Ist eine Kündigung durch die Bausparkasse rechtens?
Die Experten sind sich in dieser Frage uneins. Gemeinhin gelten die Kündigungen als rechtlich sauber, wenn die gesamte Bausparsumme bereits angespart wurde, aber nicht zum Immobilienkauf genutzt wird. Sinn und Zweck des Bausparens ist gemeinhin die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens nach der Sparphase. Ist die gesamte Bausparsumme jedoch schon angespart, ist das Darlehen obsolet, die Bausparkasse kann das beabsichtigte Kreditgeschäft nicht machen. Die meisten Kommentatoren gehen daher davon aus, dass eine Kündigung durch die Bausparkasse in solchen Fällen rechtens ist. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlt bislang.
Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim
Langfristige Baukredite mit festen Zinsen für zehn bis 15 Jahre gibt es derzeit oft mit einer Verzinsung von unter drei Prozent. Allerdings haben die Preise für Immobilien besonders in Großstädten in den vergangenen Jahren deutlich angezogen.
Immobilien gelten nicht als Renditeknüller. Allerdings sind sie gerade in Krisenzeiten Verbraucherexperten zufolge eine solide Geldanlage. Der Wert einer Immobilie ist vergleichsweise sicher - vorausgesetzt, Preis, Qualität und Lage stimmen. In jedem Fall sollte ein Immobilienkauf gut überlegt sein.
Hier hilft nur ein Vergleich der verschiedenen Anbieter, wobei die Auswahl an Krediten laut Stiftung Warentest derzeit besonders groß ist. Bauherren und Käufer können dafür Vergleichsrechner im Internet nutzen. Auch Verbrauchermagazine und Zeitungen liefern häufig aktuelle Zinskonditionen. Die Hausbank kann ein wichtiger Ansprechpartner sein - ist jedoch nicht immer zwingend die erste Wahl. Ein Anbietervergleich kann teils mehrere zehntausend Euro sparen.
Kredite für Häuser oder Wohnungen laufen meist über zehn, 20 oder 30 Jahre. Hierbei werden die Zinsen in aller Regel nur für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Jahren festgelegt. Läuft diese sogenannte Zinsbindungsfrist ab, verhandeln Bank und Kunde die Verlängerung des Darlehens. Der Bauherr kann dann auch umschulden und zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Verbraucher sollten mehrere Monate vor Auslaufen der Frist neue Angebote einholen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen gibt es derzeit auch besonders günstige Anschlusskredite.
An sich werden feste monatliche Raten vereinbart. Baukredite geben oft aber auch das Recht auf Sondertilgung, das heißt die Rückzahlung von Geld zusätzlich zu den vereinbarten Raten. Auch kann ausgehandelt werden, dass der Bauherr die Raten anpassen kann, etwa wenn sich das Einkommen verändert.
Finanzexperten sehen ein Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Immobilienpreises als eine solide Basis an. Für ihre angebotenen Top-Zinsen wollen die Banken häufig allerdings 40 Prozent Eigenkapital sehen. Teils sind Banken auch bereit, den vollen Kaufpreis zu finanzieren. Dafür verlangen sie aber oft happige Risikoaufschläge beim Zins.
Bei der staatlichen Förderbank KfW gibt es Darlehen etwa für den Kauf selbstgenutzten Wohneigentums, energieeffizientes Bauen und Sanieren oder auch für altersgerechtes Wohnen. Daneben zahlt der Staat die Wohnungsbauprämie von 8,8 Prozent beim Bausparen. Auch gibt es in Form des sogenannten Wohn-Riesterns staatliche Unterstützung für den Kauf selbstgenutzter Immobilien zur Altersvorsorge.
Risiken wie diese können mit Versicherungen ganz oder zumindest teilweise abgedeckt werden. So gibt es Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Lebensversicherungen oder Restschuld-Versicherungen. Verbraucher sollten sich vor Abschluss einer Police und eines Baudarlehens gut über einen Versicherungsschutz beraten lassen. Die Stiftung Warentest rät zu Versicherungen für den Todesfall.
Darf die Bausparkasse auch kündigen, wenn die Bausparsumme noch nicht komplett angespart wurde?
