Private Krankenversicherung Was Ihnen der Vertreter nicht sagt

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Was ein unabhängiger Berater empfehlen würde


Seit ein paar Jahren tobt der Streit zwischen Versicherern und Verbraucherschützern um die beste Beratung. Eine Kernfrage dabei lautet: Bezahlt der Kunde über eine Provision oder ein Honorar seinen Berater? Die Versicherer beharren auf der Beratung gegen Provision, weil sie davon ausgehen, dass die Kunden in der Masse nicht bereit wären, ein vorher vereinbartes Honorar zu zahlen.

Zudem ist die Provisionsberatung in vielen Fällen für die Vermittler sehr angenehm, weil sie keine separate Rechnung stellen müssen, sondern ihr Lohn mit den ersten Beiträgen gezahlt wird. Umfragen ergaben: Viele Kunden wissen oder merken daher gar nicht, was sie eigentlich an den Vermittler zahlen, auch wenn sie das heute in vielen Fällen im Vertrag nachlesen können.

Viele Wechsler in die PKV seien sich der Tragweite ihrer Entscheidung nicht bewusst, stellt Weinberg fest. Auch hierzu erhalte er viele Zuschriften. „Unseres Erachtens liegt das unter anderem daran, dass die einzige Beratung zu einem Wechsel in die PKV durch den Versicherungsvermittler stattfindet, der auf Provisionsbasis arbeitet.“ Dies sehen auch viele Verbraucherschützer so, sogar innerhalb der Branche kommt Kritik auf.

Umdeckungen innerhalb der PKV verursachten für die Branche insgesamt keinerlei Mehrwert, sondern nur Kosten, mahnt der Branchenexperte und ehemalige PKV-Ombudsmann Arno Surminski. „Denn jeder Wechsel muss mit Provisionen bezahlt werden.“

Dadurch kannibalisiere sich die Branche selbst. Deshalb sollte die PKV überlegen, ob bei Wechseln innerhalb des Systems nicht generell auf Provisionen verzichtet wird. „Es sollte keine Belohnung dafür geben, dass der Vertrieb diesen Wechsel fördert.“

Die Bundesregierung ist anderer Ansicht, wie ihre Antworten auf die Fragen 22 und 23 zeigen. Sie hat zwar keine tiefer gehenden Erkenntnisse dazu, geht aber „davon aus, dass die Bürgerinnen und Bürger sich ausführlich über Vor- und Nachteile informieren und erst dann wechseln“.

Weinberg und andere schlagen eine unabhängige Beratung vor. Diese könnte verpflichtend sein. Doch dazu äußert sich die Regierung nicht ausdrücklich. Sie verweist nur auf frühere Antworten, wonach die Bürger sich wohl schon richtig informieren würden.

Die Erfahrung der Verbraucherschützer ist jedoch in vielen Fällen völlig anders. Ein Muster, das sie feststellen: Die Menschen werden durch niedrige Beiträge in die PKV gezogen, ohne jedoch die komplexen Regeln zu durchblicken. Erst im Laufe der Jahre merken sie, was los ist und müssen sich dann mühsam PKV-Wissen aneignen. Der Weg zurück in die GKV ist in vielen Fällen dann schon verbaut.

Eine unabhängige Beratung könnte solche Risiken aufzeigen – ohne Interesse an der Vermittlung eines Vertrages. Das wäre im Sinne des Verbrauchers, der eine wichtige Entscheidung gut informiert treffen möchte. Der Nachteil für die Branche: Die Hochdruck-Verkäufer würden dann wohl nicht mehr so leichtes Spiel haben, schlecht informierte Kunden in die PKV zu ziehen. Weinberg ist jedenfalls sicher: Bei einer verpflichtenden unabhängigen Beratung über die Vor- und Nachteile der privaten Krankenversicherung würde kaum jemand mehr in die PKV wechseln.

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