Atomabkommen auf der Kippe Deutsch-iranische Wirtschaftsbeziehungen in Gefahr

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Atomabkommen am Ende? Negative Folgen für die USA

Hinter all dem steht die Befürchtung in der deutschen Wirtschaft, dass der Export schlimmstenfalls wieder auf eine Größenordnung von unter zwei Milliarden Euro zurückfallen könnte, den Stand von 2013. Dabei hatte die deutsche Wirtschaft in erfolgreichen Jahren, wie Mitte des vergangenen Jahrzehnts, Waren im Wert von rund fünf Milliarden Euro in den Iran geliefert.
Vor Jahrzehnten spielte der Iran eine bedeutende Rolle als deutscher Handelspartner. In den 1970er Jahren war das Land nach DIHK-Angaben für die deutsche Wirtschaft der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas hinter den USA.
„Sollte das Atomabkommen scheitern, würde dies nicht nur die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen treffen, sondern auch das Vertrauen in internationale Vereinbarungen“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Treier. Diese Risiken gefährdeten damit auch die wieder verbesserten Wirtschaftsbeziehungen deutscher Unternehmen mit dem Iran erheblich.
Negative Folgen für die USA
Dabei sind es nicht nur Europa und Deutschland, die negative Folgen durch den Abbruch des Abkommens befürchten. Auch Experten in den USA weisen auf Gefahren hin. „Wir könnten in die sehr eigenartige Position kommen, dass wir unsere europäischen Partner für Geschäfte mit dem Iran sanktionieren müssten“, sagte der demokratische Kongressabgeordnete Joaquin Castro. Er schloss auch militärische Konsequenzen nicht aus. „Es wäre sehr gefährlich, diesen Weg zu gehen“, betonte er.

Zwölf Jahre Streit um das iranische Atomprogramm

An den Märkten jedenfalls herrscht vor der Trump-Rede Unruhe. Eine Aufkündigung des Atomabkommens könnte weitreichende Folgen für den Ölmarkt haben. Schon jetzt gilt das Angebot als knapp. Das liegt zum einen an einer seit Anfang 2017 geltenden Fördergrenze der Opec. Zum anderen ist die Förderung in dem ölreichen Krisenstaat Venezuela eingebrochen. Hinzu kommt eine solide wachsende Weltwirtschaft, die für eine steigende Nachfrage nach Erdöl sorgt. Käme es zu Wirtschaftssanktionen gegen den Iran, könnte das ohnehin knappe Rohölangebot weiter fallen. Es drohen steigende Rohölpreise.

Negative Folgen für den Iran
Die größte Sorge des Irans gilt der eigenen Wirtschaft. Viele Iraner werfen Präsident Hassan Ruhani Führung vor, bei der Kontrolle in die Höhe schießender Preise für Grundnahrungsmittel wie Fleisch und Reis versagt zu haben. Alles ist teurer geworden, von der Taxifahrt bis zum Friseurbesuch. Die Schwarzmarktkurse sind auf um die 70.000 Rial für einen Dollar geschnellt, während der von der Regierung verordnete Kurs bei 42.000 Rial liegt. Und die Unsicherheit über die Zukunft des Atomabkommens verstärkt die wirtschaftlichen Sorgen nur, sagt Dschihad Asur, der für den Nahen Osten und Zentralasien zuständige Direktor des Internationalen Währungsfonds IWF. „Wenn Sie das Level der Unsicherheit erhöhen, hat das immer einen negativen Einfluss auf die Wirtschaft.“

Diese wirtschaftlichen Probleme haben im Dezember und Januar zu landesweiten Protesten im Iran geführt. Mindestens 25 Menschen wurden bei den Demonstrationen getötet, fast 5000 festgenommen. Die Revolutionsgarde unterband den Aufruhr zwar, auf lokaler Ebene kommt es vereinzelt aber immer wieder zu Streiks und anderen Protesten.
Sollte das Abkommen aufgekündigt werden und die wirtschaftliche Situation sich dadurch noch weiter zuspitzen, dürften sich auch die innerpolitischen Probleme im Iran verstärken.

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