Siemens Healthineers Schwach platziert, gut gestartet und Chance auf mehr

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Kein Geld für Healthineers

Der Erlös aus dem jetzigen Börsengang über nun 4,2 Milliarden Euro geht vollständig an den Mutterkonzern, Healthineers selbst bekommt kein Geld. Allerdings zahlt Siemens wohl zum Börsengang etwa die Hälfte der Schulden der Erlanger Tochter zurück, um dieser einen größeren Spielraum für Übernahmen zu geben; die Nettoschulden von Healthineers sollen so auf um die vier Milliarden Euro sinken. Im Verhältnis zum letztjährigen bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen (Ebitda) bedeutete dies einen Faktor von rund 1,3. Damit hätte Healthineers wohl ein Rating im oberen Bereich der Investitionsklasse, so um A-. Organisiert wurde der Börsengang von der Deutschen Bank, Goldman Sachs und JP Morgan.

Die Aktienmehrheit soll auf Dauer bei Siemens bleiben, betont Siemens Chef Josef Kaeser immer wieder. Der Börsengang, bei dem 150 Millionen Aktien zu 28 Euro an die Zeichner zugeteilt wurden, fällt deutlich kleiner aus als der der ehemalige Siemens-Tochter Infineon (6,07 Milliarden), im Jahr 2000. Dennoch könnte das dazu reichen, dass Healthineers bald in den Nebenwerte-Index MDax einzieht. Neben dem Börsenwert des Streubesitzes ist noch das Handelsvolumen ein wichtiges Kriterium. Obwohl Siemens nur 15 Prozent von Healthineers abgibt (weitere zehn Prozent sollen folgen) dürfte ein hoher Umschlag kein Problem sein, da ja trotzdem immerhin 150 Millionen Stück handelbar sind.

Healthineers gilt als rentabelste und wertvollste Sparte von Siemens, die mit einem um Kaufpreiskosten bereinigten operativen Gewinn (vor Steuern und Zinsen, Ebit) von 2,5 Milliarden Euro zuletzt rund ein gutes Drittel der operativen Konzernerträge erwirtschaftete. Mit einer Ebit-Marge von 18,5 Prozent ist Healtineers die Margenperle im Siemens-Konzern. Bis 2020 dürfte die Marge sogar auf 19,9 Prozent steigen, hat Morgan Stanley ausgerechnet. Das Umsatzwachstum aus eigener Kraft veranschlagt Healthineers auf vier Prozent pro Jahr – seit 2012 lag es zwischen 2,0 und 4,8 Prozent.

Schaffen die Münchner die vier Prozent und die verbesserte Marge, dann entspräche das 2020 einem Umsatz von 15,5 Milliarden Euro und einem bereinigten Gewinn vor Steuern und Zinsen von knapp 3,1 Milliarden Euro. Allerdings gelten solche Planungen als ambitioniert. Die geplanten Umsatzrenditen von 20 bis 22 Prozent bei bildgebenden Geräten, wie Computertomografen, fordern die großen Wettbewerber wie General Electric und Philips heraus. Wie schnell das Geschäft dreht, zeigte sich im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Der Dollareinbruch bescherte Healthineers einen Erlösrückgang von vier und einen Ergebnisminus von sogar 15 Prozent. Die Marge sank auf nur noch 16,9 Prozent, auch die Ordereingänge waren deutlich rückläufig. Risiken liegen auch auf der Bilanz. Die Übernahmetour nach der Jahrtausendwende hat zu abschreibungsgefährdeten Firmenwerten über gut acht Milliarden Euro geführt. Naturgemäß ließ Finanzvorstand Jochen Schmitz die „Börsen-Zeitung“ wissen, dass diese bilanzierten Übernahmeprämien „durch den Wert des Geschäfts gut gedeckt“ seien.

Das muss aber nicht so bleiben, wie schon viele Aktionäre leidvoll über milliardenschwere Abwertungen erfahren mussten, so bei der Deutschen Telekom, E.On oder der Deutschen Bank etwa. Kritisch ist zu betrachten, dass die Firmenwerte 277 Prozent des Eigenkapitals betragen. Analytisch betrachtet ist damit die ohnehin schon geringe Eigenkapitalquote von 15 Prozent eigentlich negativ. Nach den Planungen soll Healthineers künftig 50 bis 60 Prozent seines Gewinns als Dividende ausschütten. Das wären für dieses Jahr bestenfalls knapp eine Milliarde Euro, wovon 85 Prozent an Siemens fielen, sollten bis Geschäftsjahresende keine weiteren Healthineers-Aktien an die Börse gebracht werden.

Sieben Billionen Euro schwer sei der Gesundheitsmarkt, doch 50 Prozent davon entfallen auf Personalkosten. Nur ein Prozent des Umsatzes gäben Krankenhäuser für Technik aus – dabei lägen hier die größten Einsparpotenziale, so wirbt zumindest Healthineers. Wenn der Computer die Röntgenaufnahme auswerte, könne sich der Arzt mehr um den Patienten kümmern statt stumpfer Routine vor dem Bildschirm.

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