Kryptowährung Die drei größten Gefahren für den Bitcoin

Bitcoin Quelle: REUTERS

Der Bitcoin steht vor einem entscheidenden Jahr. Wie stark werden sich die Staaten einmischen? Europa arbeitet an der großen Regulierung. Und Nordkorea sowie Russland wollen mit den Kryptowährungen Sanktionen umgehen.

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Der Bitcoin ist mit Verlusten ins neue Jahr gestartet und hat seinen Abwärtstrend damit fortgesetzt. Hatte der Kurs laut der Seite Coinmarketcap, die den Durchschnittswert zahlreicher Börsen ermittelt, am Silvesterabend noch bei mehr als 14.360 Dollar notiert, so fiel er am Montag bis auf 13.160 Dollar. Am Dienstag stabilisierte sich der Kurs etwas und lag zur Mittagszeit bei rund 13.700 Dollar.

Im vergangenen Jahr hatte die weltweit wichtigste Digitalwährung noch einen deutlich stärkeren Start hingelegt: Am 1. Januar 2017 stieg sie um 3,6 Prozent auf 998 Dollar und legte damit den Grundstein für weitere Höhenflüge. Bis zum 17. Dezember 2017 kletterte der Kurs auf den Rekordstand von 20.000 Dollar, rutschte zum Jahresende aber ab. Mit einem Minus hatte der Bitcoin zuletzt 2015 das Jahr eingeläutet.

Analysten nennen eine Reihe an Gründen für die anhaltende Kursschwäche. So dürften einige Marktteilnehmer vor dem Jahresende schlicht Gewinne mitgenommen und ihre Bitcoins verkauft haben. Noch wichtiger sei aber die Gefahr einer doppelten staatlichen Einmischung am Krypto-Markt. Staaten wie Nordkorea könnten Kryptowährungen zu dunklen Zwecken missbrauchen, westliche und ostasiatische Länder die Entwicklung durch Kontrolle des noch weitgehend unregulierten Handels abwürgen.

Folgt man dieser Interpretation, dann wirft die aktuelle Schwächephase ein Licht auf die großen Herausforderungen, vor denen die Krypto-Welt steht. Im Jahr 2018 könnte sich die Zukunft von Bitcoin und Co. entscheiden. 2017 war das Jahr des Übergangs – 2018 droht der Untergang der Krypto-Vision eines alternativen Weltgelds ohne staatliche Einmischung. Drei große Gefahren könnten den Aufstieg beenden.

1. Gefahr: Missbrauch durch Staaten

Zu den zahlreichen neuen Krypto-Fans gehört Russlands Präsident Wladimir Putin. Wie die Zeitung „Financial Times“ berichtet, hat Putin seine Regierung nun offiziell angewiesen, die Herausgabe eines eigenen „Krypto-Rubels“ zu prüfen. Mit dessen Hilfe könnte Russland die bestehenden westlichen Wirtschaftssanktionen im Zuge der Krim-Annexion umgehen.

Zahlreiche staatseigene Einrichtungen erforschen derzeit den Einsatz der Blockchain-Datenbank, die die technologische Grundlage des Bitcoins bildet. „Dieses Instrument hilft uns sehr bei sensiblen Aktivitäten in staatlichem Auftrag. Wir können Rechnungen auf der ganzen Welt begleichen, ohne die Beachtung von Sanktionen“, erklärte demnach Sergei Glazev, ein Wirtschaftsberater Putins. Ein möglicher „Krypto-Rubel“ könnte analog zum klassischen Rubel herausgegeben, sein Umlauf aber beschränkt werden.

Lange hatte Moskau eine kritische Position gegenüber dem wachsenden Markt für Kryptowährungen eingenommen. Handelsplätze im Internet wurden blockiert, die russische Zentralbankchefin verglich den Aufstieg des Bitcoins mit dem kalifornischen Goldrausch im 19. Jahrhundert. Seit einem Treffen mit dem kanadisch-russischen Erfinder der zweitwichtigsten Kryptowährung Ethereum, Witalik Buterin, am Rand des Petersburger Wirtschaftsforums im Juni gilt Präsident Putin aber als angesteckt vom Krypto-Hype.

Nach dem heftigen Crash geht es für Bitcoin aktuell steil nach oben. Doch die eigentliche Innovation ist nicht die Währung, sondern die dezentrale Datenbank dahinter. Wie die Blockchain funktioniert – einfach erklärt.

Andere Staaten sind bereits tief verstrickt ins Krypto-Geschäft. Ohne Rücksicht auf Gesetze geht Nordkorea vor. Dessen Hacker greifen immer öfter Computersysteme an, um im Auftrag des Kim-Regimes Rechenleistung für die Produktion virtueller Münzen zu akquirieren. Laut Kwak Kyoung Ju, Leiter eines Analyseteams des südkoreanischen Finanzsicherheitsinstituts, hat eine Hackergruppe namens Andariel im Sommer 2017 den Server eines südkoreanischen Konzerns unter Kontrolle gebracht und etwa 70 virtuelle Münzen der Bitcoin-Konkurrenzwährung Monero produziert mit einem Wert von 25.000 Dollar.

Das nordkoreanische Regime setzt zunehmend auf alternative Einnahmequellen, um die internationalen Wirtschaftssanktionen aufgrund des Atomprogramms zu umgehen. „Andariel ist hinter allem her, was heute Cash generiert“, erklärte Kwak. Da Monero noch stärker als der Bitcoin auf Privatsphäre setzt und sich der Weg der virtuellen Münzen einfacher verbergen lasse, sei die Kryptowährung ein bevorzugtes Ziel nordkoreanischer Hacker.

