




Der Vertrieb darf sich die Hände reiben. Wenn die Riester-Zulage Anfang 2018 von bislang 154 Euro auf 175 Euro steigt, hat der Riester-Vermittler ein Verkaufsargument mehr. Diese im neuen Betriebsrentenstärkungsgesetz enthaltene Anhebung - der Bundesrat hat das Gesetz am Freitag verabschiedet - dürfte den lahmenden Riester-Verkauf ein wenig ankurbeln: Schließlich schenkt der Staat den Sparern jetzt noch mehr Geld, so wird zu hören sein. Das Problem ist nur: Die Werbebotschaft führt in die Irre. Die meisten Riester-Sparer profitieren von der höheren Zulage überhaupt nicht.
Um das zu verstehen, muss man die Grundzüge der staatlich geförderten Altersvorsorge à la Riester verstehen. Anspruch auf die Förderung haben alle Pflichtversicherten in der Rentenversicherung, aber auch Beamte - um nur die zwei größten Personengruppen zu nennen. Wenn Sparer aus diesen Gruppen mit eigenen Beiträgen und den staatlichen Zulagen wenigstens vier Prozent ihres Brutto-Vorjahreseinkommens in den Vertrag einzahlen (maximal aber 2100 Euro), dann haben sie Anspruch auf die volle staatliche Förderung.
Diese staatliche Förderung sieht so aus: Der Staat schießt direkt Geld zu, pro Sparer bislang 154 Euro, künftig dann 175 Euro im Jahr. Für Kinder haben Eltern Anspruch auf Extra-Zulagen, wobei nur ein Elternteil diese bekommt. Die Höhe der Kinderzulage beträgt 300 Euro oder, wenn das Kind vor 2008 geboren ist, 185 Euro. Diese Kinderzulage fließt solange, wie auch Anspruch auf Kindergeld besteht.
Die Zulagen waren von Anfang an eine tolle Werbebotschaft für den Finanzvertrieb. Denn ein „Geldgeschenk“ vom Staat - wer sollte das schon ausschlagen?
Neben den Zulagen gibt es noch eine steuerliche Förderung. Die in den Riester-Vertrag eingezahlten Beiträge werden nicht mit Einkommensteuer belastet, sie dürfen also aus dem Brutto-Einkommen gezahlt werden. Wer die Beiträge in seiner Steuererklärung angibt, bekommt daher die gezahlte Steuer wieder erstattet. Doch, Achtung, nicht die gesamte, rechnerische Steuer - also die Summe der Beiträge multipliziert mit dem persönlichen Steuersatz - wird erstattet. Stattdessen werden die bereits ausgezahlten Zulagen vom rechnerischen Steuervorteil abgezogen. Nur wenn sich ein höherer Steuervorteil ergibt, bekommt der Steuerzahler wirklich Geld zurück.
Was Erwerbstätige daran hindert mehr privat vorzusorgen
Sechs Prozent der Befragten gaben, dem Thema private Vorsorge zu wenig Wertschätzung entgegen zu bringen.
Acht Prozent der Befragten gaben an, dass sie Konsum der privaten Vorsorge vorziehen.
Acht Prozent der Befragten gaben an, beim Thema Altersvorsorge zu resignieren.
Für neun Prozent gehört fehlende Zeit zu den Hauptproblemen.
Elf Prozent der Befragten mangelt es an der Kenntnis beziehungsweise der nötigen Aufklärung über das Thema.
Für 21 Prozent der Befragten ist mangelnde staatliche Unterstützung ein Problem.
Ein zu geringes Einkommen und Vermögen sind für 57 Prozent der Befragten ein Problem.
Ein Zahlenbeispiel zeigt den Effekt: Ein Riester-Sparer, 45 Jahre alt, ohne Kinder und mit 52.500 Euro zu versteuerndem Einkommen im Jahr, hat insgesamt 2100 Euro im Jahr in den Vertrag eingezahlt. 154 Euro Grundzulage hat der Staat zugeschossen. Der Steuersatz auf jeden zusätzlichen Einkommens-Euro (auch Grenzsteuersatz genannt) setzen wir mit 40 Prozent an. Soviel Steuer spart der Sparer also auch, wenn vom zu versteuernden Einkommen etwas abgezogen wird. Damit liegt die rechnerische Steuerersparnis hier bei 40 Prozent von 2100 Euro, also 840 Euro. Doch weil der Sparer 154 Euro ja schon als Zulage bekommen hat, werden sie abgezogen. Unter dem Strich bekommt er über die Steuererklärung daher nur 686 Euro zurück (840 Euro minus 154 Euro).
Kleines Plus mit Kindern
Für die meisten Normal- bis Gutverdiener sind die Zulagen daher unwichtig. Jeder zusätzliche Euro Zulage ist ein Euro weniger beim Steuervorteil. Anders sieht es erst bei mehreren Kindern aus. Wäre der Sparer im Beispielfall verheiratet und das gemeinsame Einkommen läge genauso hoch wie beim ledigen Sparer, also bei 52.500 Euro, dann würde der Grenzsteuersatz des Paares auf etwa 30 Prozent sinken. Der rechnerische Steuervorteil macht dann nur noch 630 Euro aus. Hätte der Sparer zudem noch zwei Kinder, läge die Summe der Zulagen bei 754 Euro - jetzt also höher als der Steuervorteil von nur 630 Euro. Er bekäme über die Steuererklärung daher nichts für seine Riester-Beiträge zurück, aber dürfte die Zulagen behalten. Dieser Sparer würde daher von der Erhöhung Anfang 2018 profitieren, statt 754 Euro bekäme er dann künftig 775 Euro vom Staat.





Ein Anstieg der Zulagen nutzt daher vor allem Geringverdienern (bei denen der rechnerische Steuervorteil wegen ihres geringen Steuersatzes klein ist) und Normalverdienern mit mehr als einem Kind (erst dann übersteigt die Summe der Zulagen ihren rechnerischen Steuervorteil). Nach Daten des Statistischen Bundesamtes von 2013 haben unter den Familien in Deutschland 42 Prozent nur ein Kind, weitere 42 Prozent haben zwei Kinder und nur 15 Prozent drei oder mehr Kinder. Schon das zeigt: Ein großer Teil der Sparer wird von der höheren Zulage nicht profitieren.
Ihnen bleibt dann der Steuervorteil. Doch auch der ist einen zweiten Blick wert. Denn wer bei der Riester-Rente nur auf die Einzahlungsphase schaut, wird fehlgeleitet. Das ist leider die Regel, etwa in Verkaufsgesprächen, wo Berater gerne Förderquoten errechnen ("Schauen Sie mal, 40 Prozent ihrer Beiträge zahlen Sie gar nicht selbst? Wo gibt es das denn sonst?"). Solche Berater informieren weder umfassend, noch neutral. Die Wahrheit ist: Das Gegenstück der staatlichen Förderung in der Einzahlungsphase ist ein großer Nachteil der Riester-Rente bei der Auszahlung: Die Riester-Rente muss zu 100 Prozent versteuert werden. Das heißt natürlich nicht, dass der Staat 100 Prozent davon behält, sondern dass auf die komplette Auszahlung der persönliche Steuersatz anfällt.