Kündigungswelle bei Bausparkassen Was Bausparer wissen müssen

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Weitere Fragen und Antworten zur Kündigungswelle bei Bausparkassen

Ist eine Kündigung durch die Bausparkasse rechtens?

Die Experten sind sich in dieser Frage uneins. Gemeinhin gelten die Kündigungen als rechtlich sauber, wenn die gesamte Bausparsumme bereits angespart wurde, aber nicht zum Immobilienkauf genutzt wird. Sinn und Zweck des Bausparens ist gemeinhin die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens nach der Sparphase. Ist die gesamte Bausparsumme jedoch schon angespart, ist das Darlehen obsolet, die Bausparkasse kann das beabsichtigte Kreditgeschäft nicht machen. Die meisten Kommentatoren gehen daher davon aus, dass eine Kündigung durch die Bausparkasse in solchen Fällen rechtens ist. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlt bislang.

Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim

Darf die Bausparkasse auch kündigen, wenn die Bausparsumme noch nicht komplett angespart wurde?

Zumindest die Bausparkasse Schwäbisch Hall erklärte, nur zu kündigen, wenn das angesparte Guthaben die Bausparsumme überschritten habe. Andere Bausparkassen lassen diese Fairness bislang vermissen. Die Kündigung von Verträgen, die bereits seit langem zuteilungsreif sind, aber bei denen die Kunden auf Inanspruchnahme des Baudarlehens verzichten, ist allerdings umstritten. Zuteilungsreif ist ein Bausparvertrag, wenn das Sparguthaben 40 bis 50 Prozent der vereinbarten Bausparsumme erreicht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden (9 U 151/11), dass die Kündigung von Verträgen rechtswidrig ist, wenn der Bausparer das Darlehen in Anspruch nehmen könnte (zuteilungsreifer Vertrag), die Bausparsumme aber noch nicht zu 100 Prozent erreicht ist. Letzten Endes ist jedoch der Einzelfall entscheidend.

Mit welchem Argument kündigen Bausparkassen noch nicht voll angesparte Bausparverträge?

Die Bausparkassen berufen sich auf Paragraf 489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Demnach sind alle Darlehensverträge grundsätzlich nach zehn Jahren durch den Darlehensnehmer kündbar. Die Bausparkasse argumentieren, sie seien Darlehensnehmer, weil sie für die Überlassung des Sparguthabens dem Sparer Zinsen zahlen. Erst wenn die Sparer den Immobilienkredit abrufen, wechseln die Vertragsparteien die Rollen. Ist der Vertrag seit zehn Jahren zuteilungsreif, ohne dass der Bausparer das Darlehen abruft, sei die Kündigung rechtens, argumentiert die Branche. Selbst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – die zuständige Aufsichtsbehörde – hat die Kündigungswelle der Bausparkassen verteidigt. "Von Abzocke kann keine Rede sein", sagte BaFin-Chefin Elke König Anfang Januar gegenüber der Tageszeitung "Bild".

Wie können sich Betroffene wehren?

Wessen Sparguthaben noch nicht die Bausparsumme erreicht hat, kann sich auf das Stuttgarter Urteil berufen und verlangen, dass der Vertrag weiterläuft, bis die volle Summe angespart sei. Noch ein Argument: Die hohen Guthabenzinsen dienten in der Vergangenheit Bausparkassen durchaus als Verkaufsargument. Wer Werbung oder Beratung in dieser Richtung in irgendeiner Form belegen kann, verbessert seine Chancen. Verbraucherschützer sehen zumindest eine rechtliche Grauzone, wenn die Bausparsumme noch nicht überschritten ist. Im Zweifel müssen Gerichte entscheiden, ob die Kündigungen rechtens sind.

Ist ein Bausparvertrag überhaupt noch zu empfehlen?

„Bausparen an sich ist eine prima Idee“, heißt es bei der Stiftung Warentest. Wer in sieben oder zehn Jahren bauen wolle, sichere sich schon heute einen Kredit mit niedrigen Zinsen - auch wenn er für seine Sparraten kaum Zinsen von der Bausparkasse bekommt. Beim Sparkonto gibt es auch nicht mehr. Zum Teil schließen auch heutige Bauherren Bausparverträge ab, um mit dem Bauspardarlehen in zehn Jahren einen Kredit abzulösen.

Wie gut sind die Angebote?

Das hängt sehr stark von der Beratung ab, wie ein Test aller 20 Bausparkassen in Deutschland durch Stiftung Warentest ergab. Manche Verträge sind zu schmal bemessen, viele zu üppig, kritisieren Tester. Viele Berater setzten Bausparsumme, Guthaben oder Darlehensraten zu hoch an. Gleichzeitig enthielten sie ihren Kunden Informationen vor, um Angebotsvergleiche zu erschweren.

Warum beraten manche Institute schlecht?

Der falsche Vertrag kann mehrere tausend Euro Mehrkosten bedeuten, wenn dem Kunden nicht sogar die Finanzierung um die Ohren fliegt. Das zu viel bezahlte Geld bleibt der Bausparkasse - hier sieht die Stiftung Warentest einen der Gründe für die Missstände.

Was sagen die Bausparkassen zu den Vorwürfen?

Sie wollen der Kritik auf den Grund gehen. In einzelnen Beratungen seien offenbar Fehler gemacht worden, räumt der Verband der privaten Bausparkassen ein. Mit dem Gesamtbild könne man nicht zufrieden sein, betonen auch die Landesbausparkassen (LBS). Sie verweisen auf eigene Testkäufe, die regelmäßig bessere Ergebnisse zutage förderten.

Mit Material von dpa

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