Kursrutsch unter 1,09 Dollar Der Euro-Absturz

Monatelang hat sich beim transatlantischen Wechselkurs wenig getan. Einige Investoren hatten aufgegeben, sich mit diesem Währungspaar zu beschäftigen. Doch nun ist der Euro im Sinkflug. Kommt die Parität zum US-Dollar?

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Eine Euro-Münze steht auf einer Dollar-Note. Die Verluste beim Euro gehen weiter, kommt bald das Verhältnis 1:1. Quelle: dpa

Düsseldorf Nach wochenlang maximal homöopathischen Schwankungen um 1,12 US-Dollar kommt seit einigen Tagen Bewegung in den transatlantischen Wechselkurs. Der Euro-Dollar-Kurs rutschte bereits an diesem Donnerstag nach der EZB-Sitzung deutlich unter die Marke von 1,10 US-Dollar. Und am Freitag setzt die europäische Gemeinschaftswährung ihre Talfahrt fort und liegt bei 1,0876 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit März dieses Jahres.

Kommt nun die Parität zwischen den beiden Währungen? Robin Brooks, Chef-Währungsstratege der US-Bank Goldman Sachs prognostizierte bereits im September 2014, dass 2017 der Euro zum Dollar die Parität erreichen, also genau einen Dollar kosten könnte. Damals kostete ein Euro 1,31 Dollar. Kurze Zeit später erwartete auch die Deutsche Bank die Euro-Dollar-Parität für Ende 2017.

Zwar legte Goldman-Chefvolkswirt Jan Hatzius im April 2015 in einem Handelsblatt-Interview nach und prophezeite den Gleichstand schon für das Jahr 2015. Doch dazu kam es nicht, der tiefste Stand lag in jenem Jahr bei 1,0452 US-Dollar.

Aus Sicht der technischen Analyse hat der Euro derzeit auch noch weiteres, zumindest kurzfristiges Abwärtspotenzial. „Das technische Bild bleibt von Risiken geprägt, denn die Indikatoren im Tageschart geben keine Hinweise auf Stabilisierungstendenzen“, schreibt der Helaba-Analyst Ralf Umlauf in seinem Tageskommentar an diesem Freitag. Darüber hinaus sei der Euro unter das sogenannte Brexit-Tief gefallen, das sich unmittelbar nach dem Votum von Großbritannien zum Austritt aus der Euro-Zone gebildet hatte. „Dadurch eröffnet sich ein Potenzial bis 1,0820 US-Dollar.“

Ein Blick auf den mittelfristigen Chart zeigt aber auch ein anderes Bild: Seit eineinhalb Jahren bewegt sich der Euro zwischen 1,16 auf der Ober- und 1,460 Dollar auf der Unterseite. „Gerade in der Zone zwischen 1,0820 bis 1,0460 Dollar befinden sich daher massive Unterstützungen“, meint Umauf. Diese Unterstützungen machen ein weiteres Abrutschen eher unwahrscheinlich.

Auch die Commerzbank glaubt nicht, dass der Euro deutlich tiefer fallen wird. „Solange wir keine klare Aussage der EZB haben, wie es weitergeht, gibt es eigentlich keinen Grund für eine verstärkte Euroschwäche“, schreiben die Analysten. Zumindest gilt die Aussage bis zum 8. Dezember 2016. Denn „vor dem Nikolaus werden wir nicht erfahren, wie es mit dem Anleihenkaufprogramm der EZB weitergeht“, meinen die Commerzbank-Experten.


Die Stärke des US-Dollars

Die derzeitige Schwäche des Euro im Verhältnis zum Greenback ist natürlich auch die derzeitige Stärke des US-Dollars. Denn während die EZB zwei Tage nach dem Nikolaustag über eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms diskutiert und der Leitzins aktuell bei null Prozent liegt, geht die USA einen anderen Weg. Die meisten Experten erwarten eine weitere Zinserhöhung im Dezember. Das stärkt natürlich den Dollar, Spekulationen über weitere Zinserhöhungen würden einen zusätzlichen Schub geben.

Der prinzipielle Zusammenhang zwischen Zinsen und Währung ist: Wenn in einem Land die Zinsen steigen, wird eine Geldanlage am dortigen Kapitalmarkt tendenziell attraktiver, sowohl für inländische als auch für ausländische Anleger. Dadurch entsteht eine höhere Nachfrage nach der Währung des Landes, die diese aufwerten lässt. Umgekehrt verläuft der Prozess, wenn die Zinsen eines Landes sinken.

Doch wie weit wird die Zinswende in den USA gehen? Da die vermeintlichen Erhöhungen in den Vereinigten Staaten bereits mehr um Monate verschoben wurden, dürfte das Aufwärtspotenzial der Leitzinsen nach Expertenmeinung begrenzt sein.

„Alles hat ein Ende, auch die Leitzinswende“, reimt mittlerweile Robert Halver, Kapitalmarktstratege bei der Baader Bank. „Mit Rücksicht auf eine ansonsten exporthemmende US-Dollar-Aufwertung und ein laut Konjunkturbericht der US-Notenbank (Beige Book) ohnehin nur ,mäßigem bis moderatem‘ US-Wachstum bei ebenfalls nur ,mäßigem‘ Arbeitsmarkt, wird der aktuelle Zinserhöhungszyklus insgesamt jedoch als der schwächste aller Zeiten in die US-Finanzgeschichte eingehen.“ Dann wäre auch das Aufwärtspotenzial des Dollars gegenüber dem Euro begrenzt.

Die bisher geringen Schwankungen der beiden Währungen hat auch noch zu einem ganz anderen Effekt geführt: Eine steigende Anzahl von Investoren und Händlern sagte noch Anfang Oktober 2016, dass sich der Euro-Dollar-Kurs so wenig bewegt, dass es sich nicht lohnt, sich damit zu beschäftigen.

Der interessante Punkt: Die Experten gingen damals eher von einem steigenden Euro aus, zumindest wollten sie dann einsteigen. Gut, dass sie nicht vor dem jetzigen Kursrutsch eingestiegen sind.

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