Lohnsteuer Wie hängen die Steuerklassen und der Splitting-Tarif zusammen?

Schatz, welche Steuerklasse sollen wir wählen? Diese eher unromantische Frage könnte bald an Bedeutung verlieren. Quelle: imago images

Die Bundesregierung könnte spezielle Steuerklassen für Ehepartner abschaffen. Was hat das mit dem Ehegattensplitting zu tun? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wenn es um das Ehegattensplitting geht, dann kochen schnell die Emotionen hoch. Viele sehen darin ein Symbol des klassischen Ehemodells. Die einen wollen es daher bewahren, die anderen schnellstmöglich abschaffen. Mit einem neuen Vorstoß scheint nun die Bundesregierung die Abschaffung spezieller Steuerklassen voranzutreiben, die mit dem Ehegattensplitting zusammenhängen

Doch was ist das Ehegattensplitting noch mal genau? Was haben Steuerklassen damit zu tun? Und was soll jetzt geändert werden? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist das Ehegattensplitting?

Ehepartner können, genau wie eingetragene Lebenspartner, eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. Das Finanzamt besteuert sie dann so, als wenn jeder die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verdient hätte. Gegenüber getrennten Steuererklärungen ist das meist vorteilhaft. Denn bei der Einkommensteuer steigt der Steuersatz mit jedem verdienten Euro. 

Verdienen die Ehepartner nicht gleich viel, wird dieser Effekt des steigenden Steuersatzes gemindert. Der Besserverdiener spart dabei mehr Steuern, als der Geringerverdienende mehr an Steuern zahlen muss. Dieser Vorteil wird auch als Splittingvorteil bezeichnet. Er wird selbst bei einer Eheschließung kurz vor Jahresende noch für das ganze Kalenderjahr gewährt.

Wie groß ist der Splittingvorteil?

Der Splittingvorteil kann mehrere tausend Euro betragen, hängt aber sehr vom Einzelfall ab. Ein Beispiel: Zwei Personen erzielen ein zu versteuerndes Einkommen von 60.000 beziehungsweise 20.000 Euro im Jahr. Geben sie getrennt ihre Steuererklärungen ab, muss der Besserverdiener für das Jahr 2023 15.242 Euro an Einkommensteuer zahlen. Der andere Partner, mit 20.000 Euro Einkommen, muss 1956 Euro an Steuern zahlen. In Summe ergibt sich eine Steuerlast von 17.198 Euro.

Heiraten die beiden, können sie eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, mit in Summe 80.000 Euro an zu versteuerndem Einkommen. Damit würde sich eine Steuerlast von nur 15.656 Euro errechnen – 1542 Euro weniger als die beiden vorher, bei getrennten Steuererklärungen, gezahlt hätten.

Der maximale Splittingvorteil beträgt für das Jahr 2023 18.308 Euro und käme zustande, wenn ein Partner allein weit über 500.000 Euro versteuern müsste, während der andere Partner gar kein Einkommen erzielt. 

In Einzelfällen, etwa bei exakt gleich hohem Einkommen, sinkt der Splittingvorteil auf null. So hätten die Ehepartner in unserem Zahlenbeispiel keinen Vorteil, wenn sie beide je 40.000 Euro versteuern müssten. Dann wäre ihre getrennte Steuerlast in Summe nämlich genau so hoch wie die Steuer bei gemeinsam versteuerten 80.000 Euro. Teilweise kann es auch sein, dass sich für Ehepartner getrennte Steuererklärungen lohnen, beispielsweise bei hohen außerordentlichen Einkünften, wie einer Abfindung. 

Wie kommt es zum Splittingvorteil?

Der Vorteil entsteht durch den progressiven Einkommensteuertarif, also einen sukzessive steigenden Steuersatz. Sprich: Der Steuersatz auf jeden zusätzlichen verdienten Euro steigt ab Überschreiten des Grundfreibetrags (im Jahr 2023 waren dies 10.908 Euro, dieses Jahr vorläufig 11.604 Euro) von anfangs 14 Prozent auf 42 Prozent. Diese 42 Prozent fallen 2023 ab 62.809 Euro an zu versteuerndem Einkommen auf jeden weiteren Einkommenseuro an. Ab 277.826 Euro beträgt der Steuersatz auf höhere Einkünfte dann sogar 45 Prozent (dies wird auch als Reichensteuer bezeichnet).

Verdienen Ehepartner nicht exakt gleich viel, liegt die Hälfte ihres gemeinsamen Einkommens bei der Kurve der Einkommensteuer immer genau in der Mitte zwischen ihren beiden Einkommenswerten. Bei einer kontinuierlich steigenden Kurve ist damit sicher, dass der Besserverdiener durch dieses Verfahren mehr an Steuern spart, als der Partner mit dem geringeren Einkommen zusätzlich zahlen muss. 

