Angespannte deutsch-türkische Beziehung Harsche Kritik an Özil und Gündogan nach Erdogan-Treffen – „Für Wahlkampfmanöver missbraucht“

Die türkischstämmigen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan posieren mit Erdogan für Fotos – und werden dafür in Deutschland scharf kritisiert.

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Die türkischstämmigen, aber in Deutschland geborenen Fußballer Ilkay Gündogan, Mesut Özil und Cenk Tosun posieren für ein Foto mit dem türkischen Präsidenten. Quelle: dpa

Berlin Einen Tag vor der Nominierung des vorläufigen Kaders für die Fußball-WM in Russland geraten die türkischstämmigen deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan wegen eines Treffens mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in die Kritik. Sowohl DFB-Präsident Reinhard Grindel wie auch Politiker warfen den Spielern mangelnde Distanz zu Erdogan vor.

„Der Fußball und der DFB stehen für Werte, die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden. Deshalb ist es nicht gut, dass sich unsere Nationalspieler für seine Wahlkampfmanöver missbrauchen lassen“, schrieb Grindel am Montag auf Twitter. Mehrere Politiker verwiesen vor allem auf die Einschränkung der Pressefreiheit und Menschenrechte in der Türkei.

Özil und Gündogan hatten sich in einem Londoner Hotel mit Erdogan getroffen und ihm Trikots von ihrer jeweiligen Vereinsmannschaft überreicht. Fotos davon wurden unter anderem von Erdogans Partei AKP in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Gündogan hatte sein Trikot mit der Widmung versehen: „Mit Respekt für meinen Präsidenten“.

„Im Londoner Luxushotel mit dem Despoten Erdogan zu posieren und ihn auch noch als 'meinen Präsidenten' zu hofieren, während in der Türkei Demokraten verfolgt und kritische Journalisten inhaftiert werden, ist ein grobes Foul“, erklärte die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen. „Der Bundespräsident eines deutschen Nationalspielers heißt Frank-Walter Steinmeier, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, und das Parlament heißt Deutscher Bundestag“, sagte der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir.

Der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Detlev Pilger, sprach von der „Huldigung für einen Politiker, der die Pressefreiheit mit Füßen tritt und die Menschenrechte einschränkt“. Özil und Gündogan „spielen schließlich für die deutsche Nationalmannschaft. Daher sollten sie auch Loyalität gegenüber dem deutschen Staat zeigen“, sagte er der „Rhein-Neckar-Zeitung“.

Der sportpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eberhard Gienger, sagte, das Verhalten der Nationalspieler laufe den Bemühungen um Integration der Türken in Deutschland zuwider. „Wir wollen, dass die türkischen Mitbürger hierzulande die Bundesrepublik als ihr Land betrachten. Und dann bekennen sich zwei herausragende Persönlichkeiten zu einem anderen Staat. Das ist nicht in Ordnung“, sagte der ehemalige Kunstturner.

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