Unternehmen übertragen Jetzt Firma verschenken und Steuervorteile sichern

Wer heute eine Firma erbt oder geschenkt bekommt, profitiert von massiven Steuervorteilen. Im Standardmodell bleiben 85 Prozent des Vermögens steuerfrei, im Alternativmodell sogar der gesamte Betrag. Auch Ehegatten können sich Immobilien komplett steuerfrei übertragen. Doch diese Vorteile sind massiv gefährdet; das Bundesverfassungsgericht könnte sie demnächst streichen. Nur wer jetzt schnell handelt, rettet sein Vermögen vor dem Finanzamt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Deutsche haben keine Angst, Schulden zu erben
Die Deutschen machen sich keine oder wenig Sorgen darum, ob an ein Erbe Schulden gekoppelt sind: Nur 69 Prozent, die eine Erbschaft vergeben wollen, halten einen schuldenfreien Nachlass aktuell für "besonders wichtig", unter den potentiellen Erbnehmern sind es 63 Prozent. Laut der aktuellen Erbschaftsstudie der Postbank vererben auch nur 26 Prozent der Deutschen tatsächlich Schulden weiter. Ein Grund, die Erbschaft auszuschlagen, sind Schulden für die Deutschen jedoch nicht. Nur jeder 14. hat schon einmal eine Erbschaft abgelehnt - meist weil die Schulden den Wert des Nachlasses überstiegen. Auffällige Unterschiede gibt es nach Berufsgruppen: So lehnten 12 Prozent der Beamten Nachlässe ab, bei Angestellten waren es nur sieben Prozent und unter Selbständigen und Freiberuflern sogar nur vier Prozent. Dass die Deutschen auch Erbschaften mit Schulden nicht oder nur selten ablehnen, mag daran liegen, dass immer mehr Immobilien vererbt werden und viele eine laufende Hypothekenfinanzierung weniger dramatisch finden, als einen noch nicht abbezahlten Konsumentenkredit. Quelle: Fotolia
Zwei von drei aller ab 50-Jährigen in Deutschland (66 Prozent) planen aktuell die Vergabe eines Erbes. Unter denen ab 65 Jahren sind es sogar drei von vier (74 Prozent). Umgerechnet sind das also allein fast 13 Millionen der ab 65-Jährigen, die ihren Nachlass planen. Quelle: dpa
Die Deutschen lernen aus Fehlern bei bisherigen Erbschaften. Nur in jedem vierten Erbfall war bislang die Verteilung der Erbschaft mit allen Beteiligten und dem Erb-Geber abgesprochen (28 Prozent). Für Drei Viertel aller angehenden Erben ist das allerdings "ganz besonders oder ziemlich wichtig“. Quelle: dpa
Starker Wunsch nach Transparenz: Bei bisherigen Erbschaften waren mit dem Nachlass verbundene Kosten in nur vier von zehn Fällen (27 Prozent) für die Erben transparent. Künftigen Erben ist das aber zu 83 Prozent „ganz besonders“ oder „ziemlich wichtig“. Streit ums Erbe gab es bei bisherigen Erbfällen zu 15 Prozent, das entspricht jeder siebten Erbschaft. Das zu vermeiden, ist aber drei Vierteln aller angehenden Erben und sogar 82 Prozent der Erb-Geber „ganz besonders oder ziemlich wichtig“. Quelle: dpa
Immobilien-Erbschaften nehmen drastisch zu: Sie sind künftig in zwei von drei Erbschaften enthalten. Bislang waren lediglich in jeder zweiten Erbschaft eine oder mehrere Immobilien enthalten (53 Prozent). Dagegen planen heute 64 Prozent der Deutschen, die etwas vererben wollen, auch Immobilien zu übertragen. Quelle: dpa
Geerbte Eigenheime werden künftig fast nur halb so oft von den Erben selbst bezogen wie bislang. Bisher wurden vom Erbschaftsgeber zuvor selbst bewohnte Immobilien zu 47 Prozent auch von den Erben bezogen. Künftige Erben planen das aber nur noch zu 29 Prozent. Dagegen wurden geerbte Eigenheime bislang zu 37 Prozent verkauft. Dies planen aber nur noch 30 Prozent der angehenden Erben. Sie wollen zu 19 Prozent vermieten. Bislang waren das lediglich 14 Prozent der Erbschaftsfälle. Quelle: dpa
Frauen, die Erbschaften erwarten, sind sie weit stärker an „klaren Verhältnissen“ interessiert als Männer. Jeder zweiten angehenden Erbin ist es „ganz besonders wichtig“, dass die Verteilung des Erbes mit allen Beteiligten vor dem Erbfall abgesprochen wird. Unter männlichen angehenden Erben sagt das nur jeder dritte. Quelle: REUTERS

