Spurensuche Wie kann so viel schmutziges Geld in Immobilien fließen?

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Jeder Finanzbeamte kann seine Fälle anders angehen

Andrea Böhm von der Steuerberatungsgesellschaft Taxialist in Mannheim betreut viele Mandanten, die Immobilien gekauft haben. Soweit sie weiß, hat keiner von denen jemals einen Fragebogen vom Finanzamt bekommen, in dem er die Herkunft seines Geldes offenlegen musste. „Das ist also keine Standardabfrage bei den Steuerzahlern“, sagt Böhm, die selbst lange in einem Finanzamt gearbeitet hat. Angesprochen auf den Fall des Paares aus dem Taunus sagt sie: „Vielleicht wurde der Fall damals an einen Mitarbeiter übergeben, der in der Ausbildung steckt und sehr gründlich vorgegangen ist, oder es war einfach ein Zufallstreffer, bei dem genau hingesehen wurde.“

Statt fester Regeln gilt bei Finanzbeamten in vielen Fällen: Es gibt einen Ermessensspielraum, und jeder Finanzbeamte kann seine Fälle anders angehen. Auffälligkeiten bei den Angaben muss er dann auch gar nicht selbst weiterrecherchieren, sondern kann dafür die Straf- und Bußgeldstelle des Amtes einspannen. 

Wie ein Sprecher der Generalzolldirektion in Bonn der WirtschaftsWoche mitteilt, seien auch die Finanzbehörden dazu angehalten, Sachverhalte die im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen, unverzüglich an die FIU zu melden. Man stehe da in einem „wechselseitigen Austausch“ auch zur „Weitergabe von Erkenntnissen im Immobilienbereich“. Aber offenbar ist man da nicht sonderlich erfolgreich.

Weil kaum Kontrollen existieren und sich die Behörden gegenseitig behindern, können Kriminelle in Deutschland ungehindert Milliarden in Wohnungen und Büros investieren.
von Benedikt Becker, Volker ter Haseborg, Andreas Macho, Christian Ramthun

Während die Maklerhäuser ihre Vorkehrungen gegen Geldwäschefälle sehr detailliert beschreiben können, antwortet etwa die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main auf eine Anfrage der WirtschaftsWoche, wie häufig ein Fragebogen eingesetzt wird, um beim Immobilienerwerb Geldquellen aufzudecken, sehr allgemein. Der Fragebogen werde verschickt, um zu erfahren, wo der „Steuerpflichtige steuerlich geführt“ werde und ob der Grundstückserwerb zu einer Veränderung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen führe. Er frage nur grundlegende Daten ab, die eine steuerliche Erfassung des Veräußerers oder Erwerbers sichern sollen“. Grundlage ist ein bundesweit geltender Untersuchungsgrundsatz (§ 88 Abgabenordnung), der allerdings sehr allgemein erklärt, dass Finanzämter Auskünfte verlangen dürfen.

Die Oberfinanzdirektion hat zugegeben, dass über den Fragebogen ermittelt werden kann, mit welchen Geldern ein Immobilienerwerb finanziert wurde und das dadurch auch ein Vergleich mit den Vermögensverhältnissen in den Steuerakten erfolgen kann. Steuerbeamte können daraus erkennen, ob etwa Einkünfte aus Kapitalvermögen, Schwarzgeld oder Geldschenkungen entstanden sind, die nicht versteuert wurden. Wie häufig allerdings das Instrument der Abfrage von den Finanzämtern genutzt wird, dazu gibt es keine Zahlen.

Es wirkt aber so, dass die in Finanzämtern zusammenlaufenden Daten am einfachsten zu Erkenntnissen über Geldwäsche genutzt werden könnten. Zumal dort auch „im Rahmen der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht“ zu ausländischen Immobilienkäufern Hinweise zusammenlaufen.

Angesichts von Wohnungsnot in Städten und steigenden Immobilienpreisen könnten Zoll und Finanzämter die Zahlungsströme wirkungsvoller beobachten. Die Informationsweitergabe zwischen Grundbuchamt und Finanzamt funktionierte zumindest im Jahr 2007 noch sehr gut, als das Ehepaar seine Immobilie in der Nähe von Frankfurt gekauft hatte. Mehr als zehn Jahre später müsste der Datenaustausch sogar einfacher geworden sein.

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