Steuerhinterziehung Schwarzgeld-Kunden klagen Schweizer Banken an

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Trotz rechtlicher Unsicherheiten gibt es Chancen auf Schadenersatz

Ein weiterer Knackpunkt: Etliche Anleger haben ab 2007 – nach ersten anlegerfreundlichen Urteilen in der Schweiz – Vertragsergänzungen unterschrieben, die Klauseln über den Verzicht auf Retrozessionen enthielten. So weist die UBS darauf hin, dass „Beratungs- und Vermögensverwaltungsverträge“ bereits seit mehreren Jahren klare Regelungen enthielten. Aber ob die ausreichen? „Das Schweizer Bundesgericht hat 2011 klargestellt, dass Vertragsklauseln detaillierte Angaben zur Höhe der zu erwartenden Retrozessionen enthalten müssen“, sagt Jochem. Dies sei „in aller Regel nicht der Fall“.

Die UBS betont, das Urteil aus 2012 beziehe sich „ausdrücklich“ nur auf die Vermögensverwaltung, bei der Banker autonom ohne Rücksprache mit dem Kunden kaufen und verkaufen. Anders als Gebauer meint die Bank deshalb, dass sich die Frage bei Beratungskunden „so nicht“ stellt.

Trotz rechtlicher Unsicherheiten sollte sich jedoch niemand schnell abspeisen lassen, wenn die Bank Schadensersatz ablehnt und auf Verzichtserklärungen verweist. Für eine Prüfung der Bankunterlagen spricht zudem, dass Hinweise auf andere dubiose Praktiken auftauchen könnten. „Die Retrozessionen sind nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Gebauer. Viele Banken hätten etwa Aktien aus Kundendepots an Spekulanten verliehen. Die Leihgebühren stünden ebenfalls den Kunden zu.

Auch bei exzessiven Umschichtungen kann Schadensersatz fällig sein. Darauf setzt nun Regisseur Wedel, dessen Vermögensverwalter 2008 satte 188 Transaktionen binnen 120 Tagen abwickelten. Womit sie wohl nicht gerechnet hatten: Wedel konnte sich wehren, es war kein Schwarzgeld. Er klagte deshalb umgehend.

Zum Prozess kommt es erst jetzt, weil seine Gegner „alle Register gezogen“ hätten, um das Verfahren zu verzögern. „In den nächsten Wochen geht es endlich los“, sagte Wedel der WirtschaftsWoche. Vor dem Landgericht Hamburg – denn bisweilen können Deutsche auch daheim gegen Schweizer Banken klagen – etwa, wenn Unterlagen hierher geschickt wurden.

Bei Schwarzgeld-Anlegern war dies meist nicht der Fall. Sie müssen deshalb auf die Schweizer Justiz hoffen.

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