Rund 135.000 Betriebe suchen nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn bis 2018 einen Nachfolger. Analysen zufolge übertragen 54 Prozent die Firma innerhalb der Familie, also etwa an den Sohn oder die Tochter. Bei Erbe oder Schenkung kommen die Nachfolger in den Genuss massiver Steuervorteile. Doch die gehen dem Bundesfinanzhof in München viel zu weit. Im September 2012 legte das höchste Finanzgericht seine schweren Bedenken gegen die großzügigen Regeln im Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vor.

Am 8. Juli ist die mündliche Verhandlung in Karlsruhe, bei der alle maßgeblichen Vertreter des Finanzministeriums, des Bundesfinanzhofs und weitere Experten zu Wort kommen. Schon kurz darauf könnten die Richter verkünden, dass die jetzigen Vorteile gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes verstoßen und deshalb gestrichen oder geändert werden müssen.

Wie Betriebsnachfolger ihren Steuervorteil selbst berechnen können

Bestehende Steuervorteile sichern

"Wir sind alle sehr gespannt, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet", sagt Marc Jülicher, Fachanwalt für Steuerrecht der Kanzlei Flick, Gocke, Schaumburg in Bonn. "Wenn jemand sein Unternehmen mit größerem Vermögen ganz steuerfrei übertragen möchte, sollte er das zeitnah machen", so der Experte. Denn diese "Vollverschonung" sei kaum zu halten.

Auch die Steuerbefreiung von 85 Prozent sollten Selbständige für ihre Nachfolger sichern. "Es kann nicht besser werden für Unternehmer", so Anwalt Jülicher. Sein Kollege Bernhard Leibfried, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Kanzlei KKLB in Fellbach bei Stuttgart stimmt ihm zu: "Im schlechtesten Fall könnte das Bundesverfassungsgericht die jetzigen Vorteile nach der Anhörung streichen. Dann wären keine Übertragungen mehr wie bisher möglich." Matthias Lefarth, Leiter der Abteilung Finanz- und Steuerpolitik beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin, pflichtet dem bei, meint aber, dass zumindest das Standardmodell bestehen bleibt: "Denn es gilt den Grundsatz zu verwirklichen, dass Betriebe fortbestehen können und die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht einen Verkauf oder die Aufgabe des Betriebs erzwingt."

Beim Standardmodell, das in der Praxis am häufigsten genutzt wird, müssen Nachfolger folgende Bedingungen einhalten:

Bedingung 1: Maximal 50 Prozent Verwaltungsvermögen

Zum Betriebsvermögen gehören vor allem das Firmengebäude, Maschinen, Werkzeuge, Fahrzeuge. Zum Verwaltungsvermögen zählen etwa: An andere vermietete Immobilien, Anteile an einer externen GmbH mit 25 Prozent oder weniger, Wertpapiere und Forderungen, Bankguthaben, Festgelder, Beteiligungen an anderen Gesellschaften. "Durch eine seit dem 6. Juni 2013 geltende Änderung des Gesetzes ist es weitaus schwieriger als früher, unter 50 Prozent Verwaltungsvermögen zu bleiben", so Experte Marc Jülicher. Denn Forderungen, Verbindlichkeiten und Liquidität zählen zum Verwaltungsvermögen, das je nach aktueller Geschäftslage stark schwankt. "Maßgeblich sind die Beträge am Bewertungsstichtag", so Jülicher.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%