70. Jahrestag der Staatsgründung Israel warnt Palästinenser mit Flugblättern vor Ausschreitungen

Israel feiert den 70. Jahrestag seiner Gründung und den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem. Es wird mit heftigen Protesten am Grenzzaun zum Gazastreifen gerechnet.

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Israel warnt Palästinenser mit Flugblättern vor Ausschreitungen Quelle: dpa

Tel Aviv/Gaza/Jerusalem In Israel haben die Feiern zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem begonnen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte bei einer Feier im Außenministerium am Sonntag die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.

Dieser Schritt sei mutig und richtig gewesen, sagte er in Gegenwart von Trumps Tochter Ivanka und ihrem Ehemann Jared Kushner. Die Botschaft soll am Montag offiziell eröffnet werden.

Israels Regierung rechnet mit Protesten im Westjordanland und im Gazastreifen. Die Armee warf Flugblätter über dem Gazastreifen am Mittelmeer ab. Darin würden die Einwohner auf Arabisch davor gewarnt, sich dem Grenzzaun zu Israel zu nähern, ihn zu beschädigen oder Anschläge zu verüben, teilte die israelische Armee mit.

Man habe an die Menschen appelliert, sich nicht von der im Gazastreifen herrschenden Hamas missbrauchen zu lassen, hieß es in der Mitteilung der Armee. Die Hamas wird von Israel, EU und USA als Terrororganisation eingestuft und hat sich die Zerstörung des Staates Israel auf die Fahne geschrieben. „Erlaube es der Hamas nicht, Dich auf zynische Weise als ihre Marionette zu missbrauchen“, heißt es auf einem der Flugblätter. „Halte Dich fern vom Sicherheitszaun, terroristischen Aufrührern und gewalttätigen Demonstranten!“ und „Rette Dich selbst und setze lieber darauf, Dir eine gute Zukunft aufzubauen!“

Die Eröffnung der amerikanischen Botschaft ist international umstritten. US-Präsident Donald Trump hatte Jerusalem im Dezember im Alleingang als Hauptstadt Israels anerkannt. Dies löste schwere Unruhen in den Palästinensergebieten aus. Israel feiert den Schritt dagegen als großen politischen Triumph.

In Jerusalem selbst begingen am Sonntag Zehntausende den sogenannten Jerusalemtag, der an die Eroberung des Ostteils der Stadt durch israelische Truppen im Sechstagekrieg 1967 erinnert. Sie schwenkten israelische Flaggen und zogen singend und tanzend durch die Straßen. Die Polizei sprach von mehr als 30.000 Teilnehmern. Gemäßigte Gruppen protestierten gegen den Aufzug.

Palästinenser empfinden den Umzug der US-Botschaft als Provokation, weil sie Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres künftigen Staates machen wollen. Sie protestieren zudem seit Wochen gegen die Blockade des Gazastreifens durch Israel und Ägypten. Israelisches Militär reagierte mit Tränengas und scharfen Schüssen auf Personen, die dem Grenzzaun zu nahe kommen. Bislang wurden bei den Protesten mehr als 40 Palästinenser getötet.

In der neuen Woche wird aber nicht nur die umstrittene Botschaft eröffnet, Israel begeht auch den 70. Jahrestag seiner Staatsgründung und die Palästinenser erinnern an die darauf folgenden Vertreibungen aus dem heutigen Staatsgebiet. Vor allem an der Grenze zum Gazastreifen ist die Lage zum Zerreißen angespannt: Die dort regierende radikalislamische Hamas hat dazu aufgerufen, die israelische Blockade zu durchbrechen, um ein Recht auf Rückkehr in damals verlorene Häuser durchzusetzen.

Israel hat seine Truppen an der Grenze unter anderem durch Spezialeinheiten, Scharfschützen und Geheimdienstler verstärkt. Auch ins Westjordanland wurden zusätzliche Soldaten geschickt. Die Hamas kündigte dagegen an, die Proteste würden wie angekündigt stattfinden.

Die Gesundheitsbehörden im Gazastreifen bereiteten sich auf zahlreiche Opfer vor. Es seien Zelte aufgestellt worden, um die Notaufnahme mit ihren 20 Betten zu entlasten, sagte der Sprecher des größten Krankenhauses in Gaza, Aiman Sahbani. Wenn das Schifa-Krankenhaus allerdings mit voller Kraft arbeite, werde ihm bald die Medizin ausgehen. Das Spital sei von der zehn Jahre langen Blockade des Gazastreifens schwer getroffen.

Im Gazastreifen werden zudem Kochgas und Diesel knapp. Protestierende Palästinenser hatten am Freitag eine Anlage zerstört, über die diese Energieträger aus Israel in den Küstenstreifen kommen. Israel schloss daraufhin den Übergang Kerem Schalom und erklärte, es werde Wochen dauern, bis die Millionenschäden beseitigt seien. Regierungsbeamte in Gaza sagten, die Vorräte reichten jetzt noch für sieben bis zehn Tage. Unklar war, wann Lastwagen wieder Verbrauchsgüter nach Gaza bringen würden.

Den Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israel hielt US-Außenminister Mike Pompeo indes noch nicht für endgültig auf Eis gelegt. Die Vereinigten Staaten hofften noch immer auf ein „erfolgreiches Ergebnis“ in dem Konflikt, auch wenn Trumps Regierung die Botschaft nach Jerusalem verlegen werde. Mit Blick auf die Sicherheit vor Ort sagte Pompeo, nicht nur US-Regierungsinteressen seien sichergestellt, sondern auch amerikanische Staatsbürger könnten sich dort sicher bewegen. Dafür seien einige Schritte unternommen worden.

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