Donald Trump „Es geht nur um ihn“

Donald Trump scheint seine Politik auf Grundlage eigener Erfahrung oder der von Bekannten zu entwickeln. Dabei ignoriert er, dass sich die Welt eines Milliardärs stark vom Leben eines Normalbürgers unterscheidet.

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US-Präsident Donald Trump scheint immer jemanden persönlich zu kennen, „der ein echter Experte ist“. Quelle: AFP

Egal, um welches Thema es geht: US-Präsident Donald Trump scheint immer jemanden zu kennen, der damit schon Erfahrungen gemacht hat. Oder er kann selbst ein persönliches Erlebnis dazu beisteuern. Als er am Donnerstag Spitzenmanager von Fluggesellschaften traf, sagte Trump, sein eigener Pilot - „der ein echter Experte ist“ -, habe ihm von Problemen mit veraltetem Gerät berichtet.

Als er eine Woche zuvor mit Fachleuten aus der Wirtschaft zusammentraf, verwies Trump auf die Schwierigkeiten befreundeter Unternehmer, sich Geld von Banken zu leihen. Dabei ging es um seinen Plan, die Bankenregulierung zu lockern.

Und als er sich lobend über den britischen Wunsch nach einem Austritt aus der EU äußerte, erwähnte Trump im Januar, dass er im Umgang mit der EU-Bürokratie in seinen eigenen Unternehmen eine „sehr schlechte Erfahrung“ gemacht habe. „Die Genehmigungen von Europa zu bekommen, war sehr, sehr schwierig“, sagte er.

„Es geht nur um ihn“

Trump ist ein Präsident der Einzelbeispiele: Er entwickelt politische Vorhaben mithilfe seines eigenen, persönlichen Bezugsrahmens. „Es geht nur um ihn“, sagt Jeff Shesol, der für Expräsident Bill Clinton Reden schrieb. „Sein Rahmen für Europa, sein Rahmen für die Fluggesellschaften, sein Rahmen für das Bankensystem - ist er selbst.“

Dabei muss es nicht unbedingt schlecht sein, bei der Entwicklung oder Rechtfertigung von Vorhaben auf Erfahrungen aus dem wahren Leben zurückzugreifen. In der Vergangenheit haben viele US-Präsidenten den Wert von Einzelfallberichten für die Erläuterung ihrer Politik erkannt. Präsident Barack Obama nutzte seine eigene Lebensgeschichte als Metapher für die ungeahnten Möglichkeiten, die allen Amerikanern offenstünden.

Und er bezog sich häufig auf Anliegen, die Bürger in Briefen an das Weiße Haus erwähnten. Zehn solcher Briefe las Obama täglich. Clinton war bekannt dafür, von seinen Treffen mit normalen Amerikanern zu erzählen. Präsident Lyndon B. Johnson stützte sich in den 1960er Jahren auf seine frühen Erfahrungen im Unterricht von benachteiligten Bürgern mexikanischer Herkunft, wenn er betonte, wie wichtig Bildung und wirtschaftliche Chancen für alle Amerikaner seien.

Der „große Kommunikator“ Ronald Reagan erzählte die Geschichte einer Frau, die unberechtigterweise Sozialhilfe bezog, und bauschte sie zum Stereotyp von „Sozialhilfeköniginnen“ auf, die das System betrügen würden.

Trump übertrifft Reagan


In seinen ersten drei Wochen im Amt habe Trump mit seiner Nutzung von „Argumenten mittels Einzelfällen“ sogar Reagan übertroffen, sagt Kathleen Hall Jamieson, eine auf politische Kommunikation spezialisierte Professorin der Universität von Pennsylvania.

Angesichts der „unvorbereiteten Art“ von Trumps Präsidentschaft dürfe man annehmen, dass „diese individuellen Momente“ für seine Politik eine wichtigere Rolle spielten als dies bei früheren Präsidenten der Fall gewesen sei. Das Risiko dabei sei, fügt Jamieson hinzu, dass ein blindes Vertrauen auf persönliche Erfahrungen „zu der Annahme führt, dass etwas typisch ist, wenn es untypisch ist“.

Bei Trump lässt sich schwer sagen, was genau in seine Politikgestaltung einfließt. Doch der zum Politiker mutierte Milliardär und Unternehmer bezieht sich auf Erfahrungen aus seiner eigenen, höchst exklusiven Welt, die mit der von normalen Amerikanern nicht unbedingt viel zu tun hat.

Als er über beschwerliche EU-Bestimmungen klagte, bezog er sich offenbar darauf, dass er für den Bau einer fast drei Kilometer langen Mauer auf dem Golfplatz der Trump Organization in Irland keine Genehmigung erhielt. Als er während des Wahlkampfs über eine zerbröselnde Infrastruktur auf Flughäfen sprach, erwähnte er die Schlaglöcher auf dem New Yorker Flughafen LaGuardia - wo er in seinem vergoldeten Privatjet landete.

Und als er im Wahlkampf über die Gefahren von Atomwaffen sprach, berief er sich häufig auf die Fachkompetenz seines „brillanten“ verstorbenen Onkels John, Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology.

Missverständnisse und Falschauslegungen

In einigen Fällen sind die Geschichten, auf die er sich stützt, möglicherweise nicht wirklich belastbar. Um seine Forderung nach einer Untersuchung von möglichem Wahlbetrug zu untermauern, berichtete Trump laut einem Bericht der „New York Times“ unter vier Augen von einem Profi-Golfspieler, der ihm entweder erzählt habe, dass er selbst Probleme bei der Stimmabgabe gehabt habe. Oder dass ein Freund von ihm nicht wählen durfte, während andere, die lediglich dem Augenschein nach wahlberechtigt erschienen, ihre Stimme hätten abgeben dürfen.

Der deutsche Golfspieler Bernard Langer veröffentlichte später in der Zeitschrift „Golf Digest“ eine Erklärung, wonach Teile der Geschichte bei der Übersetzung auf der Strecke geblieben seien. Langer erklärte, er habe einem Freund von jemandem erzählt, der nicht wählen konnte. Diese Geschichte habe jemanden mit Verbindungen zum Weißen Haus erreicht, und „ab da wurde sie falsch ausgelegt“.

Und was Trumps Schwierigkeiten mit der EU betrifft: Es gab tatsächlich von Behördenseite Probleme mit der angestrebten Steinmauer auf seinem Golfplatz in Irland. Doch es gab auch örtlichen Widerstand gegen das Projekt.

In einem Interview sagte Trump im Dezember, er habe sich auch um die Genehmigung für eine „massive, schöne Erweiterung“ des Platzes bemüht, die Idee aber nach dem Okay aus Irland fallengelassen, weil die Zustimmung der EU Jahre in Anspruch genommen hätte. Allerdings gibt es keinen Beleg dafür, dass er sich um die Genehmigung für eine solche Erweiterung bemüht hat.

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