Zumindest die Bausparkasse Schwäbisch Hall erklärte, nur zu kündigen, wenn das angesparte Guthaben die Bausparsumme überschritten habe. Andere Bausparkassen lassen diese Fairness bislang vermissen. Die Kündigung von Verträgen, die bereits seit langem zuteilungsreif sind, aber bei denen die Kunden auf Inanspruchnahme des Baudarlehens verzichten, ist allerdings umstritten. Zuteilungsreif ist ein Bausparvertrag, wenn das Sparguthaben 40 bis 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden (9 U 151/11), dass die Kündigung von Verträgen rechtswidrig ist, wenn der Bausparer das Darlehen in Anspruch nehmen könnte (zuteilungsreifer Vertrag), die Bausparsumme aber noch nicht zu 100 Prozent erreicht ist. Letzten Endes ist jedoch der Einzelfall entscheidend.
Mit welchem Argument kündigen Bausparkassen noch nicht voll angesparte Bausparverträge?
Die Bausparkassen berufen sich auf Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Demnach sind alle Darlehensverträge grundsätzlich nach zehn Jahren durch den Darlehensnehmer kündbar. Die Bausparkasse argumentieren, sie seien Darlehensnehmer, weil sie für die Überlassung des Sparguthabens dem Sparer Zinsen zahlen. Erst wenn die Sparer den Immobilienkredit abrufen, wechseln die Vertragsparteien die Rollen. Ist der Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif, ohne dass der Bausparer das Darlehen abruft, sei die Kündigung rechtens, argumentiert die Branche. Selbst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – die zuständige Aufsichtsbehörde – hat die Kündigungswelle der Bausparkassen verteidigt. "Von Abzocke kann keine Rede sein", sagte BaFin-Chefin Elke König Anfang Januar gegenüber der Tageszeitung "Bild".
Wie können sich Betroffene wehren?
Wessen Sparguthaben noch nicht die Bausparsumme erreicht hat, kann sich auf das Stuttgarter Urteil berufen und verlangen, dass der Vertrag weiterläuft, bis die volle Summe angespart sei. Noch ein Argument: Die hohen Guthabenzinsen dienten in der Vergangenheit Bausparkassen durchaus als Verkaufsargument. Wer Werbung oder Beratung in dieser Richtung in irgendeiner Form belegen kann, verbessert seine Chancen. Verbraucherschützer sehen zumindest eine rechtliche Grauzone, wenn die Bausparsumme noch nicht überschritten ist. Im Zweifel müssen Gerichte entscheiden, ob die Kündigungen rechtens sind.
Ist ein Bausparvertrag überhaupt noch zu empfehlen?
„Bausparen an sich ist eine prima Idee“, heißt es bei der Stiftung Warentest. Wer in sieben oder zehn Jahren bauen wolle, sichere sich schon heute einen Kredit mit niedrigen Zinsen - auch wenn er für seine Sparraten kaum Zinsen von der Bausparkasse bekommt. Beim Sparkonto gibt es auch nicht mehr. Zum Teil schließen auch heutige Bauherren Bausparverträge ab, um mit dem Bauspardarlehen in zehn Jahren einen Kredit abzulösen.
Wie gut sind die Angebote?
Das hängt sehr stark von der Beratung ab, wie ein Test aller 20 Bausparkassen in Deutschland durch Stiftung Warentest ergab. Manche Verträge sind zu schmal bemessen, viele zu üppig, kritisieren Tester. Viele Berater setzten Bausparsumme, Guthaben oder Darlehensraten zu hoch an. Gleichzeitig enthielten sie ihren Kunden Informationen vor, um Angebotsvergleiche zu erschweren.
Warum beraten manche Institute schlecht?
Der falsche Vertrag kann mehrere tausend Euro Mehrkosten bedeuten, wenn dem Kunden nicht sogar die Finanzierung um die Ohren fliegt. Das zu viel bezahlte Geld bleibt der Bausparkasse - hier sieht die Stiftung Warentest einen der Gründe für die Missstände.
Was sagen die Bausparkassen zu den Vorwürfen?
Sie wollen der Kritik auf den Grund gehen. In einzelnen Beratungen seien offenbar Fehler gemacht worden, räumt der Verband der privaten Bausparkassen ein. Mit dem Gesamtbild könne man nicht zufrieden sein, betonen auch die Landesbausparkassen (LBS). Sie verweisen auf eigene Testkäufe, die regelmäßig bessere Ergebnisse zutage förderten.
Mit Material von dpa