Bitcoin? "Das ist Blockchain 1.0", sagt Paul Maley. Was hier gebaut würde, ist er sich sicher, das werde Blockchain 3.0. Und Maley selber ist einer der Bauherren. Zusammen mit zahlreichen anderen Großbanken entwickeln UBS und Deutsche Bank hier in der Londoner City den sogenannten "Utility Settlement Coin" (USC) - den Bitcoin der Banken, das digitale Bargeld der Branche.
Der Brite Maley leitet das Projekt für die Deutsche Bank. Man merkt ihm an, dass er Bitcoin für nicht mehr als ein vorübergehendes Phänomen hält. „Versuchen Sie mal, ihren Kaffee mit Bitcoin zu bezahlen“, lacht Maley und zeigt auf den Kiosk vor seinem Büro am Rand des großen Handelssaals. „Wenn die Transaktion weiterhin zwölf Minuten dauert, ist der längst kalt“.
Bitcoin sei eben nur eine Hülle, heißt es bei Banken unisono. Zu langsam, zu teuer, und vor allem intransparent und gefährlich. Damit will keiner etwas zu tun haben. Es wundert wenig, dass Banken und Notenbanken Bitcoin nicht in ihre erprobte Gemeinschaft aufnehmen wollen. Immerhin haben es sich die Erfinder der Krypto-Coins zum Ziel gemacht, Banken zu umgehen und aufs Abstellgleis zu lotsen. Entsprechend haben internationale Großbanken rund um den Globus mittlerweile ein Bollwerk gegen Bitcoin aufgefahren und sind sich auf einmal ungewohnt einig.
„Die halten die Reihen geschlossen“, heißt es bei einem großen Investor. Es solle um jeden Preis vermieden werden, dass hier eine neue Währung entsteht, die an der Bankenbranche vorbeiläuft. Entsprechend engmaschig ist das Netzwerk, welches die Institute gegen die umstrittene Kryptowährung geknüpft haben - Argumente gegen Bitcoin gibt es schließlich wie Ziffern in der Blockchain. Ein gewichtiges entwickeln die Institute jetzt selbst - eben den genannten USC, ihr eigenes digitales Geld.
Großbanken entwickeln gemeinsam
Die Idee für das Banken-Digitalgeld hatte die UBS schon 2015. Ein Jahr später stieg auch die Deutsche Bank in das Projekt ein, mittlerweile sind zahlreiche andere internationale Großbanken wie HSBC, Santander oder Barclays ebenfalls beteiligt. Mitten in London arbeiten sie gemeinsam daran, "Bargeld auf die Blockchain zu bringen". Im Gegensatz zu Bitcoin soll der USC durch Geld der Zentralbanken unterlegt sein. Es gebe bereits intensive Gespräche mit den großen Notenbanken, heißt es in den Londoner Digitallaboren. Sämtliche Zahlungen könnten von überall nachverfolgt werden und wären transparent. Mit der Anonymität à la Bitcoin hat der USC nichts zu tun.





Zunächst soll das Digitalgeld vor allem für Zahlungen zwischen Banken eingesetzt werden, auf dem sogenannten Interbankenmarkt. Transaktionen, so das Kalkül, könnten dann blitzschnell abgewickelt werden. Das Risiko ist nicht größer als bisher, denn der USC ist ja jeweils mit echten Euro, Dollar oder einer beliebigen anderen Währung unterlegt. Langfristig aber träumt Maley davon, dass der USC einmal nicht allein den Banken vorbehalten ist. Auch Privatkunden könnten irgendwann mit einem USC-Wallet bezahlen. Das ist allerdings Zukunftsmusik.
Wozu der USC schon in naher Zukunft eingesetzt werden könnte, das zeigt Maleys Kollege Jon Pearson. Der Brite leitet das Londoner Digitallabor der Deutschen Bank, nur ein paar Bürokomplexe von Maleys Büro und dem Handelssaal entfernt. Hier wird an der Zukunft gearbeitet. Pearson emittiert eine Anleihe in der Blockchain. Wie ein schwarzer Moloch verläuft sie am rechten Rand des koffergroßen Monitors vor ihm. Links davon tippt Deutschbanker Pearson lange Zahlenkolonnen in mehrere Felder ein. Emittent der Anleihe, begleitende Bank, alle bekommen einen Zahlencode als "Adresse" zugewiesen, der aussieht wie ein zu langer IBAN Code. Ein Klick von Pearson, und der Bond ist auf der Kette, der Blockchain. Bezahlt werden soll die Transaktion dann schon bald mit dem USC.