Das Problem: Diese Größen werden stark von außen beeinflusst, etwa von den gesamtwirtschaftlichen Tendenzen, Zinsbewegungen, Markterwartungen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Dennoch: Zumindest in den vergangenen zehn Jahren, für die eine ausreichende Datenbasis vorliegt, haben sich die Immobilienpreise im Gleichschritt mit dem verfügbaren Einkommen entwickelt. Gleichzeitig hat das historisch ungewöhnlich niedrige Zinsumfeld dafür gesorgt, dass die jährliche Belastung eines durchschnittlichen Hauskäufers gegenüber dem Sommer 2008 – also vor Beginn der Politik billigen Geldes mit seinen massiven Zinssenkungen – um rund ein Viertel gesunken ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei dem Zinstief um eine Sondersituation handelt und zyklische Schwankungen sowie Sondereinflüsse des Zinsniveaus in der Berechnung bereinigt, ist der Erwerb einer Wohnimmobilie laut Bundesbank für die Haushalte heute keine größere Belastung als über weite Strecken des vergangenen zehn Jahrzehnts.
Ob sich die Immobilienpreise damit jedoch im Gleichgewicht mit ökonomischen und demografischen Rahmenbedingungen befinden, lässt sich anhand der genannten Relationen zu Mieten und Einkommen nicht sagen. Die Bundesbank hat daher untersucht, wo sich das Immobilienpreisniveau befinden müsste, wenn Faktoren wie Wachstumserwartungen, die wirtschaftliche Lage und Perspektive der privaten Haushalte sowie die Finanzierungsbedingungen und demografische Faktoren in die Berechnung einfließen.
Preise in den Städten sind überhöht
"Zu den wichtigen demographischen und ökonomischen Einflussfaktoren gehören laut dem Modellansatz das Einkommen pro Kopf, die Bevölkerungsdichte in einer Region, der Anteil der Bevölkerung in den mittleren Altersklassen - also 30- bis 55-Jährige -, der Anteil der Arbeitslosen an der Bevölkerung sowie das Wohnraumangebot in Form des Immobilienbestandes", erläutert Hermann-Josef Hansen, Leiter der Abteilung Konjunktur und Wachstum bei der Bundesbank. "Zudem spielen zukunftsgerichtete Größen wie die Einkommensperspektiven eine Rolle." Die Bundesbank hat diese Faktoren für jeden einzelnen der bundesweit 402 Kreise und kreisfreien Städte analysiert. In einem Gleichgewichtszustand zwischen Wohnraumangebot und –nachfrage ergibt sich so ein "gleichgewichtiger fundamentaler Immobilienpreis", wie es die Bundesbank nennt, der im Vergleich zu den Marktpreisen Rückschlüsse auf eine mögliche Über- oder Unterbewertung des Immobilienmarktes zulässt.
Mietpreisentwicklung in den zehn größten Städten Deutschlands
Durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,27 Euro
Untersucht wurden Bestandswohnungen ab Baujahr 1949 mit mittlerem Wohnwert
Im Folgenden: Sortiert nach Einwohnerzahl in absteigender Reihenfolge
Quelle: Immobilienverband Deutschland IVD - Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.; veröffentlicht am 1. Oktober 2013
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 7,05 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +7,62 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,95 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +5,29 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 11,90 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +6,25 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +6,25 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,80 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +2,33 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 10,00 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +4,17 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 5,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +5,77 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 8,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +0,00 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 6,50 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +8,33 Prozent
Nettokaltmiete pro Quadratmeter: 7,00 Euro
Veränderung gegenüber 2012: +7,69 Prozent
Das Ergebnis: Während in den vergangenen drei Jahren die Preise für Häuser und Wohnungen um insgesamt 8,25 Prozent gestiegen sind, hat das "ausgeprägte Stadt-Land-Gefälle" in den größten Städten gerade bei Geschosswohnungen zu einer Verteuerung um mehr als ein Viertel geführt. Im Vergleich zum fundamental gerechtfertigten Preisniveau sind in den städtischen Wohnungsmärkten die Preise um bis zu zehn Prozent überhöht. In den attraktiven Großstädten betragen die Abweichungen nach oben sogar bis zu 20 Prozent. Das betrifft die Preisentwicklung in den Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf. Allerdings betont die Bundesbank auch, dass die gewonnenen Erkenntnisse mit erheblichen statistischen Unsicherheiten verbunden.
Keine substanzielle Überbewertung des gesamten Marktes
Demnach besteht zwar noch keine substanzielle Überbewertung des deutschen Marktes für Wohnimmobilien als Ganzes. Der Preisanstieg dürfte nach Einschätzung der Bundesbank allerdings nicht auf urbane Zentren begrenzt bleiben. Es gebe "klare Hinweise für eine Ausbreitung von den Städten ins Umland", heißt es im Monatsbericht. Es sei nicht auszuschließen, dass "überschießende Erwartungen oder Spekulationsmotive die regionale Ausbreitung von Preisimpulsen befördern."