Das aber zeigt auch: Liegen ohnehin beide Partner in einer Einkommenszone mit dem konstanten (Grenz-)Steuersatz von 42 Prozent, 2023 also mit zu versteuernden Einkommen von jeweils über 62.809 Euro, dann würde sich auch kein Splittingvorteil mehr ergeben. Selbst ein Paar mit ungleichen Einkommen – beispielsweise 70.000 und 90.000 Euro an zu versteuerndem Einkommen – würde dann insgesamt betrachtet nicht mehr vom Splitting profitieren. 

Was will die Bundesregierung jetzt ändern?

Die Bundesregierung könnte spezielle Lohnsteuerklassen abschaffen, die heute von Ehepaaren genutzt werden können, um beim laufenden Lohnsteuerabzug bereits vom Ehegattensplitting zu profitieren. Dabei geht es um die Steuerklassen 3 und 5 (teils auch mit römischen Zahlen als Steuerklassen III und V geschrieben). 


Schon im Koalitionsvertrag war zu lesen, dass künftig im Rahmen einer Familienbesteuerung „die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV“ überführt werden soll. Dieses solle dann „einfach und unbürokratisch anwendbar“ sein und „mehr Fairness“ schaffen.

Lange war davon dann nichts mehr zu hören. Nun soll aber das Bundesfinanzministerium eine entsprechende Steuerreform vorantreiben. Aktuell liefen „abschließende Gespräche und Abstimmungen“ für die Umsetzung des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag in einem der nächsten Gesetzgebungsverfahren, teilte das Ministerium dazu mit.

Wie hängen Steuerklassen und Ehegattensplitting zusammen?

Um das zu verstehen, ist etwas Vorwissen nötig: Lohnsteuerklassen, kurz auch Steuerklassen genannt, gibt es in Deutschland bei der Einkommensteuer nur beim Lohnsteuerabzug. Die Lohnsteuer stellt eine Art Vorauszahlung auf die Einkommensteuer dar. Bei Angestellten behält der Arbeitgeber laufend bereits Lohnsteuer ein. Reicht der Angestellte dann später eine Einkommensteuererklärung ein, wird die fällige Einkommensteuer final festgesetzt. Die bereits gezahlte Lohnsteuer wird verrechnet. War es zu viel, bekommt der Angestellte die überzahlte Summe erstattet. War es zu wenig, muss er den Rest nachzahlen. Nicht alle sind zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Dann kann es auch nur beim Abzug von Lohnsteuer bleiben.

Alleinstehende werden standardmäßig in der Lohnsteuerklasse 1 geführt. Hier wird bereits beim laufenden Lohnsteuerabzug der Grundfreibetrag berücksichtigt und beispielsweise auch der Werbungskosten-Pauschbetrag. 

Bei Ehepartnern entspricht die Steuerklasse 4 diesem Verfahren. Auch hier wird jedem sein eigener Grundfreibetrag und sein Werbungskosten-Pauschbetrag zugeordnet. Doch, wie beschrieben, kann dieser laufende Lohnsteuerabzug bei Ehepartnern mit ungleicher Einkommensverteilung in Summe deutlich zu hoch sein, weil das Ehegattensplitting und sein Vorteil noch nicht berücksichtigt werden. Um zu vermeiden, dass die Ehepartner in Summe laufend zu viel Steuern zahlen und dann später viel erstattet bekommen, können sie direkt beim Lohnsteuerabzug vom Splittingvorteil profitieren. 

Dafür können sie bisher entweder die Lohnsteuerklasse 4 mit Faktor nutzen oder die Kombination aus den Steuerklassen 3 und 5. Bei der Lohnsteuerklasse 4 mit Faktor kann individuell berücksichtigt werden, wie sich die Einkommen zwischen den Ehepartnern verteilen. Die gemeinsamen Steuerfreibeträge würden dann so zugeordnet, dass der laufende Lohnsteuerabzug am Ende möglichst der rechnerischen Einkommensteuer auf das gemeinsame Einkommen entspricht. 

Bei den Steuerklassen 3 und 5 ist es ähnlich, nur dass hier pauschal die Freibeträge zwischen den Partnern verteilt werden. Dabei werden die Freibeträge beider Partner nur bei demjenigen Ehepartner mit Steuerklasse 3 berücksichtigt. Er muss entsprechend wenig Lohnsteuer zahlen. Der Partner in Steuerklasse 5 hingegen profitiert beim laufenden Lohnsteuerabzug nicht von Freibeträgen. Sein Lohnsteuerabzug ist besonders groß. 

Die Verteilung in der Steuerklassen-Kombi 3 und 5 soll rechnerisch passen, wenn sich die Einkommen zwischen den Partnern im Verhältnis 60 zu 40 verteilen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%