IPO-Fieber Rekord-Börsengang in China

In China steht eine Reihe großer Börsengänge an. Allein die Agricultural Bank of China will bei ihrem Doppellisting in Hongkong und Shanghai bis zu 30 Milliarden Dollar einsammeln. Doch mit jedem weiteren Tag, an dem die Kurse in Fernost weiter fallen, verdüstern sich die Aussichten für die IPO-Kandidaten.

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Agricultural Bank of China Quelle: REUTERS

An Rekordmeldungen herrscht in China selten Mangel. Zurzeit etwa läuft in Shanghai die „größte Weltausstellung aller Zeiten“, wie die kommunistischen Führer in Peking gerne betonen. Im kommenden Monat will die Regierung die staatliche Agricultural Bank of China (ABC) an die Börse bringen – es soll das größte IPO aller Zeiten werden. Mit den 15 Prozent der Anteile, die die Bank an den Aktienmärkten in Hongkong und Shanghai platzieren will, will sie bis zu 30 Milliarden Dollar einsammeln, tönen die staatlichen chinesischen Medien.

Mit der ABC wagt die letzte der vier großen Staatsbanken den Sprung an die Börse. Anfang des Jahrzehnts hatte Peking die Bank of China (BoC), die China Construction Bank (CCB) und die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) rekapitalisiert, denn sie befanden sich in marodem Zustand. Anschließend erlaubte die chinesische Regierung ausländischen Banken Minderheitesbeteiligungen an den Instituten und brachte sie dann an die Börse. Die ICBC etwa nahm bei ihrem IPO 2006 rund 22 Milliarden Dollar ein. Es war damals der größte Börsengang aller Zeiten.

Werkzeug der Regierung

An der ABC hat sich bislang keine Bank aus dem Ausland beteiligt, und das dürfte auch so bleiben. „Die haben im Moment andere Sorgen“, sagt Arthur Kroeber, China-Ökonom bei Dragonomics in Peking in Anspielung auf die globale Krise. Banken wie die Royal Bank of Scotland, UBS oder Goldman Sachs haben ihre China-Beteilgungen im Zuge der Finanzkrise inzwischen weitgehend abgestoßen. Um die ABC fit für die Börse zu machen, hat vor zwei Jahren eine Tochter des chinesischen Staatsfonds CIC 19 Milliarden Dollar in die Bank geschossen.

Doch es ist nicht nur die weltweite Krise, es ist auch die ABC selbst, die einen Einstieg für Ausländer unattraktiv macht. Für Peking ist die Bank ein Werkzeug, um die Kluft zwischen ländlichen und städtischen Regionen zu verkleinern. Die ABC soll unter anderem ländliche Kleinbetriebe fördern. Als Bedingung für den Börsengang verlangt Peking beispielsweise, dass die Bank Bauern unterstützt, ländliche Unternehmen fördert und Infrastrukturvorhaben in rückständigen Regionen finanziert, und das obwohl die Kreditvergabe auf dem Land weniger profitabel ist als in anderen Regionen.

Mit den Krediten auf dem Land verdienten die Banken im Schnitt 20 bis 30 Prozent weniger als mit Krediten in Städten, sagt Guo Tianyong, Direktor am China Banking Institute der Central University of Finance and Economics. Grund: Die Kreditvolumen sind gewöhnlich sehr klein und die Kosten für derern Management vergleichsweise hoch. Dazu kommt: Die ABC unterhält ein riesiges Filialnetz mit rund 24.000 Niederlassungen. Längst nicht alle, so Analysten, betreibt das Geldhaus aus kommerziellen Erwägungen.

Neben der Ausrichtung der ABC sorgt auch die jüngste Entwicklung an den chinesischen Börsen für Verunsicherung bei potenziellen Investoren. Der Aktienindex in Shanghai hat seit Jahresbeginn rund 22 Prozent eingebüßt – die schwächste Performance der zehn größten Börsen der Welt. Der Index in Hongkong hat seit Januar etwa 12 Prozent verloren. „Die ABC dürfte bei ihrem Börsengang darum wohl kaum den angepeilten Preis erzielen“, glaubt Kroeber. Beim Investmenthaus Haitong Securities etwa heißt es, die Bank werde mit ihrem IPO angesichts der derzeitigen Marktlage nicht mehr als 22 Milliarden Dollar einnehmen.

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