Fürpaß: Es ist so, dass es große Indizes mit hunderten und tausenden Einzelpositionen gibt, die man kaum 1:1 darstellen kann. Da kommt es schon mal zu einer Abweichung, allerdings liegt diese bei unserem MSCI World ETF bei 0,08 Prozentpunkte, also deutlich unter der jährlichen Verwaltungsgebühr und die haben einen Drift. Aber der ETF auf den US-Index S&P 500 ist bei uns sogar besser als der Index. Ähnlich ist es beim Euro Stoxx 50, aber dies funktioniert zum Beispiel nicht beim Dax. Er ist ein so genannter Performanceindex, in den auch die Dividenden einfließen. Man bekommt aber nach Steuern als Anleger die Dividenden nicht zu 100 Prozent. Bei Preisindizes wie dem Euro Stoxx 50 können wir leichter eine Mehrrendite gegenüber dem Index bekommen, weil wir als Fonds die Dividenden wieder in das Fondsvermögen aufnehmen müssen und dem Anleger gutschreiben. Es gibt viele Studien, die nachweisen, dass die ETF immer effizienter werden und näher an ihre Benchmark-Indizes herankommen.
Wildwuchs herrscht bei dem Produktangebot. Jeder noch so kleine Markt wird mit ETF abgedeckt. Wird das nicht gefährlich?
Fürpaß: Es gibt rund 1400 ETF in Europa, aber Millionen an Zertifikaten. ETF sind viel selektiver, weil sie gesetzlich streng regulierte Fonds sind. Sie haben hohe Auflagen zur Transparenz wie etwa Jahresberichte und Kontrollen etwa durch Wirtschaftsprüfer. Da wird mehr selektiert als bei Zertifikaten. Bevor wir einen ETF neu auflegen, schauen wir uns immer an, wie viel Geld in dem Markt gehandelt wird und ob er liquide genug ist, so dass wir schnell bei den Indexpositionen aufstocken oder abbauen könnten. Wir haben uns etwa gegen einen Wandelanleihen-ETF entschieden, weil es dort die Liquidität nicht gibt. Langfristig kann der ETF nicht liquider sein als der Markt, den er abbildet.
von Wallwitz: Da mag es ja Liquiditätsstudien geben, aber die kann man, wenn alle Anleger zur selben Zeit aus derselben Tür rauswollen, in die Tonne treten. Es gab in den letzten 20 Jahren zweimal die Situation, dass Unternehmensanleihen etwa von Daimler oder BMW praktisch nicht mehr handelbar waren, nach er Lehman-Pleite und nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Auch die ETF sind dann nicht mehr handelbar. Die Gefahr ist jetzt eher größer geworden, weil die Banken sich aus dem Handelsgeschäft zurückgezogen haben und die EZB auch noch Anleihen aufkauft. Das wird uns um die Ohren fliegen – irgendwann.
Fürpaß: Jeder Anleger muss sich überlegen, ob er in diesen den Markt, den er gewählt hat, auch mit Einzeltiteln gehen würde und ob dieser auch in Stressphasen beweglich genug ist. Er sollte sich auch überlegen, ob er es zeitweise verkraften kann, nicht über sein Vermögen zu verfügen.
von Wallwitz: Anleihenmärkte tauen immer wieder auf und dann geht der Handel weiter, aber wenn es sich knubbelt, dann werden manche ETF älter aussehen als ein gemanagter Fonds, der immer eine gewisse Cashquote vorhält und diese, wenn er gut ist, rechtzeitig erhöht. Wir sind von Aufsicht gezwungen, drei Prozent liquide in der Kasse zu halten, obwohl wir auch liquide Aktien und Anleihen haben, aber bei den gemanagten Fonds ist die Aufsicht sehr streng.
Fürpaß: Wir unterliegen denselben Regularien und der gleichen Aufsicht wie aktive Fonds. Wir müssen keinen Cash vorhalten, haben aber externe Market-Maker, die für die Liquidität sorgen. Diese haben eine gewissen Puffer-Funktion.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
von Wallwitz: Die Market-Maker sind nur da, wenn die Börsenlage gut ist. Es wurden doch schon manche ETF vom Handel ausgesetzt, etwa als der griechische Markt geschlossen war oder in Russland mal nichts mehr ging.
Fürpaß: Mit den Problemen sind aber aktive Fonds ebenfalls konfrontiert. Als die griechische Börse über Wochen geschlossen war, konnten wir uns ja keine Aktienpreise ausdenken, wir müssen den ETF immer auf Basis der Aktienpreise bewerten und können keine Mondpreise stellen.