Sollten Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie auf breiter Front zum Umgehen internationaler Sanktionen genutzt werden, dürfte das das Image von Bitcoin und Co. weiter verschlechtern. Doch auch der gegenteilige Effekt, eine enge staatliche Regulierung des Markts, könnte den Boom jäh beenden. Und eine dritte Gefahr bedroht das System von innen heraus.

2. Gefahr: Einmischung durch Regulierer

Lange hatte die Politik den neuen Markt ignoriert, ganz im Sinne der libertär eingestellten Krypto-Enthusiasten der ersten Stunde. Mit der Einführung von Terminkontrakten auf den Bitcoin durch zwei große Chicagoer Börsenbetreiber im Dezember 2017 ist der Boom jedoch endgültig im klassischen Finanzsystem angekommen. Schon bald will die weltgrößte Börse, die New Yorker Stock Exchange, mit eigenen Produkten nachziehen. Politiker und Aufseher sind aufgeschreckt.

Notenbanker und Experten warnen immer schärfer vor der Unberechenbarkeit des Bitcoins und sprechen eher von einem Spekulationsobjekt als einer Währung, da eine der wichtigsten Eigenschaften des klassischen Gelds – die Wertstabilität – nicht gewährleistet sei. Besonders eindringlich warnte der Notenbank-Chef Dänemarks, Lars Rohde: „Bleiben Sie weg. Das ist tödlich“, sagte er.

„Die wesentlichen Faktoren für die zukünftige Entwicklung von Kryptowährungen bestehen darin, wie der Staat in die Entwicklung eingreift“, erklärt Christian Nolting, Investmentchef der Deutschen Bank Wealth Management. Bereits im Herbst hatten Aufsichtsbehörden in China dem Handel mit Kryptowährungen ohne Vorwarnung einen Riegel vorgeschoben. Einige Betreiber von Krypto-Börsen warfen daraufhin das Handtuch.

2018 will die Europäische Union strengere Regeln für Plattformen einführen, auf denen Kryptowährungen gehandelt werden. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire will die Regulierung des virtuellen Geldes sogar auf die Agenda des kommenden G20-Gipfels im April setzen, Deutschland unterstützt ihn dabei. In Südkorea, einem der weltweit größten Märkte für virtuelles Geld, ist sogar ein komplettes Krypto-Verbot im Gespräch. „Sollte tatsächlich ein Verbot ausgesprochen werden, könnte dies für große Ernüchterung in der digitalen Währungswelt sorgen“, ist sich Timo Emden, Deutschland-Chef des Onlinebrokers DailyFX, sicher. „Dies wäre als klarer Rückschritt zu werten.“

Gleichwohl schließen Marktteilnehmer nicht aus, dass der Bitcoin-Preis trotz zunehmender Regulierung weiter steigt. Was Anleger zunächst freuen dürfte, hält jedoch die vielleicht größte Gefahr für Bitcoin und Co. bereit.

3. Gefahr: Platzen der Kursblase

Aller aktuellen Probleme zum Trotz: Bitcoin und andere Kryptowährungen faszinieren die Anleger vor allem in Asien und in den USA brennend. Der Bitcoin hat 2017 rund 1.300 Prozent an Wert zugelegt, andere Digitalwährungen haben sich noch besser entwickelt. Neben Russland prüft etwa die Schwedische Reichsbank die Einführung einer eigenen „E-Krone“, Australiens Notenbank steht entsprechenden Plänen offen gegenüber. Sollten sich die Vorhaben konkretisieren, dann könnte das Kursfeuerwerk erst richtig losgehen. Analysten der Saxo-Bank halten einen Bitcoin-Kurs von 60.000 Dollar für möglich.

Mit jedem neuerlichen Kursanstieg wächst aber auch die Gefahr eines fatalen Crashs. Schon heute ähnelt der Bitcoin-Kurs Chartanalytikern zufolge einer klassischen Spekulationsblase. Falls es zum Crash kommen sollte, fürchten Kritiker finanzielle Verwerfungen. So kommt eine Untersuchung der Anglia Ruskin University, des Trinity College Dublin und der Dublin City University zu dem Schluss: Sollte die Spekulationsblase der Kryptowährungen platzen, könne die Verkaufswelle auf die traditionellen Finanzmärkte überschwappen.

Schon heute verunsichern starke Kursschwankungen die Investoren. Hochriskante und zum Teil dubiose Krypto-Aktivitäten von Unternehmen mit dem Ziel einer Aktienkurs-Manipulation haben die US-Börsenaufsicht auf den Plan gerufen. Auch die seit Dezember handelbaren Bitcoin-Futures seien nicht ohne Risiko für die Wirtschaft, warnt der Chef des Handelshauses Interactive Brokers, Thomas Peterffy. Sollten durch hohe Schwankungen bei den Terminkontrakten Derivate-Häuser ins Straucheln geraten, könnte das eine Lawine auslösen und die Realwirtschaft destabilisieren.

In den Hintergrund gerückt, aber nach wie vor ungelöst ist auch das Skalierungsproblem beim Bitcoin: Das Netzwerk ist aufgrund der vielen neuen Anleger überlastet, Überweisungen dauern lange und kosten immer mehr. Die Bitcoin-Gemeinschaft ist zerstritten, eine dauerhafte Abhilfe nicht in Sicht.

Anfang Januar ist klar: Der Krypto-Markt steht 2018 am Scheideweg. Zehn Jahre nach ihrer Erfindung müssen Bitcoin und Co. die vielleicht größte Bewährungsprüfung bestehen.

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