EZB-Direktorin und Notenbankchefs Auf diese Wertpapiere setzen Europas Top-Notenbanker

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Isabel Schnabel: sachverständige Investorin

Bei den Aktien streut Schnabel das Geld weltweit. Angefangen mit US-Techriesen wie Apple, Amazon und der Google-Mutter Alphabet beweist Schnabel auch Trendgespür mit Aktien wie Facebook, Snap (verantwortlich für Snapchat, den beliebten Zeitvertreib für Jugendliche) sowie dem Musikstreamingdienst Spotify. Mit Teamviewer hat Schnabel offenbar frühzeitig zudem auf ein deutsches Unternehmen gesetzt, das jetzt stark von den Heimbüro-Aktivitäten in Coronazeiten profitiert. Mit Alibaba hat sie den chinesischen Allrounder im Onlinehandel-, banking und Social-Media-Geschäft im Depot. Auch viele Aktien heimischer Dax-Unternehmen wie BASF und Bayer, Fresenius und Daimler hält Schnabel.

Ein Blick in ihr Depot ist momentan nicht unbedingt erfreulich, aber angesichts des brutalen Stopps in der Wirtschaft auch keine Katastrophe. Denn US-Technologieaktien haben sich in dieser Krise erstaunlich gut wieder erholt, der Technologieindex Nasdaq steht schon wieder über dem Jahresstartpunkt. Und mit Aktien wie Nestlé sowie den Pharmariesen Novartis und Sanofi sind auch manche sehr stabile Positionen in Schnabels Depot, die Krisen gut überstehen. Für Toyota, Walt Disney sowie den US-Spielzeugriesen Hasbro gilt das nicht, sie leiden unter den Lockdowns weltweit und den schwachen Konjunkturaussichten und haben zeitweise ein Drittel ihres Wertes eingebüßt.

Tech-Werte, Dividendentitel und günstige ETFs

Schnabel sagt von sich selbst, dass sie schon immer abenteuerlustig war – und so ist auch das Depot zusammengestellt: aus defensiven Standardwerten und manchen kleineren Angreifern. Ein finanzieller Reinfall in der Schulzeit bei dem sie 500 Mark versenkt hat, war ihr offenbar eine Lehre. „Man sollte nichts tun, was man nicht versteht“, sagte sie einst in einem Interview.

Schnabel hat zudem offenbar ein Faible für günstige börsengehandelte Indexfonds, so genannte ETFs. Mit ihren ETF-Investments setzt sie auf gängige Indizes wie den MSCI-Welt-Aktienindex sowie das Pendant für Unternehmen aus Schwellenländern, den MSCI-Emerging-Markets ETF, beide sind von iShares, der ETF-Marke des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock.

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Darüber hinaus hält sie einen Schwellenländer-Aktien-ETF vom US-Anbieter Vanguard und einen Vanguard-ETF, der aus Aktien besteht, deren Kurse weniger stark schwanken sollen, wie die Aktien in herkömmlichen Indizes. Diese Art von ETF wird als Smart-Beta-ETF bezeichnet, der volle Name ist Vanguard Global Minimum Volatility ETF. Im Vergleich zum traditionellen MSCI-Welt-Aktienindex hat er manchen Kursverlust besser überstanden, die aktuelle Coronakrise allerdings nicht. Einem Minus beim Vanguard-ETF von zwölf Prozent steht ein Minus im laufenden Jahr von nur neun Prozent beim MSCI-Welt-Aktienindex gegenüber, der auch in drei Jahren pro Jahr mit 5,1 Prozent Plus pro Jahr den Minimum-Volatility-ETF (2,1 Prozent pro Jahr) deutlich übertrumpft. Allerdings hält der manchem Kurseinbruch seit 2016 etwas besser Stand. Langfristig also könnte sich das Engagement durchaus noch lohnen.

