Opec verknappt das Öl Ein kleiner Durchbruch mit Verfallsdatum

Das Opec-Kartell fördert weniger Öl – aber nur für ein halbes Jahr. Der Schulterschluss mit Russland gelingt. Indonesien aber kehrt der Organisation frustriert den Rücken.

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Quelle: dpa

Wien Die Opec treibt den Preis für Rohöl nach oben, indem sie den Rohstoff verknappt. Das Öl-Kartell nutzt eine altbewährte Regel. Erstmals seit acht Jahren einigte sich die Opec am Mittwoch in Wien nach langen Verhandlungen auf eine Kürzung der Fördermenge um 1,2 Millionen Barrel (159 Liter) zu Beginn des Jahres 2017. Künftig wird das Öl-Kartell täglich nur noch 32,5 Millionen Fass fördern. „Der Markt muss wieder ins Gleichgewicht gebracht werden“, sagte der Opec-Präsident und Ölminister Katars, Mohammed Bin Saleh Al-Sada.

Ob die Einigung der Opec den Preis dauerhaft nach oben treiben wird, darüber sind Marktexperten uneins. Analysten rechnen damit, dass ab Preisen über 50 Dollar die Schieferölunternehmen vor allem aus den USA vermehrt zurück an den Markt kommen und so eine drastische Preissteigerung verhindern. Übrigens: Dass die Opec-Entscheidung eher ein kleiner als ein großer Durchbruch ist, zeigt auch das Verfallsdatum des Abkommens: Die Kürzung ist ab Januar zunächst auf ein halbes Jahr begrenzt. Danach werden die Karten neu gemischt.

Den größten Beitrag wird das Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien zu dem Kompromiss leisten. Es kürzt seine Ölproduktion um täglich 486.000 Barrel auf rund zehn Millionen Fass. Auch Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate rangen sich zu einer deutlichen Kürzung durch.

Für den Iran, den Erzrivalen von Saudi-Arabien, hat das Ölkartell hingegen eine Ausnahmeregelung beschlossen. Teheran darf seine Förderung um 90 Millionen Barrel auf knapp 3,8 Millionen Fass erhöhen. Zuvor war vor allem bezweifelt worden, dass Iran und Saudi-Arabien ihre jahrelange Rivalität überwinden können. Die Vereinbarung gilt für sechs Monate. Die nächste Opec-Konferenz findet in der österreichischen Hauptstadt Wien Ende Mai 2017 statt. Die Förderkürzung soll künftig von Kuwait, Venezuela, Algerien und zwei Nicht-Opec-Ländern kontrolliert werden.

Der Opec ist in den Vorgesprächen der Schulterschluss mit Russland gelungen. Die russische Regierung hat demnach zugesagt, die eigene Förderung um rund 300.000 Barrel zu kürzen. Auch andere Länder hätten ihre Unterstützung mit einer Kürzung von ebenfalls 300.000 Fass zugesichert.

„Das ist ein historischer Moment“, schwärmte Opec-Präsident Bin Saleh Al-Sada. Moskau braucht dringend wie die meisten Opec-Länder höhere Ölpreise, um die politische und wirtschaftliche Stabilität im eigenen Land zu sichern. Deshalb sind die Russen bereit, in den sauren Apfel einer Produktionskürzung zu beißen. Auf einem Treffen am 9. Dezember in Doha, der Hauptstadt von Katar, sollen die Details zwischen den Opec-Ländern, Russland und anderen Nichtmitgliedern besprochen werden, um den Ölpreis nach oben zu treiben.

Das Öl-Kartell sieht sich in seiner eigenen Wahrnehmung als Wohltäter der Weltwirtschaft. „Wir glauben, dass diese Einigung zu einem fairen Preis führen wird. Es wird auch zu einer gesünderen Inflation beitragen. Heute haben viele Staaten ein Ziel von zwei Prozent ausgegeben, verfehlen es aber“, sagt Opec-Präsident Bin Saleh Al-Sada in Anspielung auf Europa.

Die Ölminister der 14 Mitgliedsländer stimmten auf ihrer Konferenz in Wien damit der Ende September verabschiedeten Grundsatzvereinbarung in Algier zu, die eine Senkung der täglichen Ölproduktion auf 32,5 Millionen Barrel vorsah.

Der Ölpreis für die Nordseesorte Brent legte bis zum späten Nachmittag bereits vor der Verkündigung des Verhandlungsergebnisses um annähernd acht Prozent auf über 50 Dollar zu. Noch vor über zwei Jahren notierte der Ölpreis pro Barrel bei über 100 Dollar. Der dramatische Verfall hatte den Staatshaushalt einer ganzen Reihe von Opec-Mitgliedern – von Saudi-Arabien über Venezuela bis hin zu Nigeria – in heftige Bedrängnis gebracht.

Die Einigung der Opec hat allerdings auch einen Wermutstropfen für das Ölkartell. Indonesien hat sich als Netto-Importeur gegen die Wiener Vereinbarung gewandt. Das südostasiatische Land, das nach siebenjähriger Pause erst Anfang 2016 wieder zum Öl-Kartell gestoßen ist, setzt daher seine Mitgliedschaft in der Opec aus. Indonesien fördert rund 700.000 Barrel pro Tag.

Der Druck auf das Öl-Kartell, zu einer Einigung zu kommen, war in den vergangenen Wochen gewaltig. Dennoch hatten in den vergangenen Tagen die Zeichen nicht unbedingt auf eine Einigung hingedeutet. „Allen ist klar, dass ein Kompromiss für jedes einzelne Mitgliedsland als auch für die gesamte Organisation und auch Exporteure außerhalb der Opec wichtig ist“, sagte Ecuadors Außenminister Guillaume Long, der die Opec-Delegation seines Landes anführte, dem Handelsblatt.

In den vergangenen Jahren war die Opec mit ihren 14 Mitgliedern durch die Streitereien wie gelähmt. Vor allem das Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien und sein Erzrivale Iran standen sich unversöhnlich mit ihren unterschiedlichen Interessen gegenüber. Nun haben die Saudis eingelenkt, in dem sie zu Kürzungen der Förderung bereit sind. Außerdem kamen sie dem Iran entgegen. Teheran hatte bei der Kürzung der Ölproduktion eine Ausnahmeregelung verlangt, um an frühere Zeiten als einflussreicher Ölproduzent anknüpfen zu können.

Mit dem Kompromiss stärkt das Ölkartell, zu dem zuletzt auch Gabun gestoßen war, seine Markstellung. Die Angst vor einem Machtverlust war einer der Motive für die nun beschlossene Förderkürzung. Unabhängige Marktexperten sehen aber noch nicht die große Renaissance der Opec. „Eine Förderkürzung hat allenfalls symbolischen Charakter“, sagt Jan Edelmann, Öl-Analyst der HSH Nordbank. Er zweifelt am Durchhaltewillen des Kartells. „Wie die Historie zeigt, wurden getroffene Vereinbarungen der Opec-Staaten bisher immer nur halbherzig umgesetzt“, erläutert Edelmann. Durchschnittlich habe die Fördermenge bis zu 700.000 Barrel pro Tag höher gelegen. Von der nun geplanten Kürzung um 1,2 Millionen Barrel bliebe dann nicht mehr viel übrig.

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