Stelter strategisch

Die USA boomen dank Trump – doch das böse Erwachen wird folgen

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Diese Aspekte sollten zur Vorsicht mahnen

Doch so einfach ist es dann doch nicht. Mehrere Aspekte sollten zur Vorsicht mahnen:

  • Buy the rumor, sell the news: Da ist zunächst die bekannte Tatsache, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird und nicht die Gegenwart. Wichtiger als die heutigen Gewinne sind die Einschätzungen der Börsianer zu künftigen Gewinnen und Zinsen. Kommt es zu weiteren Zinserhöhungen in den USA könnte es schneller als gedacht mit dem Doppel-Boom an Börse und in Wirtschaft zu Ende sein. Schon in diesem Herbst dürfte es zum Schwur kommen.
  • Erhebliche politische Risiken: Nicht nur bleibt Donald Trump unberechenbar und der mit der EU ausgehandelte Waffenstillstand im Handelskrieg nur einen Tweet entfernt vom nächsten Angriff. Nordkorea, Iran, ungelöste Eurokrise, chaotischer Brexit, es gibt genug Stoff, der für Turbulenzen an den Märkten sorgen kann.
  • China vor der Rezession: Das Wirtschaftswachstum in China schwächt sich schon seit Längerem ab. Hintergrund ist der Versuch der Führung, das Land etwas weniger von der Schuldendroge abhängig zu machen. Deshalb trifft der Handelskrieg mit den USA das Land zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Sollte sich daraus eine Abschwächung des Renmimbi ergeben, droht gar eine weitere Eskalation im Handelsstreit.
  • Enger Markt: Zum Jahresanfang hatten wir die Diskussion über einen möglichen „Melt-up Boom“ an den Börsen. These war, dass wir uns zwar in einer Blase befinden, diese aber noch nicht am Ende ist, bevor es zu einem letzten Boom an der Börse kommt. Nun hatten wir zwar nicht diesen Boom, allerdings haben wir es mit einer Konzentration des Aufschwungs auf immer weniger Werte zu tun. Die auch hier viel diskutierten FAANGs (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google) haben zwar nur 13,6 Prozent Anteil am S&P, stehen aber für die Hälfte des Zuwachses seit Jahresbeginn.

Facebook als Kanarienvogel?

Aller Skepsis zum Trotz haben es die FAANGs in diesem Jahr allen gezeigt. Trotz hoher Bewertungen ging es immer weiter aufwärts. Bis vor zwei Wochen. Dann stürzte Facebook nach enttäuschenden Wachstumszahlen beeindruckende 20 Prozent ab. Ein Tagesverlust von 120 Milliarden US-Dollar. Wenig später folgten Netflix (minus 17 Prozent) und Twitter (minus 20 Prozent an einem Tag). Selbst der Börsenliebling und berüchtigte Short-Seller-Töter Tesla kam unter Druck.

Natürlich spielen diese Verluste angesichts der enormen Kursgewinne der letzten Monate keine Rolle. Wer vor einem Jahr investiert hat – wo ich zugegebenermaßen schon skeptisch war –, sitzt auf schönen Gewinnen. Andererseits zeigen Geschwindigkeit und Ausmaß der Kurskorrektur, auf welch dünnem Eis wir tanzen. Keine Änderung der Geschäftsaussichten von Unternehmen, die so intensiv von Analysten beobachtet werden wie diese Schwergewichte, sollte so überraschend sein, dass sie derartige Anpassungen der Bewertung in kurzer Zeit zur Folge hat. Wenig verwunderlich, dass sich die Investoren auch bei den anderen Tech-Werten fragen, ob die Bewertung (noch/überhaupt) gerechtfertigt ist.

Schon seit ein paar Wochen zeichnet sich eine Umschichtung ab. Nachdem sichere Werte längere Zeit hinterherhinkten, stiegen die Aktien von langweiligen Unternehmen wie Versorgern, Gesundheit und Telekom auch in den USA stärker als der Markt. Auch der Schweizer Markt, dominiert von Schwergewichten wie Nestlé, Roche und Novartis erholte sich deutlich.

Diese Umschichtung in vermeintlich sichere Bereiche hält die Indizes hoch, selbst wenn die einstigen Zugpferde schwächeln. Stellt sich die Frage: Wie lange noch? Gerät die US-Börse mehr unter Druck, könnten wir rasch den Punkt erreichen, wo der doppelte Hebel von hoher Unternehmensverschuldung und Wertpapierkäufen auf Kredit die Abwärtsbewegung beschleunigt. Egal wie hoch die Gewinne der Vergangenheit auch sein mögen.

Diese US-Produkte werden durch die Zölle teurer
Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU hängen am seidenen Faden, seit die USA Stahl- und Aluminiumexporte aus der EU im Wert von 6,1 Milliarden Euro mit Strafzöllen belastet. Nun ergreift die EU ab Juli Gegenmaßnahmen. In zwei Schritten sollen Waren von ebenfalls knapp sechs Milliarden Euro mit neuen oder höheren Zöllen belegt werden. Ab Juli die erste Hälfte, 2021 folgen dann weitere Zollerhöhungen auf Waren im Wert von noch einmal gut drei Milliarden. Etwa ein Viertel dieser betroffenen US-Waren geht nach Deutschland. Unsere Bildergalerie zeigt, welche US-Produkte ab Juli auf dem deutschen Markt am stärksten betroffen sind. Quelle: imago images
1. Schrauben (aus Eisen/Stahl )US-Exporte nach Deutschland (2017)103 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr3,7 %4 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %26 Mio. Euro(eigene Hochrechnungen der jährlich zu erwartenden Zollkosten auf Basis von Exportdaten aus dem Jahr 2017; Daten von Comtrade, WTO, TARIC, EU; teilweise Warenuntergruppen zusammengefasst; Werte gerundet) Quelle: imago images
2. Whiskey US-Exporte nach Deutschland (2017) 84 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahrzollfreikeinezusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %21 Mio. Euro Quelle: REUTERS
3. Schminke/NagellackUS-Exporte nach Deutschland (2017) 77 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahrzollfreikeinezusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %19 Mio. Euro Quelle: imago images
4. Leitern, Paletten, Trommeln und sonstige EisenwarenUS-Exporte nach Deutschland (2017) 73 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr2,7 %2 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %18 Mio. Euro Quelle: dpa
5. AluminiumblecheUS-Exporte nach Deutschland (2017)60 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr7,5 %4,5 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %15 Mio. Euro Quelle: imago images
6. Yachten und BooteUS-Exporte nach Deutschland (2017) 35 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr0 - 2,7 %bis 1 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %9 Mio. Euro Quelle: dpa
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