Missglückte PR-Aktion Savedroid düpiert Anleger und Geschäftspartner

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt prüft nach einer extremen Werbekampagne ein Ermittlungsverfahren gegen das Kryptowährungs-Start-up Savedroid. Quelle: Screenshot

Savedroid hat Medien und Anleger genarrt, um vor Finanz-Betrug zu warnen. Doch das junge Unternehmen dürfte einen hohen Preis für seine umstrittene Aktion zahlen.

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Chefs von Finanz-Start-ups verstehen es meisterhaft, Aufmerksamkeit auf ihr Unternehmen zu lenken. Savedroid-Gründer Yassin Hankir ist da keine Ausnahme. Allerdings schaffen nur wenige, was ihm gelungen ist: nämlich über Nacht zum Tischgespräch zu werden. Doch der Preis, den er und sein Unternehmen dafür wohl zahlen werden, dürfte hoch sein.

Savedroid ist nach dem vorgetäuschten Abtauchen wieder am Netz und rechtfertigt sich in einem Video für sein rätselhaftes Verschwinden, das sogar an einen Finanzbetrug glauben ließ.

Das war auch so beabsichtigt. Hankir entschuldigt sich nun in einem mit Loungemusik untermalten Video für die drastische Aktion, die seinen Nutzern und Anlegern eine schlaflose Nacht bereitet hat. Er habe damit nur auf Defizite bei der Finanzregulierung hinweisen und auf diesem Weg für bessere Regeln zum Schutz von Anlegern in Kryptowährungen beitragen wollen. Savedroid hatte durch die Ausgabe sogenannter Tokens Anlegergeld eingesammelt. Bei den Einnahmen ist von bis zu 40 Millionen Euro die Rede, was doppelt so viel wäre wie die Bewertung, die Savedroid bei einer klassischen Finanzierungsrunde Anfang April 2017 erzielt hat.

Für bessere Regulierung zu werben, kann ein ehrenwertes Ziel sein. Doch ist es rücksichtslos, dabei Anleger und Geschäftspartner zu düpieren. Auch die Konkurrenz fühlt sich in den Schmutz gezogen, weil das Verhalten auf die gesamte FinTech-Branche ausstrahle.
Einige der wichtigen Geschäftspartner von Savedroid wollen nach der aus dem Ruder gelaufenen PR-Aktion jetzt erst mal in Ruhe über Konsequenzen nachdenken. Die Bank Frick, die die Coin-Emission von Savedroid abgewickelt hat, hat sich laut einem Tweet bestürzt geäußert und beteuert, dass das von ihr verwahrte Geld aus dem Savedroid-ICO sicher sei.

„Wir sind erzürnt, weil auch unser Ruf geschädigt wurde“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. „Wir prüfen, rechtlich gegen Savedroid vorzugehen.“ Die Privatbank mit Sitz in Liechtenstein betreut das Konto, auf dem 3,7 Millionen Euro Anlegergeld aus dem ICO liegen. Savedroid darf erst darauf zugreifen, wenn die Bank das Geld freigibt. Frick hat im vergangenen Jahr bereits ein Dutzend ICOs begleitet.

Auch von Wirecard, dem Bankdienstleister von Savedroid, hört man, dass die Sparkonten der Savedroid-Kunden sicher seien. Hier geht es nicht um das ICO-Anlegergeld sondern um die mit der Spar-App erzielten Guthaben. Auch mit diesem Geld könne sich keiner einfach so aus dem Staub machen. Wirecard dürfte daher alles anders als amüsiert über den derben Scherz gewesen sein.

Wegen der Verwirrung nach seinem Abtauchen hatte Savedroid sogar Besuch von der Polizei. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt prüft, ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges oder anderer Straftaten gegeben ist. Das kann ein Unternehmen überhaupt nicht brauchen, PR hin oder her.
Savedroid vertreibt eine kostenlose App für das Mobiltelefon, die Nutzer beim Sparen in Alltagssituationen unterstützen soll. Das von Wagniskapitalgebern finanzierte Unternehmen hat bei seiner ICO-Emission auch Anlegergeld eingesammelt. Die Anleger zahlten in gängiger Währung oder in Kryptowährung, um dafür von Savedroid bereitgestellte Token zu erhalten.

Diese Token sind digitale Münzen, mit denen Kunden für die von Savedroid erbrachten Dienstleistungen zahlen können. Welche Dienste das sein sollen, ist noch nicht ganz klar, schließlich ist die Nutzung der Spar-App kostenlos. Savedroid will allerdings sein Geschäftsmodell erweitern.

Von den verunsicherten Kunden hat sich offenbar keiner bei der Finanzaufsicht Bafin beschwert. Die Behörde wäre auch gar nicht zuständig, da Savedroid nicht von ihr beaufsichtigt wird. Zum Schutz von Anlegern schlägt Hankir eine von Savedroid erstellte Checkliste vor, mit der ICOs auf ihre Seriosität geprüft werden könnten.

Einen Wertpapierprospekt für die Emissionen wie bei Börsengängen will Hankir übrigens nicht. Das wäre zu teuer für die Start-ups und würde keine Betrügereien verhindern.

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