G20-Gipfel in Hangzhou China sucht nach einem neuen Wachstumsmodell

Die G20-Staatschefs treffen sich im chinesischen Hangzhou. Sie wollen der globalen Wirtschaft neuen Schwung verschaffen. Doch auch wenn Gastgeber China für gemeinsame Lösungen wirbt, einfach wird eine Einigung nicht.

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G20-Vorbereitungen in Hangzhou, China. Quelle: dpa Picture-Alliance

Den Versand von Paketen nach Hamburg verbieten, um die Gefahr von Bombenanschlägen beim kommenden G20-Gipfel in der Stadt zu verringern: Was unvorstellbar klingt, ist in China Realität. Am Wochenende treffen sich in der chinesischen Stadt Hangzhou die Staatschefs der G20-Länder. Dafür steht seit Tagen der komplette Paketversand still. Als eine von zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen müssen die sieben Millionen Einwohner und Alibaba, das größte Handelsunternehmen des Landes, auf ihre Post warten bis Barack Obama, Angela Merkel, François Hollande und Co. wieder abgereist sind.

Für ausländische Gäste das Unmögliche möglich machen. Das ist in China bei Großveranstaltungen üblich. Nun will das Land aber auch als Vorsitzender des Gipfels überzeugen. Es ist das erste Mal, dass China den internationalen Wirtschaftsgipfel ausrichtet. Es will endlich global als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen werden und dafür am Wochenende Erfolge präsentieren.

Die 1999 gegründete Gruppe der größten Volkswirtschaften vertritt zwei Drittel der Weltbevölkerung und 85 Prozent des globalen GDP. Einigt sie sich auf gemeinsame Maßnahmen, können diese tatsächlich großen Einfluss haben. Einfach wird das aber nicht. Die letzten G20-Treffen haben nur zu wenigen Resultaten geführt. Zu mehr als halbherzigen Absichtserklärungen kam es in der Regel nicht.

Das will China dieses Jahr ändern. Und tritt mit einem ehrgeizigen Plan an. „Die G20 muss sich von Reaktionen auf Krisen zu einer Gruppe mit Weitsicht und langfristiger Politik entwickeln“, so die Vision des chinesischen Außenministers Wang Yi im Vorfeld des Gipfels. Traditionelle Versuche, Wachstum durch Fiskal- und Geldpolitik anzutreiben, seien zuletzt erfolglos gewesen, sagte Wang. „Die Länder müssen anfangen, gemeinsame Synergien zu nutzen“. Einen ersten Erfolg konnte das Land bereits im Februar erzielen als sich die G20-Finanzminister und die Zentralbankchefs in Shanghai trafen. Um die Volatilität an den Devisenmärkten zu stabilisieren, einigten sich die Länder darauf, ihre Währungen nicht weiter abzuwerten. Damit verhinderte die Gruppe einen Abwertungswettlauf zwischen den Ländern, um die eigenen Exporte anzufeuern.

