Emmanuel Macron Die Europa-Pläne eines Hoffnungsträgers

Frankreichs Präsident Macron will 2018 beweisen, dass er auf dem richtigen Weg ist. Er will Populisten ausbremsen und die europäische Idee mit neuem Leben füllen. Dazu braucht er Unterstützung – aus Deutschland.

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Paris Emmanuel Macron hat kurz vor Weihnachten seinen 40. Geburtstag gefeiert und ist damit in ein für ihn entscheidendes Lebensjahrzehnt eingetreten. Der französische Präsident muss beweisen, dass er sich nicht irrt und den richtigen Weg geht. Er hat schon begonnen, Frankreich umzukrempeln und für das kommende Jahr hat er dasselbe mit Europa vor. Dabei profitiert er auch von dem Machtvakuum, das Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die schwierige Regierungsbildung in Deutschland hat entstehen lassen.

Das US-Magazine „Time“ nannte Macron kürzlich auf dem Titel schon den „zukünftigen Leader Europas“, für das Handelsblatt ist er die „Persönlichkeit des Jahres 2017“. Der britische „The Economist“ bezeichnete Frankreich dank Macron als „Land des Jahres 2017“. Die Zeitschrift würdigte seine Reformen im eigenen Land und schrieb, er gebe Hoffnung. 2012 hatte das Blatt Frankreich noch als „Zeitbombe im Herzen Europas“ bezeichnet.

Bei der Neugründung, die Macron für Europa versprochen hat, setzt er auf Merkel. „Wir wollen der EU zu neuer Kraft verhelfen, ihr eine neue Dynamik vermitteln, Frankreich braucht dazu ein stabiles Deutschland“, hieß es aus dem Elyséepalast. Doch während die Bundeskanzlerin geschwächt ist und noch an ihrer künftigen Regierung arbeitet, eilte Macron schon ein wenig voraus.

Er will nicht mehr das Anhängsel sein, sondern ein gleichwertiger Partner – oder sogar mehr. Er ist in Frankreich der unumstrittene Chef, hat seine ersten Reformen recht mühelos durchgeboxt und sogar in den Beliebtheitsumfragen ist er wieder steil angestiegen. Der heimische Glanz färbt auch aufs Ausland ab, er kann Merkel auf Augenhöhe begegnen.

Macron kündigte seine Neugestaltungspläne für die EU mit zwei mitreißenden Reden in der Pariser Sorbonne und in Athen vor der Akropolis an. Seine Energie wurde überall bewundert, auch in Deutschland. Doch inhaltlich blieb bei vielen nur eins hängen: Er will ein Eurozonen-Budget mit einem eigenen Minister, für viele ein Schritt in Richtung einer Transferunion. In Deutschland kommt ein Schuldentransfer nicht infrage, die Ablehnung ist groß. Auch Vertragsänderungen sind nicht erwünscht. Schon jetzt befürchten viele in Europa, dass der französische Präsident ebenso wie in Frankreich das Europaparlament bei den Wahlen 2019 mit seiner Bewegung überrennen könnte.

Doch Macrons Europapläne nur auf Umverteilung zu reduzieren, wäre falsch. Er will Europa mit mehr Leben füllen. Der Aufstieg der Populisten hat gezeigt, dass Europa bei vielen unbeliebt geworden ist, dem will der Pro-Europäer entgegensteuern. Allein seine leidenschaftlichen Reden schafften schon eine neue Stimmung. Er weiß, dass es oft auch zunächst auf Symbole ankommt.


Macron will den USA und China Paroli bieten

In anderen Punkten ist Macron schon viel weiter als bei der Budgetfrage. In der Sicherheitspolitik, der EU-Flüchtlingspolitik gibt es schon einige Übereinstimmungen zwischen Deutschland und Frankreich. Die Grenzen sollen besser bewacht werden und Flüchtlinge schon in den Transitländern überprüft werden, illegale Einwanderer sollen abgewiesen werden. Auch bei einer besseren Verteilung der Flüchtlinge in Europa liegen Macron und Merkel auf einer Linie, das war bei Merkel und Hollande nicht der Fall, der eine Verteilung nach Quoten in Europa ablehnte.

Der französische Präsident drängt auch auf ein Europa der Verteidigung. Es wird deutlich, dass Europa in Frankreichs Außenpolitik wieder im Mittelpunkt steht. Jean-Dominique Guiliani, Präsident der Robert Schuman Stiftung, ist der Ansicht, dass die Europapolitik vorher vernachlässigt wurde: „Macron antwortet auf ein Bedürfnis in Europa.“ Ziel seiner Europapolitik sei, mit anderen Weltmächten konkurrieren zu können. Guiliani glaubt, dass Paris, Berlin und Brüssel sich einigen werden, weil sie im Grund dasselbe anstreben: demokratische Kontrolle in der EU.

Macron hat ganz konkrete Vorstellungen wie das Mehr an Demokratie funktionieren soll. Bürger aus allen europäischen Ländern sollen bei Veranstaltungen darüber beraten, wie sie sich Europa vorstellen. Und diese Befragung soll so schnell wie möglich im kommenden Jahr beginnen, wenn die Regierungen sich nicht beteiligen wollen, können das auch Bürgerinitiativen übernehmen. Bisher ist er in dem Punkt allerdings noch nicht richtig vorangekommen. Macron geht es auch um mehr Zusammenarbeit in Europa auf allen Gebieten, so etwa bei der Bildungspolitik. Ein Erasmus-Jahr sollte für Studenten und auch Lehrlinge selbstverständlich werden.

Aber vor allem wünscht er sich ein starkes Europa gegenüber den USA und China. Er sieht es als notwendig an, dass bei internationalen Konflikten Europa noch mehr Einheit zeigt und die Länder sich besser absprechen. Europa soll eine Art Weltmacht werden. Macron will mehr Europa, mehr Europa-Gefühl und nicht nur eine Umverteilung der Schulden. Und für diesen Plan braucht er Merkel als starke Partnerin, das weiß er selbst: „Ich will nicht der Leader Europas sein, sondern ein Leader.“

Frankreichs Medien werfen deshalb immer häufiger den Blick auf Deutschland, während die konservative Tageszeitung „Le Figaro“ schon ein Ende der Ära Merkels in Erwägung zieht, betonte die Wirtschaftszeitung „Les Echos“: „Selbst wenn Angela Merkel geschwächt ist, muss sie an der Spitze bleiben, die nahe Zukunft Europas hängt davon ab.“

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