Mehr Sicherheit geht an den Finanzmärkten grundsätzlich mit einer geringeren Rendite einher – so weit, so gut. Tatsächlich passiert jedoch oft Folgendes: Wenn Aktien über mehrere Jahre einem Aufwärtstrend folgen, können Anleger mit dem Rebalancing diese gut laufende Assetklasse nicht genügend ausreizen. Schließlich wird das Geld mit Blick auf die Zielallokation regelmäßig wieder in die anderen Kapitalanlagen umgeschichtet. Anleger verkaufen ihre Aktien zu früh und investieren das Geld in weniger rentierliche Anlagen. Gewinne laufen lassen – Fehlanzeige.
Dieselbe Problematik entsteht auch, wenn Anleger den Value at Risk als Entscheidungsgrundlage für ihre Investition wählen. Bei diesem Konzept zur Bestimmung und Reduzierung des Risikos wird ermittelt, mit welchem Verlust Anleger auf Basis der bisherigen Schwankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit maximal rechnen müssen. Höhere Verluste sind also quasi ausgeschlossen, verspricht das Modell. Es wird insofern zur Steuerung des Risikos genutzt.
Doch weil das Modell auf der Schwankungsbreite (Volatilität) basiert, führt es dazu, dass Anleger bei einer steigenden Volatilität regelmäßig in fallende Kurse hinein verkaufen – völlig unabhängig davon, ob eine Trendwende am Markt dies tatsächlich gebietet und ob weitere Gewinnchancen winken könnten. Umgekehrt suggeriert eine niedrige Volatilität auf einem bereits hohen Kursniveau ein geringeres Risiko und verleitet zu Aktienkäufen zu einem Zeitpunkt, zu dem der größte Teil des profitablen Kursanstieges schon Geschichte ist.
Egal bei welcher Form der Anlage gilt daher: Entscheidend für den Erfolg einer Investition ist die richtige Zeit für den Ein- und Ausstieg beziehungsweise für die Umschichtung. Prognosefreie Anlagestrategien stoßen genau an diesem Punkt an ihre Grenzen.
Den Markt schlagen
Doch selbst mit dem Erfolgsgeheimnis Timing gelingt es nur wenigen Fondsmanagern und Privatanlegern mit den herkömmlichen Anlagestrategien, den Markt zu schlagen, wie zahlreiche Studien belegen. Die Frage ist: Was machen die, denen dies gelingt, anders?
Eine Möglichkeit ist, die Veränderungen der Gesamtumstände an den Finanzmärkten zu beobachten und darauf basierend Investitionsentscheidungen zu treffen. Denn es ist hinlänglich bewiesen, welch enorme Auswirkungen diese haben können: Der ehemalige Chef der US-Notenbank Ben Bernanke hat beispielsweise mit seinen Forschungsergebnissen belegt, dass die Zinsstrukturen (also das Verhältnis langfristiger zu kurzfristigen Zinsen) sehr zuverlässige Hinweise auf eine bevorstehende Rezession beziehungsweise einen Wirtschaftsaufschwung geben – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Unternehmen und ihre Aktien.
Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman hat nachgewiesen, dass die Entwicklung des US-Dollars großen Einfluss auf die Entwicklung von Unternehmen und Volkswirtschaften weltweit hat. Und auch meine Börsenforschung in den vergangenen 30 Jahren hat bestätigt, wie wichtig die Berücksichtigung der Gesamtumstände für einen Investitionserfolg ist.