Bekenntnisse eines Luxusmaklers „Auch Wohlhabende wollen nicht im Luxusghetto leben“

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„Solche Preise verderben am Ende das Landschaftsbild“

Gibt es da Unterschiede zwischen den einzelnen Seen? Bei den Preisen ja wohl kaum.
Trotzdem ist das etwas völlig anderes! Am Tegernsee gibt es alles, was der Jetset liebt: Yachthäfen, noble Restaurants, Boutiquen. Das ist am Starnberger See anders, den muss man eher als Nobelviertel von München betrachten. Hier wird nur gewohnt, zum Essen und Einkaufen fährt man in die Stadt. Deshalb war der See gerade für die Superreichen aus Russland und dem Nahen Osten lange Zeit nicht attraktiv. Ich habe mich manchmal schon selbst geärgert, wenn ich hier mit meinem Boot über den See geschippert bin und keinen Anleger gefunden habe, wo man sich auch mal hinsetzen und was trinken kann. Am ganzen Starnberger See! Ich sage immer: Am Starnberger See treffen sich die Superreichen bei Aldi.

Aber die Langeweile hat quasi für eine angenehme Sozialstruktur gesorgt.
So habe ich das immer wahrgenommen. In Starnberg gibt es immer noch viele Handwerker und normalen Mittelstand, der hier wohnt. Aber jetzt, wo man hier kein Reihenhaus mehr für unter einer Million Euro bekommt, ändert sich das leider.

Der Luxusmakler mit dem Gespür für Ungleichheit.
Man braucht das nicht zu ironisieren. Auch die meisten wohlhabenden Menschen wollen schließlich nicht in einem Luxusghetto leben. Aber das wird es zwangsläufig, und deshalb macht mir das Geschäft auch weniger Spaß heute. Deshalb habe ich mir an meinem 60. Geburtstag überlegt, dass ich aufhöre, solange ich mich noch an meinem Beruf erfreuen kann.

Ein Beruf bleibt Ihnen ja noch: Schlossherr.
Auch den werde ich aber drangeben. Wir verkaufen das Schlösschen, und ziehen in eine Wohnung in der Gegend hier.

Klingt fast, als wollten Sie mit Ihrer Zunft brechen.
Naja, nicht so ganz: An irgendwen muss ich das Schlösschen ja schließlich auch verkaufen. Aber irgendwie ist es schon so. Wie sich das Geschäft in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, ist schon ein bisschen extrem geworden. Ein Beispiel: Ich habe 2007 ein Objekt vermittelt für fünf Millionen Euro. Das ist gerade weiterverkauft worden, für mehr als 20 Millionen!

Aber warum lässt Sie das persönlich zweifeln?
Solche Preise, die verderben am Ende auch das Landschaftsbild an den Seen. Die Leute, die so viel investieren, wollen dann auch 600 Quadratmeter Wohnfläche und betonieren alles zu. Bis sie dann merken, dass sie einsam sind vor lauter Platz. Und dann verkaufen sie wieder.

Zumindest für den Makler lohnt sich diese Spirale.
Genau. Vielleicht ist es auch das, was mir langsam suspekt wird.

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