Der Ukraine-Krieg und die Expo Putin-Käppis im russischen Pavillon, Tränen bei den Ukrainern

Der Ukraine-Krieg und die Expo. Quelle: REUTERS

Nach dem russischen Angriff wurde aus Ukraines Expo-Pavillon in Dubai ein Wallfahrtsort für Solidarität. In Russlands Pavillon wird der Krieg ausgeblendet. Thema der Ausstellung ist, kein Witz: das Gehirn. Ein Ortsbesuch.

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Allein schon das Motto der Weltausstellung Expo in Dubai klingt in diesen Kriegstagen wie ein Hohn: „Connecting minds, creating future“ – Köpfe verbinden, die Zukunft gestalten. Wie kann man die Kollaboration der weltweiten Intelligenz feiern, während die Zukunft der Ukraine und Russlands auf dem Spiel steht? Und wie gehen die beiden Länder, die beide mit eigenen Pavillons auf der Ausstellung vertreten sind, mit der Situation um? Beim Ortsbesuch auf der Expo in der vergangenen Woche wird klar: Während die Russen den Krieg in ihrem Pavillon ausblenden, ist er das zentrale Thema im ukrainischen Pavillon.

Der russische Pavillon ist schon von weitem zu sehen, er hat die Form von zwei Halbkugeln, die Fassade ist besteht aus ineinander verschlungenen Rohren in bunten Farben. Das Thema der Ausstellung ist bemerkenswert: Es geht um das menschliche Gehirn, ausgerechnet. „Kreative Köpfe – die Motoren der Zukunft“ lautet das Motto. Bemerkenswert deshalb, weil in den vergangenen Tagen häufig darüber diskutiert wurde, was eigentlich in Wladimir Putins Gehirn abläuft.

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Der Andrang am vergangenen Freitag ist moderat, vor allem viele Inder laufen mit gezückten Handykameras durch die Ausstellung. Auf einer 360-Grad-Kinoleinwand werden das soziale, das emotionale, das kulturelle Gehirn vorgestellt. Neuronenströme werden wie ein Feuerwerk inszeniert, untermalt von wummernden Bässen. Die Assoziationen, die sich aufdrängen: Das Feuerwerk wirkt wie Raketenbeschuss, die Bässe wie Kanonendonner.

Im russischen Pavillon auf der Expo ist der Krieg in der Ukraine kein Thema. Im Souvenirladen werden unter anderem Käppis und T-Shirts mit der Aufschrift „Putin Team Russia“ verkauft. Quelle: Getty Images, Volker ter Haseborg für WirtschaftsWoche

Es gibt im Pavillon noch eine Kaviar-Bar und einen Souvenirladen. Im Souvenirladen werden unter anderem Käppis und T-Shirts mit der Aufschrift „Putin Team“ verkauft. Der absolute Bestseller, versichert die Verkäuferin. Nicht nur Russen, sondern auch Amerikaner und Deutsche seien ganz verrückt nach der Marke. „Nicht zu glauben“, sagt ein israelischer Besucher, der kopfschüttelnd den Laden verlässt. „From Russia with love“ steht an der Wand des Pavillons. 2030 will Moskau die Expo ausrichten.

Nur ein paar Gehminuten entfernt, in Sichtweite, befindet sich der ukrainische Pavillon. Das Land wollte sich als „smarte Ukraine“ präsentieren. Investoren anziehen mit Windkraftprojekten, auf die erste Mondmission des Landes verweisen. Elektrofahrräder präsentieren und Solartechnik sowie ein Öko-Ferienresort in der Nähe von Odessa, das 2023 eröffnen soll.

Der ukrainische Pavillon ist eine Art Wallfahrtsort geworden: Auf hunderttausenden Post-Its haben Besucher aus allen Teilen der Erde kleine Solidaritätsbotschaften hinterlassen. Quelle: Getty Images/Reuters

Seit der Krieg über das Land gekommen ist, ist all das Nebensache. Der Pavillon ist ein Wallfahrtsort geworden. Kinder hatten die Idee, kleine Solidaritätsbotschaften auf Post-Ist zu schreiben und an die Wände zu kleben. Mittlerweile sind es Hunderttausende, geschrieben von Besuchern aus allen Teilen dieser Erde. Alle Wände des dreistöckigen Gebäudes sind voll. Später, wenn der Krieg vorbei ist, sollen die Zettel in ein Museum kommen. „No War“ steht da, „Be strong!“ oder „Gott mit euch!“. Hostessen verteilen Schleifchen in gelb und blau, die man sich anheften kann. Besucher können Selfies machen vor einem lebensgroßen Pappkameraden von Präsident Selenskyj, überschrieben mit „Stand with Ukraine“. Die Videobotschaften des Präsidenten an die Welt laufen über einen Monitor in Dauerschleife.

Ilona Kryklii kam als Mitarbeiterin für den Pavillon hierher, vor dem Krieg. Jetzt muss sie von hier aus verfolgen, wie ihre Heimat von den Russen beschossen wird, wie Menschen sterben. „Ich fühle mich schuldig, weil ich an einem sicheren Ort bin“, sagt die 26-Jährige, während sie tapfer die Menschen in den Pavillon dirigiert. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt mit einer weißen Friedenstaube und der Aufschrift: "I stand with Ukraine".

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Ihre Familie lebt in der West-Ukraine, da sei sie sicherer, hofft sie. Wenn die Expo vorbei ist, Ende März, will sie sich nach Hause durchschlagen und sich als Freiwillige melden, um das Land wieder aufzubauen. „Ich glaube, dass mein Land eine große Zukunft vor sich hat. Das glaube ich ganz bestimmt“, sagt sie. Sie hält inne, weint kurz. Dann reißt sie sich zusammen und winkt die nächsten Besucher herein.

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