Rentable Bausparverträge Bausparer dürfen weiter hohe Zinsen kassieren

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Wie ist die Situation an Oberlandesgerichten?

Nach der Klageflut an Amts- und Landgerichten sind nun auch Oberlandesgerichte am Zug, etwa in Hamm, Celle, München und Stuttgart. Nach Auskunft des Verbandes Privater Bausparkassen gab es bisher 24 schriftliche OLG-Entscheidungen, alle zugunsten der Kassen. Es zeichne sich „ein immer eindeutigeres Bild ab“, sagt Wüstenrot-Sprecher Immo Dehnert.

Am OLG Celle wurde kürzlich entschieden, dass das Kündigungsrecht der Bausparkassen legitim ist. Es lägen noch weitere Verfahren mit ähnlichem Sachverhalt vor, sagte eine Sprecherin. Zwar sei jedes Verfahren ein Einzelfall. „Wenn es aber um gleiche Rechtsfragen mit den gleichen Tatsachen geht, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Gericht an seiner Rechtsauffassung festhält.“

Ist schon eine Entscheidung gefallen?

Am Mittwoch hat das Oberlandesgericht Stuttgart als erstes Berufungsgericht zugunsten einer Bausparkundin entschieden. Die Bausparkasse Wüstenrot habe kein Recht, den Vertrag zu kündigen, erklärte Richter Thomas Wetzel in Stuttgart. "Der Vertrag ist fortzusetzen." Wüstenrot, Deutschlands zweitgrößte Bausparkasse, hatte gekündigt, weil die Kundin ihre das angesparte Geld seit 22 Jahren auf dem Konto liegen ließ und drei Prozent Zinsen einstrich, statt das Darlehen abzurufen.

Wüstenrot hatte argumentiert, der Vertrag sei mehr als zehn Jahre nach der Zuteilungsreife kündbar. "Wir teilen diese Auffassung nicht", sagte Richter Wetzel. Die Bausparerin müsse auch weiterhin die Möglichkeit haben, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sich das derzeit bei einem Zins von fünf Prozent nicht rechne. Die Zehnjahresfrist greife erst, sobald das Darlehen vollständig zugeteilt sei. Auch das gesetzliche Kündigungsrecht, auf das sich Wüstenrot berief, gelte nicht. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn die Bausparkasse die Sparerin aufgefordert hätte, weiter Beiträge zu zahlen, und diese der Forderung nicht nachgekommen wäre.

Wüstenrot werde nun eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof prüfen, erklärte deren Anwalt Herve Edelmann. "Entschieden werden muss es vom BGH", sagte der Richter. Dass der BGH den Bausparern Recht gibt, wäre aus Sicht der Hohenheimer Juraprofessorin Christina Escher-Weingart möglich, schließlich habe es vor Gerichten und in Fachaufsätzen unterschiedliche Urteile und Meinungen gegeben.

Escher-Weingart hält die Kündigungen aber für legitim. Beim Bausparen gehe es auch um den Solidargedanken, dass es also Sparer und Darlehensnehmer unter den Bausparkassen-Kunden gebe. Gebe es nur Sparer, werde das Kollektivkonzept unterhöhlt. Der Abschluss einer langfristig verzinsten Geldanlage sei immer auch „eine Wette auf die Zinsentwicklung der Zukunft“. Diese Wette haben die Altvertrags-Kunden gewonnen und daraus seit vielen Jahren Gewinne eingefahren - dass dies ewig so weitergehe, sei keineswegs Bestandteil der Wette gewesen, so die Juristin.

Aber: Sollten Bausparkassen mit hochverzinsten Daueranlagen geworben haben, wäre das etwas anderes - dann hätten die Sparer aus Sicht der Professorin bessere Chancen, in Karlsruhe Recht zu bekommen.

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