Altersvorsorge Die Aktienrente darf nicht nur ein Wahlkampf-Gag sein

Die Aktienrente ist das große Prestigeprojekt der Liberalen. Quelle: dpa

Steht die Aktienrente vor dem Aus? Die FDP bemüht sich, die Meldung zu dementieren. Sie wäre auch schlicht eine Ohrfeige für die junge Generation. Ein Kommentar.

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Es ist eine Meldung, die die Börsen-Bubble der sozialen Netzwerke erzürnt: Die Aktienrente steht vor dem Aus! Der Staat habe wegen der hohen Kosten der Pandemie und des Krieges in der Ukraine kein Geld für die Aktienrente, berichtet die „Bild“-Zeitung. Schnell verteidigte Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, auf Twitter das Prestigeprojekt der Liberalen: Die Nachricht sei „totaler Quatsch“, die Aktienrente komme.

Eine Absage der Rentenpläne wäre auch ein absolutes Armutszeugnis für Deutschland. Seit zwei Jahren stehen die Geldschleusen im Kampf gegen die Coronapandemie offen. Und erst neulich machte die Politik kurzerhand weitere 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr locker.

Das ist alles verständlich. Mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro in einem ersten Schritt ist die Aktienrente dagegen ein Kleckerbetrag – und angesichts des demographischen Wandels ohnehin nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum Vergleich: 2020 hat die Rentenversicherung im Durchschnitt rund 25 Milliarden Euro für Renten ausgegeben – jeden Monat.

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Die zehn Milliarden Euro der Aktienrente sollen laut Plänen der Bundesregierung in diesem Jahr am Kapitalmarkt investiert werden. Drei Monate sind vergangen, und passiert ist noch nichts. Klar, die Ereignisse auf der Welt überschlagen sich gerade, die Politik muss reagieren.

Doch auch die Altersvorsorge ist kein bloßes Luxusproblem, dessen Lösung wir immer weiter in die Zukunft schieben können. Das wäre eine Ohrfeige an die junge Generation, die sich in der Rentenfrage von der Politik im Stich gelassen fühlt. Die Rentenlücke wächst von Jahr zu Jahr. Deutschland kommt nicht daran vorbei, die gesetzliche Rente um eine teilweise Kapitaldeckung zu erweitern.

Die Aktienrente darf nicht nur ein Wahlkampf-Gag sein. Es bedarf jetzt einer schnellen Umsetzung. Von der aktuellen Achterbahnfahrt an den Börsen sollten sich die Entscheidungsträger nicht abschrecken lassen. Die beginnende Zinswende, die Inflation und Kriegssorgen verunsichern Anleger zwar zu Recht. Und sicher sind die Zeiten vorerst vorbei, in denen Aktienkurse von Rekord zu Rekord schnellten.

Aber der Staat sollte sich ohnehin nicht als Casino-Zocker verstehen, der den schnellen Euro verdienen möchte. Das Geld der Bürger soll über einen langen Zeitraum angelegt werden. Wenn die Politik es ernst meint, endlich die starke Leistung unserer Volkswirtschaft für den kollektiven Vermögensaufbau zu nutzen, sollte sie nicht zögern.

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