Nervöse Investoren Aktienkurse der Deutschen Bank und der Commerzbank brechen ein

Die Talfahrt des größten heimischen Geldhauses an der Börse ist nicht zu stoppen. Jetzt fiel das Wertpapier unter elf Euro. Auch die Commerzbank-Papiere kommen unter die Räder.

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Deutsche Bank und Commerzbank: Die Aktienkurse brechen ein Quelle: Bloomberg

Frankfurt So billig war die Aktie der Deutschen Bank seit der tiefen Vertrauenskrise im Herbst 2016 nicht mehr. Am Donnerstag sackte der Kurs der Frankfurter noch einmal um 2,9 Prozent auf 10,95 Euro ab, das ist der tiefste Stand seit 18 Monaten. Damals, als die Investoren fürchteten, dass eine Vergleichsforderung von 14 Milliarden Dollar des US-Justizministeriums das Geldhaus überfordern könnte, war die Aktie sogar bis auf 9,90 Euro abgesackt.

Vor der Hauptversammlung in der kommenden Woche ist die Nervosität unter den Investoren groß. Vor allem Aufsichtsratschef Paul Achleitner muss sich nach dem überraschenden Austausch des Vorstandschefs John Cryan gegen den bisherigen Leiter des Privatkundengeschäfts Christian Sewing auf eine Welle der Kritik vorbereiten.

Hinter dem Wechsel an der Führungsspitze steht das Eingeständnis, dass das Institut seinen Anspruch als global führende Investmentbank aufgeben muss, und dass sich die Sanierung noch länger hinziehen wird als ohnehin befürchtet.

Der Unmut von Analysten und Investoren manifestierte sich bereits in den vergangenen Tagen. Zu Wochenbeginn meldete sich Wall-Street-Größe Steve Eisman. Das Wort des Star-Strategen des Vermögensverwalters Neuberger Berman hat besonderes Gewicht, weil er vor einem Jahrzehnt als einer der ersten korrekt auf den Ausbruch der Finanzkrise gewettet hat.

An Deutschlands größtem Geldhaus ließ Eisman in einem Interview kein gutes Haar: Die Bank habe „echte Rentabilitätsprobleme“, warnt der Stratege. Und: „Sie ist eine Problembank. Ich denke, sie muss drastisch schrumpfen“. Zudem geht Eisman davon aus, dass die „unterkapitalisierte“ Bank nächstes Jahr wahrscheinlich Kapital aufnehmen wird.

Am Dienstag legten die Analysten der britischen Großbank Barclays nach. Den Experten gehen die Umbaupläne des neuen Vorstandschefs Sewing nicht weit genug. „Wir glauben, dass der Bank große Herausforderungen in den kommenden Jahren bevorstehen“, schrieb Analyst Amit Goel in einer Studie mit dem Titel „Etwas muss sich ändern. Aber was?“

Der neue Bankchef müsse über „radikalere Veränderungen“ nachdenken, betont Goel und bringt auch eine Fusion mit der Commerzbank ins Spiel. Beide Institute hatten 2016 in einem „Sommerflirt“ bereits einmal einen Zusammenschluss ausgelotet, waren dann aber zu dem Schluss gekommen, dass die Banken erst einmal selbst ihre Probleme lösen müssten.

Die sind bei der Deutschen Bank seither noch einmal größer geworden. Vor allem die drohende Herabstufung der Bonitätsnote durch die Ratingagenturen Standard & Poor's (S&P) und Moody's setze das Institut unter Druck und könne sich als „negativer Katalysator“ erweisen, warnt der Barclays-Analyst. Der Verlust von Kunden und Marktanteilen wäre eine wahrscheinliche Folge.

Goels Kursziel von acht Euro liegt noch einmal deutlich unter den Tiefständen aus dem Herbst 2016. Barclays ist damit genauso kritisch wie die bislang größten Pessimisten unter den Analysten. Andrew Lim von der französischen Société Générale hatte bereits im April ein Kursziel von acht Euro für die Deutsche Bank ausgegeben Andrew Coombs von der Cititgroup ist mit 8,60 Euro zumindest noch ein kleines bisschen zuversichtlicher.

Vielleicht ist es für die Deutsch-Banker zumindest ein kleiner Trost, dass die Investoren nicht nur ihnen die Gunst entziehen. Für die Commerzbank ging es mit einem Minus von 5,9 Prozent sogar noch stärker abwärts. Die Aktie litt wie andere Banktitel auch unter der Angst vor einem neuen Aufflammen der Eurokrise.

Angefacht wurde diese Furcht, durch die Koalitionsverhandlungen in Italien, wo die beiden euroskeptischen Parteien 5 Sterne und Lega eine Regierungskoalition anstreben. Ein endgültiger Koalitionsvertrag könnte noch am Mittwoch fertiggestellt werden, kündigte Lega-Chef Matteo Salvini auf Facebook an. Die beiden Parteien würden dann bis Montag Staatspräsident Sergio Mattarella informieren. An den Finanzmärkten sorgte die Aussicht für Unruhe. Viele Investoren sind in Sorge, weil die potenziellen Partner Steuersenkungen und höhere Sozialausgaben in Milliardenhöhe versprochen haben.

Bereits am Dienstag tauchte ein Entwurf für die Koalitionsvereinbarung auf. Demnach wollen die Parteien von der Europäischen Zentralbank fordern, Italien 250 Milliarden Euro an Schulden zu erlassen, die sie im Rahmen ihrer ultralockeren Geldpolitik aufgekauft hat.

Zwar ruderte Lega-Wirtschaftspolitiker Claudio Borghi zurück und sagte, es handele sich nur um Notizen.“ Die Finanzmärkte reagierten dennoch: Italienische Staatsanleihen verbilligten sich um mehr als ein Prozent, während der Index der Mailänder Börse um fast zwei Prozent nachgab.

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