Kryptobetrug FTX-Gründer gerät weiter unter Druck: Ex-Manager bekennen sich schuldig

Der FTX-Gründer Sam Bankman-Fried wurde an die USA ausgeliefert. Quelle: REUTERS

Zwei ehemalige FTX-Manager bekennen sich wegen Betrugs schuldig. Gründer Sam Bankman-Fried wurde indes an die USA ausgeliefert. Dort will die Justiz nun klären, ob er den größten Kryptobetrugsskandal der letzten Jahre orchestriert hat.

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Dass einer der reichsten Amerikaner und einflussreichsten Unternehmer der jungen Finanzwelt bald in Polizeigewahrsam sitzen würde, hätte vor sechs Wochen wohl kaum jemand gedacht: Anfang vergangener Woche wurde Sam Bankman-Fried in seiner Wohnanlage am Rande von Nassau, der Hauptstadt der Bahamas, festgenommen. Am Donnerstag wurde der Gründer und ehemalige Chef der insolventen Kryptobörse FTX in die USA ausgeliefert. Gegen eine Kaution von 250 Millionen Dollar darf der 30-Jährige die Zeit bis zum Prozessbeginn im Zuhause seiner Eltern im kalifornischen Palo Alto verbringen.

Auch zwei ehemalige Top-Manager aus seinem Umfeld haben sich des Betrugs schuldig bekannt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Gary Wang, der ehemalige Technologie-Vorstand von FTX, und Caroline Ellison, die ehemalige Chefin des Krypto-Hedgefonds Alameda Research, wollen mit den Strafverfolgern kooperieren und bei der Aufklärung helfen. Am 11. November hatte Bankman-Fried Insolvenz für die Unternehmen des FTX-Imperiums angemeldet und war vom Vorstandsposten zurückgetreten. Innerhalb weniger Tage war die Handelsplattform wegen enormer Mittelabflüsse kollabiert.

Mit ihrem Schuldeingeständnis steht Gründer Bankman-Fried noch mehr unter Druck. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft haben es in sich: Verschwörung zu Wertpapierbetrug und Geldwäsche – also schwerwiegende Verstöße, die den einstigen Kryptostar womöglich für viele Jahre ins Gefängnis bringen. Laut Experten liegt das höchste Strafmaß bei 115 Jahren.

Zwischen dem Kollaps der Kryptobörse und der Anklageerhebung verging nur ein knapper Monat. „Dass die Anklage so früh erhoben wurde, obwohl dies nicht nötig gewesen wäre, zeigt mir, dass die Staatsanwaltschaft über unglaublich schlagkräftige Beweise verfügt“, sagte Gene Rossi, ein ehemaliger Bundesstaatsanwalt, der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die rasche Anklage führt er darauf zurück, dass die Justiz wohl „ernsthaft besorgt“ gewesen sei, Bankman-Fried könne untertauchen. Immer wieder kursierten Gerüchte, er sei nach Argentinien geflüchtet. Bankman-Fried hatte mehrfach Freilassung auf Kaution beantragt – vergeblich. Wang und Ellison hingegen wurden gegen eine Kaution von 250.000 Dollar freigelassen.

Sam Bankman-Fried hat den größten Krypto-Skandal der letzten Jahre zu verantworten. Nun trat er am Mittwoch das erste Mal nach dem Fall seiner Kryptobörse FTX öffentlich auf – und weist Anschuldigungen zurück.
von Philipp Frohn

Größter Kryptoskandal der letzten Jahre

In den USA laufen bereits diverse Ermittlungen und Sammelklagen gegen Sam Bankman-Fried, den ehemaligen Chef der einst drittgrößten Kryptobörse der Welt. Darüber hinaus hat die US-Börsenaufsicht SEC zivilrechtliche Klagen erhoben. „Wir beschuldigen Sam Bankman-Fried, ein Kartenhaus auf Schwindeleien aufgebaut zu haben“, verkündete der Chef der US-Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, am Dienstag in Washington.

Die Rolle Bankman-Frieds könnte äußerst unrühmlich sein. Er soll versucht haben, mit FTX-Einlagen seinen ebenfalls kriselnden Hedgefonds Alameda Research zu retten, sich an Kundengeldern bereichert und Ferienimmobilien im Wert von 120 Millionen Dollar gekauft haben. Wenn die Vorwürfe stimmen, hätte er den größten Kryptobetrugsskandal der letzten Jahre orchestriert und nicht nur, wie er zuletzt immer wieder erklärte, lediglich den Überblick über sein Krypto-Imperium verloren. Fest steht: In den Bilanzen klafften acht Milliarden Dollar große Löcher.

Krypto-ABC: Die wichtigsten Begriffe verständlich erklärt

Die strafrechtliche Aufarbeitung soll nun Gewissheit darüber bringen, ob Bankman-Fried und Co. vorsätzlich Kunden um Milliarden Dollar gebracht haben – oder ob sie die Kryptobörse aus Versehen gegen die Wand gefahren haben. Der Ex-FTX-Chef jedenfalls beteuerte jüngst: „Ich habe nie versucht, Betrug an jemandem zu begehen.“ Bei einer Konferenz der New York Times präsentierte er sich reumütig und betonte, dass den Verantwortlichen FTX über den Kopf gewachsen sei. „Wir haben komplett versagt“, sagte er während einer Live-Schalte.

Auch die Politik verlangt Erklärungen vom einstigen Krypto-Wunderkind, das noch im Sommer andere kriselnde Kryptounternehmen mit Krediten unterstützte. An diesem Dienstag sollte Bankman-Fried eigentlich per Videokonferenz vor dem US-Kongress aussagen. Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses wollten ihn dazu befragen, wie es zum Kollaps von FTX kommen konnte. Aufgrund der Festnahme dürfte der Termin nun geplatzt sein.



„Komplettes Versagen“

Im Vorfeld hatte Bankman-Fried bereits angezweifelt, wie gewinnbringend seine (digitale) Anwesenheit vor dem Kongress sein würde. Es gäbe eine „Grenze für das, was ich sagen kann, und ich werde nicht so hilfreich sein, wie ich es gerne wäre“, schrieb er kürzlich auf Twitter.

Nun soll der neue Chef der Kryptobörse, John Ray, an diesem Dienstag vor dem Kongress aussagen – und er dürfte wohl schwere Vorwürfe gegen Bankman-Fried erheben. „Noch nie in meiner Karriere habe ich solch ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzinformationen erlebt“, sagte er jüngst. Vergleichswerte hat der Restrukturierungsexperte genug. Vor 20 Jahren wickelte er die Milliardenpleite des Energiekonzerns Enron ab.

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Mit Agenturmaterial
Dieser Artikel erschien erstmals am 13.12.2022 und wurde aktualisiert.

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