Deniz Yücel Merkel will fairen Umgang mit "Welt"-Reporter in Türkei

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangt von der Türkei, im Ermittlungsverfahren gegen den „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel rechtsstaatliche Regeln einzuhalten.

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Der Türkei-Korrespondent der

Die Bundesregierung macht sich bei der Türkei für den in Istanbul wegen angeblicher Terrorpropaganda festgehaltenen "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel stark. Bundeskanzlerin Angela Merkel pochte bei Regierungschef Binali Yildirim am Samstag persönlich auf eine faire und rechtsstaatliche Behandlung des Journalisten. Das Auswärtige Amt erklärte: "Natürlich tun wir alles, was wir können, um Deniz Yücel zu unterstützen." Der 43-Jährige mit deutschem und türkischem Pass hatte wie andere Medienvertreter über gehackte E-Mails von Energieminister Berat Albayrak berichtet. Darin ging es auch um eine Beeinflussung der Öffentlichkeit etwa durch falsche Twitter-Nachrichten. Albayrak ist ein Schwiegersohn von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Nach Angaben der "Welt" werfen die türkischen Behörden Yücel Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Datenmissbrauch und Terrorpropaganda vor. Yücel habe sich am Dienstag in das Polizeipräsidium von Istanbul begeben, um sich den Fragen der Ermittler zu stellen. Nach den Regeln des Ausnahmezustandes in der Türkei kann er bis zu 14 Tage ohne Anhörung durch einen Richter festgehalten werden. Danach kann die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft beantragen.

Yücels Wohnung sei durchsucht worden, erklärte die "Welt". Die privaten E-Mails Albayraks hatte das linksgerichtete türkische Hacker-Kollektiv RedHack beschafft. Sie sind seit Anfang Dezember auf der Enthüllungsplattform Wikileaks frei zugänglich. In den Texten geht es unter anderem um die Kontrolle türkischer Medienkonzerne. Seit dem gescheiterten Militärputsch im Sommer hat die Regierung Tausende Kritiker festgesetzt.

Der Sprecher des Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte, Merkel habe bei ihrer Begegnung mit Yildirim am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz den Fall ausführlich angesprochen. "Sie hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass Herr Yücel durch die deutsche Botschaft umfassend konsularisch betreut werden kann", sagte Seibert: "Die Bundeskanzlerin drückte die Erwartung der Bundesregierung aus, dass Deniz Yücel eine faire und rechtsstaatliche Behandlung erfährt." Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, auch in der Türkei sei die Pressefreiheit verfassungsrechtlich verankert. Das Amt habe Kontakte mit Yücel und mit der Redaktion der "Welt".

"Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt sagte, die Zeitung vertraue darauf, dass ein faires Verfahren Yücels Unschuld ergeben werde. Er appelliere an die Behörden, keine Untersuchungshaft zu verhängen. "Deniz Yücel hat seine Bereitschaft gezeigt, an einem rechtsstaatlichen Verfahren mitzuwirken." Dies und die Würdigung der Pressefreiheit in der türkischen Verfassung sollte in die Entscheidung einfließen.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Frank Überall, sagte, Yücel sei Journalist und kein Verbrecher. "Der Verdacht, der seiner Ingewahrsamnahme zugrunde liegt, ist hanebüchen." Die SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte: "Wenn die Pressefreiheit stirbt, dann stirbt die Demokratie."

Yildirim wollte am Samstag vor Anhängern in Oberhausen für die anstehende Verfassungsreform werben, mit der Erdogan seine Macht ausbauen will. Bei dem Referendum am 16. April sind auch in Deutschland lebende Türken wahlberechtigt. Die Bundesregierung hatte Yildirim im Vorfeld aufgefordert, keine innenpolitische Konflikte nach Deutschland zu tragen.

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