Inflation und die damit verbundene Unsicherheit um zukünftige Zinsentwicklungen, eine Energiekrise in Europa und Chinas stotternde Erholung sorgen für anhaltende Volatilität. Gleichzeitig hat der Markt bereits Einiges vorweggenommen. So ist die Positionierung unter institutionellen Anlegern vorsichtig, ein gewisser Investitionspessimismus allgemein weit verbreitet und die Bewertungen sind bereits so stark gesunken, dass sie mittlerweile einen Gewinnrückgang von bis zu zehn Prozent einpreisen.
In diesem Umfeld empfehle ich, investiert zu bleiben, die Volatilität zu nutzen und sinnvoll zu diversifizieren. Dies ist kein Umfeld, in dem man sich für ein bestimmtes Szenario zu stark positionieren sollte. Aber es ist eines, in dem sich Portfolios durch das Setzen von Akzenten innerhalb der Anlageklassen deutlich robuster gestalten lassen.
Erstens empfiehlt es sich, das Engagement auf Teile des Marktes zu konzentrieren, die bei einer sich verlangsamenden Wirtschaftsaktivität widerstandsfähiger sein sollten. Innerhalb von Aktien umfasst dies relativ attraktiv bewertete defensive Sektoren wie Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter sowie qualitativ hochwertige Dividendentitel. Gerade in Europa sollten Letztere im Fokus liegen. Im Rentenbereich sollten Anleihen mit guter Bonität in den Vordergrund rücken. Meiner Meinung nach ist diese fast schon vergessene Anlageklasse immer noch bei vielen Anlegern zu stark unterrepräsentiert.
Nominale Renditen reflektieren bereits weitere Zinsschritte durch die Zentralbanken und sind verhältnismäßig attraktiv. Und falls die Wirtschaft und/oder die Inflation sich deutlich stärker abschwächen sollten, als viele erwarten, könnten diese Zinserhöhungen gar nicht erst zustande kommen und Kursgewinne die Gesamtrendite zusätzlich erhöhen. Unter den Währungen ist weiterhin der US-Dollar und vor allem der Schweizer Franken als sicherer Hafen zu bevorzugen. Der Franken sollte von einer Kombination aus relativ niedriger Inflation, einer Zentralbank mit der Bereitschaft und Fähigkeit zu weiteren Straffungen der Geldpolitik, hohen Reserven, einem niedrigeren Verschuldungsgrad und einer starken Leistungsbilanzposition profitieren.
Der britische Aktienmarkt ist günstig bewertet
Zweitens sind weiterhin Substanzwerte gegenüber Wachstumsaktien zu bevorzugen. Sie sollten sich in einem Umfeld erhöhter Inflation und höherer Zinsen weiterhin besser entwickeln. Dies hat auch Auswirkungen auf die regionalen Präferenzen. Hier sticht immer noch der britische Aktienmarkt hervor. Dieser weist einen hohen Anteil an Substanzwerten auf und ist immer noch günstig bewertet. Und aufgrund des hohen ausländischen Umsatzanteils (mehr als 70 Prozent beim Leitindex) profitiert er von der Schwäche des Pfunds. Auf Sektorenebene gefallen weiterhin Energiewerte. Annahme ist, dass dieser Sektor in den kommenden Quartalen von einer weiteren Erholung der Ölpreise profitieren sollte.
Drittens kann die Diversifizierung in alternative Anlagen Anlegern helfen, die Marktunsicherheit zu meistern. Hedgefonds waren in diesem Jahr ein seltener Lichtblick, wobei einige Strategien besonders gut abschnitten. Während einige Private-Equity-Fonds aufgrund sinkender Bewertungen von Wachstumsaktien in diesem Jahr wahrscheinlich die Schätzungen des Nettoinventarwerts nach unten korrigieren werden, war es in der Vergangenheit eine lohnende Strategie, frisches Kapital in diesem Bereich hinzuzufügen, nachdem die Bewertungen der öffentlichen Märkte gesunken waren.
Zu guter Letzt bietet der Übergang zu einem stärkeren Fokus auf Sicherheit weiterhin attraktive langfristige Anlagechancen. Pläne zur Verbesserung der Energiesicherheit, der Umweltsicherheit, der Nahrungsmittelsicherheit und der Cybersicherheit dürften in den kommenden Jahren zu den wichtigsten langfristigen Wachstumstreibern gehören und Investitionen in Bereichen grüner Technologie bis hin zu Lösungen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität unterstützen.
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