Was Chinesen über Deutsche denken
WirtschaftsmachtDeutsche sehen in China eine aufstrebende Wirtschaftsmacht – offenbar ist das jedoch auch andersherum der Fall. 60 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland ein wirtschaftlich starkes Land. 62 Prozent haben großes Interesse an deutschen Produkten und Marken. Auch politisch steht Deutschland in China gut da, 57 Prozent der Befragten nehmen das internationale politische Engagement Deutschlands als positiv wahr.  Im Gegensatz zu den Befragungsergebnissen hierzulande wird die wirtschaftliche Stärke Deutschlands in China nicht mit Sorge wahrgenommen. Quelle: dpa
Automobilindustrie38 Prozent der Chinesen denken beim Stichwort Deutschland an die Automobilindustrie. 86 Prozent ist Volkswagen als Marke bekannt, 85 Prozent kennen BMW. So kommt es, dass deutsche Exporte nach China vor allem aus den Bereichen des Maschinenbau und der Automobilindustrie kommen, während China vor allem Elektronik und Textilien nach Deutschland exportiert. Quelle: dpa
BierWas für uns die Peking-Ente ist, ist für Chinesen das deutsche Bier. 19 Prozent der Befragten fällt als erstes ein kühles Weizen oder ein dunkles Altbier ein, wenn sie an Deutschland denken. Ob es daran liegt, dass 45 Prozent der Chinesen sich vorstellen könnten, in Deutschland zu leben? Quelle: dpa
Industrie/Technologie19 Prozent der Chinesen assoziieren mit Deutschland eine fortschrittliche Technologie. Innovation und technischer Fortschritt sind Schlüsselbegriffe, die mit Deutschland in Verbindung gebracht werden. 83 Prozent der Chinesen halten deutsche Technologieprodukte für international wettbewerbsfähig, 87 Prozent trauen Deutschland die Herstellung von Hightechprodukten zu. Das chinesische Deutschlandbild ist somit um ein Vielfaches positiver als umgekehrt die Wahrnehmung der Volksrepublik China durch Deutschland. Quelle: dpa
CharaktereigenschaftenSpezielle Charaktereigenschaften wie Höflichkeit oder Pünktlichkeit sind gängige Klischees, die in anderen Ländern über Deutschland existieren – offenbar auch in China. Hier fallen 12 Prozent der Befragten beim Thema Deutschland bestimmte Charaktereigenschaften ein. Vor allem Höflichkeit macht das Rennen. 81 Prozent der Chinesen glauben, dass die in Deutschland die größte Rolle spielt. An zweiter Stelle kommt die Familie, die dritte Charaktereigenschaft, die Chinesen mit Deutschland verbinden, ist der Respekt gegenüber dem Alter. Quelle: AP
Deutsche Produkte11 Prozent der befragten Bevölkerung assoziieren mit Deutschland qualitativ hochwertige deutsche Produkte. Als erstes fällt Chinesen dabei oft die Firma Siemens ein, die das bekannteste deutsche Unternehmen in China ist. Generell glauben Chinesen, dass sich deutsche Investitionen auch auf dem chinesischen Arbeitsmarkt als positiv auswirken könnten. Deutschland gilt daher innerhalb Europas als wichtigster chinesischer Handelspartner. Die Huawei-Studie zeigt auch, dass die Zustimmung zu deutschen Produkten sich nach einem Deutschlandbesuch noch einmal deutlich steigert. Quelle: dpa
Natur und UmweltDeutschland als Naturparadies, so sehen zehn Prozent der Befragten unser Land. 63 Prozent haben daher sehr großes Interesse an Deutschland als Reiseland. Auch auf das Bild der Chinesen von der deutschen Umwelt- und Klimaschutzpolitik wirkt sich das aus. 42 Prozent der Befragten glauben, dass Deutschland in dem Bereich  weltweit zur Spitzengruppe gehört. Umgekehrt glaubt das nur 1 Prozent der Deutschen von China. Quelle: dpa

Im Zentrum des Gipfels, zu dem Angela Merkel am Sonntag anreisen wird, werden nun vor allem Strukturreformen stehen. Dazu kommen Steuerthemen, Finanzmarktregulierungen sowie Regulierungsfragen und der internationale Handel. Aus Regierungskreisen in Berlin heißt es, man sei grundsätzlich mit dem Plan für den Gipfel sehr zufrieden. Vor allem die Aufnahme von digitalen Themen auf die Tagesordnung werde begrüßt. Dazu gehöre auch die Diskussion um Themen wie die Industrie 4.0 sowie damit verbunden der Schutz von geistigem Eigentum.

Als Ausrichter des G20-Gipfels hat China aber auch dafür gesorgt, dass viele Konfliktherde nicht auf der Agenda stehen. Dazu gehört einerseits der Konflikt um die Gebietsansprüche im südchinesischen Meer, der jüngst durch das Schiedsurteil des Den Haager Kriegsgerichts nach Klage der Philippinen zu eskalieren drohte. Mehrere Staaten beanspruchen Inseln und Felsen in dem für den Welthandel wichtigen Seegebiet. China hat unter Protest von Vietnam, den Philippinen, Malaysia, Singapur und Indonesien in den vergangenen Jahren mit der Aufschüttung und Bebauung von Inseln in dem Gebiet begonnen.

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