Auch der mit rund 17 Milliarden Euro größte Aktienfonds im Euroland, der DWS Top Dividende steckt in Schnabels Depot. Gelenkt wird das riesige Portfolio bereits seit mehr als einem Jahrzehnt von dem promovierten Atomphysiker Thomas Schüssler. Eine gute Dividendenrendite ist ein Auswahlkriterium bei der Suche nach vielversprechenden Unternehmen, und die Dividende kam den Anlegern dann in Form ordentlicher Ausschüttungen zugute. Der Dividenden-Trend ist beliebt, hat aber jetzt in der Coronakrise gelitten, da viele Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit Dividenden streichen mussten.

Fazit: Schnabels Depot ist eigentlich gut gemischt. Aktien sind transparente, günstige und langfristig meist lukrative Investments, die Schnabel noch um günstige und breit gemischte ETF ergänzt. Auch bei einem ETF für US-Staatsanleihen, die in ein bis drei Jahren zurückgezahlt werden, setzt Schnabel auf ein iShares ETF. Weniger abenteuerlustige Anleger würden vermutlich mehr Anleihen im Depot bevorzugen. Doch erstens ist auch Schnabels Zukunft mit guten Pensionen als Professorin und EZB-Direktorin finanziell sicher. Zweitens sind Anleiheninvestments für Schnabel ein Problem. Die EZB gehört inzwischen zu den größten Käufern europäischer Anleihen und Schnabel verteidigt das Mandat der EZB. Würde sie in Zinspapiere aus der Eurozone investieren könnte sie an den EZB-Käufen verdienen, weil die Anleihenkurse im Depot steigen. Dass sie beim ETF auf einen Index mit US-Staatsanleihen ausweicht, ist clever.

ETFs von Blackrock sind bei Weidmann & Co. beliebt

Sehr übersichtlich und unauffällig ist das Depot von Bundesbank-Chef Jens Weidmann: Zwei ETF hat er im Depot, einen Dax-ETF mit den 30 Aktien aus dem deutschen Standardwerteindex und einen ETF für weltweite Aktien im MSCI Welt. Beide ETFs stammen aus heimischer Produktion von der DWS-ETF-Marke Xtrackers. Eine gute Wahl. Xtrackers ist die Nummer zwei am europäischen Markt, der aber dominiert wird von Blackrocks iShares, die sich in vielen Depots finden.

Der Bestseller in vielen Depots der EZB-Lenker ist Blackrock. Auch der zypriotische Zentralbankchef Constantios Herodotu hält gleich drei Blackrock-iShares ETF für US-Aktien, Brasilien und britische Aktien, zudem sind in seinem Depot die britischen Fondshäuser Fidelity International, L&G sowie M&G mit Fonds für Asien, Japan, Dividendenaktien und China vertreten. Der bunte Mix ist sehr global verteilt, ans Herz gewachsen scheinen dem Zentralbanker kleine britische Unternehmen, denn dafür gibt es gleich zwei aktiv gemanagte Fonds im Depot. Um deren Zukunft scheint er sich trotz Brexit keine Sorgen zu machen.

Blackrock ist auch an anderer Stelle Thema: Gerade erst hat die EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen an den US-Riesen ein prestigeträchtiges Beratermandat vergeben. Ausgerechnet die Amerikaner sollen die EU-Kommission dabei beraten, wie Nachhaltigkeitsaspekte im Bankensektor künftig berücksichtigt werden könnten. Obwohl es neun andere Bewerber gegeben habe, bekam Blackrock den Zuschlag. Umweltorganisationen laufen dagegen Sturm, da Blackrock für sie als einer der größten Investoren in fossile Energieunternehmen, Waffenschmieden sowie Banken ein rotes Tuch ist. Um die 100 Organisationen haben wegen massiver Interessenkonflikte von Blackrock ein Abrücken von dem Vertrag gefordert.

Für Ursula von der Leyen könnte sich eine erneute Berateraffäre anbahnen, nachdem sie sich als Verteidigungsministerin wegen Beraterverträgen vielkritisiert wurde. Da auch heimische Anbieter aus Deutschland oder Frankreich ETFs in vielen Facetten anbieten, müssten die EZB-Lenker nicht stets auf die Amerikaner zurückgreifen.

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