
Lange sah es so aus, als ob die Aussicht auf einen Präsidenten Trump die Märkte kalt lässt. Doch jetzt zieht Nervosität ein. Was passiert, wenn Trump wirklich Präsident wird, und was von seinen kruden Plänen setzt er durch? An der Börse hat eine Phase der Unsicherheit begonnen – und Unsicherheit ist etwas, das den Wertpapiermärkten nie gefällt.
Reihenweise werden nun Aufstellungen gemacht, welche Aktien von Clinton profitieren, welche von Trump. Doch zunächst ist überhaupt offensichtlich geworden, dass Trump unterm Strich für die Märkte die schlechtere Wahl wäre. Die Börsen sind nun erst dabei, dies zu realisieren.
Dabei geht die Angst über die Wahlentscheidung hinaus. Denn selbst wenn Clinton gewählt werden sollte, ist die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft so tief, dass Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung befürchtet werden.





Diese Angst spiegelt sich im Dow Jones wider. Er läuft seit einiger Zeit nicht nur schlechter als die europäischen Märkte, er hat auch vor kurzem den seit Februar bestehenden Aufwärtstrend gebrochen. Nach klassischen Regeln wäre jetzt bei etwa 17.700 Punkten die nächste Auffangzone, die er vor der Wahl nicht mehr unterschreiten sollte. Hier laufen die (deutlich steigende) 200-Tage-Linie, hier ist die Untergrenze der seit Sommer anhaltenden Abwärtsbewegung.
Geht die Wahl zugunsten Clintons aus, sollte von dieser Basis aus eine Erleichterungsrally erfolgen. Insoweit ist die aktuelle Marktsituation im Dow technisch zwar angespannt, aber immer noch im Rahmen eines positiven Szenarios. Die Märkte signalisieren immer noch eher einen Sieg Clintons als einen von Trump.
Wenn nun aber doch Trump gewinnt, dürften 17.700 schnell und dynamisch nach unten durchschlagen werden. Im ersten Rutsch kann es dann bis 17.100 gehen. Dort könnte dann eine kurze Erholung folgen, bis der Dow dann in einem zweiten Rutsch in Richtung 16.000 fällt. In diesem Bereich, den Tiefpunkten der Jahresanfangsbaisse, sollte der Markt dann eine Neuorientierung suchen. Die wird entscheidend davon abhängen, welche Signale dann von einem Sieger Trump kommen.
Immer mehr Anzeichen für höhere Zinsen
Die Unsicherheit über den Ausgang der Präsidentenwahl ist die eine, akute Belastung für die US-Märkte. Die andere ist die abflauende Wirtschaftsdynamik und die Aussicht auf steigende Zinsen. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt signalisiert Notenbank-Chefin Janet Yellen immer deutlicher, dass es im Dezember zu einer Zinserhöhung kommen könnte.
Spiegelbildlich zu den Aktien haben die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen mit einem Stand von gut 1,80 Prozent den seit Jahresanfang bestehenden Abwärtstrend gebrochen. Die nächste Widerstandszone liegt im Bereich um 2,0 Prozent. Bis dahin könnten die Renditen noch in diesem Jahr anziehen.
Allerdings, sollte es in Folge eines Trump-Siegs zu Turbulenzen an den Märkten kommen, könnte sich Janet Yellen diesen Schritt noch einmal überlegen. Der jüngste Rückgang des Dollars dürfte sie weniger stören, da die seit einigen Monaten anhaltende Diskussion um die Stärke des Greenbacks nicht unbedingt ein Vorteil für die US-Unternehmen ist.
Einen besonders negativen Einfluss hätte ein Sieg Trumps auf die großen amerikanischen Technologieaktien. Deren marktbeherrschende Stellung gefällt Trump überhaupt nicht; dazu kommen persönliche Feindschaften wie etwa im Fall Amazon. Dennoch, eine außergewöhnliche Schwäche der High-Techs ist bisher nicht zu spüren. Im Gegenteil: Der Nasdaq-100-Index behauptet nach wie vor seinen seit Jahresanfang eingeschlagenen Aufwärtstrend. Auch dies ist ein Indiz für einen wahrscheinlichen Sieg Clintons.