
Das Geschäft mit Börsengängen hatten Investmentbanken für dieses Jahr schon ad acta gelegt: Nach dem Einbruch des Dax um bis zu zwölf Prozent wurden die für diesen Herbst avisierten Newcomer zurückgezogen; auch Schwergewichte wie Kabelnetzbetreiber Tele Columbus oder die Internet-Holding Scout 24 sagten vorerst ab. Autozulieferer Hella geht daher auf Nummer sicher: Mitte Oktober brachte er elf Millionen Aktien zu je 25 Euro bei ausgesuchten Anlegern unter, ohne öffentliches Angebot über die Börse.
So konnten Hella und die Banken in Ruhe einen Preis mit Investoren aushandeln. „Die meisten Käufer waren Fonds und Vermögensverwaltungen“, sagt Hella-Vorstandschef Rolf Breidenbach, dessen Unternehmen mit der damit verbundenen Kapitalerhöhung etwa 260 Millionen Euro einnahm. Eine zweite Tranche, bis zu 5,7 Millionen Aktien aus dem Besitz der Alteigentümer-Familie Hueck, kam vergangene Woche dazu; auch diese gingen an Fonds, für 25 bis 28 Euro.





Privatanleger waren nicht zugelassen. Gehandelt wird die Aktie vom 11. November an. „Dann kann jeder Anleger, der unser Papier haben will, es ganz normal über die Börse kaufen“, sagt Breidenbach. Ob sich das lohnt, hängt von der Autokonjunktur ab. Hella ist mit 5,3 Milliarden Euro Umsatz (Geschäftsjahr 2013/14, endete im Mai 2014) einer der größten Autozulieferer Europas. Dieses Jahr wollen die Westfalen 5,78 Milliarden Euro, 2015/16 dann 6,29 Milliarden Euro Umsatz machen. Das scheint realistisch: Die Kfz-Branche kann der sich abschwächenden Konjunktur trotzen, dank der Verkäufe in China und den USA. Davon profitierten die deutschen Hersteller mit ihrem hohen Exportanteil, unter ihnen die wichtigsten Hella-Kunden.
Hella stellt Beleuchtung und Kfz-Elektronik her, profitiert dank seiner Technologieführerschaft bei sparsamen LEDs vom weltweiten Trend zu Energieeffizienz. Das vor 115 Jahren gegründete Unternehmen gilt bei Auto-LEDs als führend. Zum Programm gehören etwa elektronisch gesteuerte Scheinwerfer-LEDs, die jenen Teil des Fernlichtkegels automatisch abschalten, der den Gegenverkehr blenden würde.

Nicht so stark abhängig von der Autokonjunktur
Hella ist dennoch nicht so stark abhängig von der Autokonjunktur wie die meisten anderen Zulieferer. Zwar entfällt der mit 3,9 Milliarden Euro größte Umsatzanteil auf das Erstausrüstergeschäft mit den großen Autobauern. Gut ein Viertel der Erlöse stammt aber aus dem Aftermarket-Bereich, also aus Ersatzteillieferungen für freie Werkstätten und Teilehändler, und aus dem Bereich Special Applications. Der produziert Beleuchtung für Straßen, Flughäfen, Bahnhöfe oder Fußballstadien. Diese beiden Bereiche sind zuletzt weniger schnell gewachsen als die Erstausrüstung, dafür ist das Geschäft deutlich stabiler.
International hat sich Hella in den vergangenen Jahren verstärkt. Durch neue Netzwerkpartner hat sich Hella Zugang zu schwierigen Märkten wie Südkorea verschafft. Werden alle Aktien platziert, wäre Hella rund 3,1 Milliarden Euro wert – nur gut 51 Prozent des Jahresumsatzes. Konkurrent Valeo kostet 56 und Continental 91 Prozent des Umsatzes. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) lag bei 341 Millionen Euro. 2014/15 sollen es 418 Millionen sein. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit rund 14 (laufendes Jahr) nicht zu hoch, auch Dividende soll es geben: Gut 30 Prozent des Nettogewinns, das wären 2,4 Prozent Rendite.
Mit dem Geld aus dem IPO will Hella in den USA und China weiter wachsen und in den erfolgreichsten Joint Ventures die Partner herauskaufen. „Mittelfristig“, so Breidenbach, wolle Hella in den MDax. Dafür dürfte der Wert des Streubesitzes von 15 Prozent der Aktien nur knapp reichen, weshalb weitere Aktien auf den Markt kommen könnten. Die Familie Hueck hat sich per Poolvertrag verpflichtet, 60 Prozent der Hella-Anteile bis 2024 zu behalten, 25 Prozent könnte sie also noch abgeben.