Jetzt geht die Post ab, dachte er. "
"Stellen Sie sich das vor! All die armen Trottel mit ihren Pensionsplänen und Indexfonds haben etwa 25 Prozent ihres Investments verloren. Sie jedoch haben auf uns vertraut, und der Wert Ihres Vermögens hat sich im gleichen Zeitraum um 83 Prozent erhöht."
"Angst ist wahrscheinlich die stärkste menschliche Emotion, Punkt. Wer ist schon jemals morgens um vier aufgewacht, weil er überglücklich war?"
"Über die großen Fernsehschirme liefen die üblichen Nachmittagsnachrichten der Wall Street. Wurde Griechenland zahlungsunfähig? Griff die Krise auf andere Länder über? Kollabierte der Euro? Und der Hedgefonds machte immer noch in einem Ausmaß Profit, das unheimlich war."
"Der VIX verändert sich von Minute zu Minute. Je höher der Index, desto größer die Unsicherheit im Markt. Die Händler nennen ihn deshalb Angstbarometer. Und das ist natürlich selbst liquide – man kann VIX-Optionen und VIX-Futures handeln, und wir handeln sie."
Schon jetzt ist der Dax seit Jahresanfang um fast fünf Prozent gestiegen. Die Warnungen vor einer Pleite Griechenlands, dem Zerfall der Euro-Zone und einer Rezession in Europa hatten die Kurse weit gedrückt. Doch es ist längst nicht ausgemacht, dass es dazu wirklich kommt.
Spätestens im zweiten Halbjahr rechnen Ökonomen in Deutschland wieder mit einer anziehenden Konjunktur: Die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll, die Deutschen kaufen ein wie selten zuvor. So stieg der private Konsum im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent – der größte Zuwachs seit Beginn der Finanz- und Schuldenkrise.
Außerdem hilft der schwache Euro den exportstarken deutschen Unternehmen. Und die Europäische Zentralbank hat Staatsanleihen für über 200 Milliarden Euro gekauft und allein im Dezember 500 Milliarden Euro in kriselnde Banken gepumpt. Gelingt es, die Lage weiter zu stabilisieren, werden die Aktienkurse wieder deutlich zulegen.
Das Grundrezept für ein ausgewogenes Depot ist einfach: Anleger sollten ihr Geld streuen. Bewährt haben sich fixe Anteile für verschiedene Anlageklassen: So können sie je 30 Prozent ihres Vermögens in Aktien und Anleihen solider Unternehmen investieren, 25 Prozent in Gold und 15 Prozent als Tagesgeld parken.