Das Drama um den Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko spitzt sich zu. Donald Trump, der seinen Wahlkampf im Jahr 2016 in weiten Teilen mit negativer Rhetorik gegenüber Mexikanern und dem Versprechen, nach einem Wahlsieg eine Mauer zwischen den beiden Ländern zu errichten, gewonnen hat, ist auf maximalen Konfrontationskurs mit den Demokraten im Kongress gegangen. Vor einer Unterredung mit den Spitzenpolitikern dieser Partei, Nancy Pelosi und Chuck Schummer vor wenigen Tagen im Weißen Haus, kam es vor laufenden Kameras zum Schlagabtausch, bei dem der Präsident seine Drohung wiederholte, über der Frage nach der Finanzierung dieser Grenzmauer die Regierung in Washington zu schließen.
Zu einem solchen „Government Shutdown“ kann es kommen, wenn sich Kongress und Präsident nicht über die Finanzierung von Aufgaben einigen können. Die Wunsch-Mauer von Donald Trump soll fünf Milliarden kosten und es ist bislang nicht ausgemacht, woher das Geld aus dem Haushalt dafür kommen soll. Am Dienstag kamen nun Töne aus dem Weißen Haus, wonach eine Lösung gefunden worden sein soll, die einen „Shutdown“ unnötig mache. Wie genau diese Lösung aussieht, ist noch unbekannt. Eine Sprecherin des Präsidenten sagte, das Geld solle von anderen Behörden für den Mauerbau bereit gestellt werden. Zudem erhoffe man sich Mehreinnahmen, die dann wiederum in den Mauerbau fließen sollten. In derselben Pressekonferenz schloss die Sprecherin allerdings Steuererhöhungen zum Zweck des Mauerbaus aus. Das heißt: auch wenn verbal abgerüstet wurde, gibt es keinen nachhaltigen Plan, der ein Aufflammen des Konflikts mit erneuter Drohung, die Regierung zu schließen, nach den Feiertagen verhindern könnte.
Dabei dachte manch ein Beobachter nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016, dass das von Herrn Trump mit Fanfaren getätigte Versprechen, zwischen Mexiko und die USA eine Mauer zu bauen, bald von ihm einkassiert werden würde. Zu teuer, zu umstritten. Der Wahlkämpfer Donald Trump, so die Hoffnung, werde niemals ohne Metamorphose zu Präsident Donald Trump. Nun, diese Rechnung ging nicht auf. Vor der Midterm-Wahl Anfang November, für den Präsidenten rechtzeitig, machten sich einige tausend Migranten aus Zentralamerika auf, um die USA an der Grenze zu Mexiko zu überqueren. Diese Menschen hatten vor, Asyl zu beantragen. Dennoch wurden sie von Herrn Trump sogleich instrumentalisiert und ein nationaler Notstand herbei geredet. Das Thema „Mauer“ kochte wieder hoch und ist nunmehr wieder im Zentrum der Politik in Washington zurück gekehrt.
Trump droht mit Regierungsstillstand wegen Mauer-Finanzierung
In den USA wie in Europa gilt, dass mit scharfer Rhetorik Einwanderung nicht geregelt und Flutursachen nicht bekämpft werden können. Dabei versteht sich von selbst, dass es bei den Ländern selbst liegt und jedes das uneingeschränkte Recht hat, Migration zu regeln und zu formulieren, wen man unter welchen Umständen als Migrant aufnehmen möchte. Daneben gibt es humanitäre Hilfe, die man als Nation, die die Menschenrechte anerkennen, eingeht. Eine Besonderheit in den USA besteht darin, dass man sich über Jahrzehnte mit illegaler Einwanderung abgefunden hat und mittlerweile illegale Immigranten ihre Kinder in den USA geboren haben, die qua Geburt Staatsbürger der Vereinigten Staaten sind. Auch hier hat der Präsident die Axt angelegt und angekündigt, das „ius soli“ auszuhebeln. Für die USA, die sich anders als die europäischen Länder für die längste Zeit als Einwanderungsland verstanden haben, ist dieser Kurswechsel ohne Beispiel und leuchtet aus, wie sehr das einstige Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit sich und der Zukunft hadert.
Eine Mauer zwischen zwei Ländern, die über ein gerade erneuertes Freihandelsabkommen miteinander verbunden sind, macht keinen Sinn. Bereits unter der Obama-Administration wurden Maßnahmen getroffen, die Südgrenze zu Mexiko besser vor illegaler Einwanderung zu schützen. In einem Land, das, wenn man Autoren wie Samuel Huntington glauben will, davor steht, seine protestantisch-weiße-angelsächsische Prägung an katholische Lateinamerikaner zu verlieren, sind Worte und Maßnahmen, die an die Vernunft appellieren, wenig hilfreich, wenn man von der Unsicherheit der Menschen profitieren will. Die Grenzmauer, das dürfte spätestens jetzt klar sein, ist keine rhetorische Maßnahme von Donald Trump. Er glaubt, mit dieser Mauer seinen Machtanspruch zu zementieren und sich für eine zweite Amtszeit zu empfehlen. Dass ihm weder die Mexikaner, wie er immer behauptet hat, die Mauer zahlen und die Demokraten alles tun, um dieses aus ihrer Sicht ineffektive Instrument zu verhindern, ist es auch für den Präsidenten eine harte Konfrontation mit der Wirklichkeit einer funktionierenden Demokratie.