Erst wenn alle Erben aufgefunden sind, sei es von einem vom Gericht eingesetzten Nachlasspfleger, sei es vom Erbenermittler, wird ein Erbschein beantragt. Danach kommt die Bank ins Spiel. Wissen Erben nicht, bei welchem Institut das Vermögen des Verstorbenen lagert, können sie bei den Bankenverbänden nachfragen. Allzu viel dürfte dabei aber nicht herauskommen. Beim Bundesverband deutscher Banken können Erben in maximal drei Bundesländern suchen lassen. „Wir prüfen, das Suchverfahren auf alle Bundesländer auszuweiten“, so der Verband auf Nachfrage. Der Verband Öffentlicher Banken (VÖB), in dem beispielsweise die Landesbanken organisiert sind, hat die Suche dagegen vor Kurzem ganz eingestellt. Zu aufwendig, heißt es in einem Brief des Verbands an Justizminister Heiko Maas.
Selbst wenn alle Konten bekannt und alle Erben gefunden sind, können sich die Nachkommen das Geld aber nicht direkt überweisen lassen. „Banken machen es den Erben teilweise sehr schwer“, sagt Wolf-Mohr. Die Commerzbank etwa verlange zumeist eine durch die eigenen Filialmitarbeiter beglaubigte Kopie des Personalausweises. Wer sich die Beglaubigung bei einer anderen Bank organisiert hat, werde abgewiesen. In Fällen wie dem von Otto Beier, bei dem rund 20 Erben aus dem In- und Ausland zunächst ihre Unterlagen beglaubigen lassen müssen, können so Monate verstreichen.
Einige stille Schätze werden wohl auch mithilfe eines Registers nicht zu heben sein. „Manchmal taucht das Vermögen nur durch Zufall wieder auf“, berichtet Erbenermittlerin Wolf-Mohr. So auch in einem Fall in Nordrhein-Westfalen. Ein Nachlassverwalter fand in einem Altenheim Bankunterlagen und fragte dort nach den Konten einer verstorbenen Dame. Die Bank erinnerte sich an die Kundin, er erhielt eine Auflistung mit ihren Konten und Depots. Ein Schließfach war nicht darunter.
So viele Deutsche erben mehr als 100.000 Euro
Bundesweit erhalten durchschnittlich 16 Prozent der deutschen Erben mehr als 100.000 Euro. Aber zwischen Ost- und West sowie den Bundesländern gibt es große Unterschiede.
Quelle: Quirin Bank, YouGov, Stand: April 2017
Erhebungszeitraum: 12.04.2017 - 25.04.2017; immer bezogen auf jene, die bereits geerbt haben (bundesweit 35 Prozent der Deutschen)
In Westdeutschland wurde in der Vergangenheit in 19 Prozent der Fälle ein Vermögen von mehr als 100.000 Euro vererbt. Vor allem Immobilien treiben hier die Erbschaften in die Höhe.
In Ostdeutschland wurden deutlich seltener Immobilien vererbt, auch fällt der Nachlass generell oft geringer aus als im Westen. Nur sieben Prozent der Ostdeutschen Erben konnten sich über einen Nachlass von mehr als 100.000 Euro freuen.
Auch zwischen den Bundesländern zeigen sich große Unterschiede. Im nördlichsten Bundesland lag der Anteil hoher Erbschaften bei zwölf Prozent.
In Hamburg ist deutlich höherer Wohlstand anzutreffen. 21 Prozent der Hamburger erben mehr als 100.000 Euro.
17 Prozent der niedersächsischen Erben bekommen mehr als 100.000 Euro.
Hohe Summen bekommen auch viele im verschuldeten Bremen: 20 Prozent der Bremer erben mehr als 100.000 Euro.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland liegt der Anteil hoher Erbschaften bei 16 Prozent.
Mehr hohe Erbschaften gibt es in keinem anderen Bundesland: Mehr als 100.000 Euro erben 24 Prozent.
17 Prozent der Erben in Rheinland-Pfalz erhielten einen Nachlass von mehr als 100.000 Euro. Fast jeder zweite erbte eine Immobilie - häufiger als in jedem anderen Bundesland.
20 Prozent, also jeder fünfte Erbe in Baden-Württemberg, konnte sich über einen Nachlass von mehr als 100.000 Euro freuen.
Nur in Hessen gibt es mehr hohe Erbschaften. 22 Prozent der hessischen Erben bekommen einen Nachlass im sechsstelligen Bereich.
Schlusslicht im Westen: Nur zehn Prozent der Erbschaften im Saarland liegen über 100.000 Euro.
Arm, aber sexy, scheint in Berlin noch immer zu gelten: Nur acht Prozent erben in Berlin sechsstellig.
Ähnliches Bild im Berliner Umland: Neun Prozent der Erben in Brandenburg erhalten einen Nachlass von mehr als 100.000 Euro.
Acht Prozent der Erben in Mecklenburg-Vorpommern einen Nachlass im Wert von mehr als 100.000 Euro einstreichen.
Die weit geringere Zahl vererbter Immobilien macht sich in Ostdeutschland bemerkbar. Nur sechs Prozent Erbschaften erreichen einen Wert von 100.000 Euro und mehr.
Die niedrigsten Erbschaften verzeichnet Sachsen-Anhalt: Gerade mal fünf Prozent bekommen mehr als 100.000 Euro.
In Thüringen erhalten sieben Prozent aus dem Nachlass mehr als 100.000 Euro.
Was der Nachlassverwalter nicht wusste: Die Filiale, bei der die Verstorbene ihr Geld verwahrte, musste erst kürzlich schließen. Die Konten wurden fortan von einer neuen Filiale geführt, ebenso die Schließfächer. Unter den Augen eines Notars wurden die Schließfächer im Keller ausgebaut und mit großem Aufwand in die neue Filiale transportiert. Auch das Schließfach der Verstorbenen wechselte vorschriftsmäßig seinen Standort.
Verloren ging es erst, als die Mitarbeiter der neuen Filiale die Namen der Schließfachbesitzer in ihr System übertrugen. Ein Buchstabendreher im komplizierten Nachnamen der Dame reichte aus, um die Verbindung zwischen Schließfach und Verstorbener zu kappen. Erst viel später bemerkten die Banker durch Zufall den Fehler. Die Erben der Verstorbenen dürften sich über die zutage tretenden Goldmünzen im Wert von 50 000 Euro umso mehr gefreut haben.