Wahlen in Italien Regierung und Schuldenberge lassen Investoren kalt. Noch.

Die Börse in Mailand Quelle: imago

Egal, wie die Wahlen ausgehen, Großinvestoren lassen das hochverschuldete Land nicht im Stich, weil EZB und ESM ihr Sicherheitsnetz spannen. Nicht alle darüber begeistert. Welche Szenarien Investoren erwarten.

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Auch den Monat März beginnt der Dax mit einem Minus. Anfang Februar war der Aktienindex stark abgestürzt. Nun ging es auch in den ersten Märztage um rund 4,5 Prozent abwärts. Und nun blicken Anleger mit Argusaugen auf die Italienwahl. Noch vor einem Jahr, als in Frankreich gewählt wurde, wäre die Unsicherheit rund um die Wahl für den Kursrutsch verantwortlich gemacht worden. Aber die Italienwahl ist anders. Nicht sie, sondern die Sorge vor steigenden Zinsen in den USA wird aktuell von Börsianern als Grund für Aktienverkäufe genannt. 

Der Wahlausgang ist für die meisten Großinvestoren kein allzu bedeutender Event, weil sie nicht damit rechnen, dass es kurzfristig Turbulenzen geben könnte. Komisch eigentlich, denn das Land hat einen unglaublichen Schuldenberg von 2265 Milliarden Euro aufgetürmt und ist mit 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) unter den relevanten Schuldenkönigen weltweit hinter Japan und Griechenland die Nummer drei. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Reformfreudigkeit gering. Was macht die Marktteilnehmer sicher, dass eine Eurokrise ausbleibt?

-         Nahezu alle Parteien in Italien sind ziemlich eurofreundlich gestimmt. Auch wenn sie in ihren Programmen teilweise noch andere Töne anschlagen, waren die Aussagen zuletzt doch versöhnlicher. Dass der Wahlausgang eine neue Eurokrise auslösen würde und italienischen Staatsanleihen auf Talfahrt schicken könnte, erwartet deshalb niemand. „Die in den Umfragen vorne liegende ehemalige Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung in Italien hat sich weiter entwickelt und ähnelt damit heute eher den etablierten Parteien“, sagt Christian Kempe, Fondsmanager bei Do Investment, die unter anderem Stiftungsgelder verwaltet und zur Unternehmensgruppe von Silvius Dornier gehört.

-          Großinvestoren sind trotz des Schuldenbergs immer noch bereit, Italien zu Minirenditen Anleihen abzukaufen. Die meisten Großanleger wischen Bedenken zur Kreditwürdigkeit beiseite. Denn die EZB kauft Italienanleihen und das Land steht unter dem Schutzschirm des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Der ESM gibt günstig Anleihen an den Markt und finanziert damit Italien. Anleger haben solange wenig zu befürchten, wie sich das nicht ändert.

-          Christian Kopf, Leiter des Rentenfondsmanagements bei Union Investment verweist darauf, dass der italienische Staat sich die niedrigen Zinsen auf Jahre gesichert hat. Er habe im Niedrigzinsumfeld geschickt die Laufzeiten der Staatsschulden deutlich verlängert. „Auf seine ausstehende Staatsschuld zahlt Rom nur noch etwa drei Prozent Zinsen und damit einen Prozentpunkt weniger als noch vor fünf Jahren. Der Fiskus spart damit Milliarden“, so Kopf.

Lagen die Renditen der zehnjährigen Italienanleihen während der Regierungskrise unter Berlusconi im November 2011 noch bei über sieben Prozent, sind es jetzt nur noch 2,1 Prozent. Der Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen ist seit dem Frühjahr 2017 kontinuierlich auf dem Rückzug. Er befindet sich mit aktuell 1,3 Prozent im zehnjährigen Bereich auf dem niedrigsten Stand seit 2016. „Eine ordentliche Kreditanalyse führt derzeit ins Leere. Die hohe Verschuldung des italienisches Staates spiegelt sich nicht ansatzweise in den Renditen wider“, sagt Kempe. Er  hat für die Portfolios der Do Investment keine italienischen Staatsanleihen gekauft.

Obwohl Kempe kürzlich zugehört hat, als der Chef des europäischen Schutzschirms ESM, Klaus Regling, bei einem Vortrag in Frankfurt keine Zweifel aufkommen ließ, dass sein ESM und die Politik an der Unterstützung von Italien festhalten werden. 

Investoren werden zu Italien stehen. Ein Käuferstreik ist vor dem Hintergrund unwahrscheinlich. Kempe verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die jüngst im Februar platzierte siebenjährige Staatsanleihe vom ebenfalls hochverschuldeten Griechenland bei Anlegern so gut ankam, dass sie noch mehr Papiere kaufen wollten, als es am Markt gab.

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