Lähmung in Lima Obama und Putin haben sich nichts mehr zu sagen

Obama warnt bei seinem letzten Gipfel vor einer Vorverurteilung von Trump – aber keiner weiß, was er will. Droht sogar ein Handelskrieg mit China? In Lima trifft Obama auch noch einmal einen Widersacher zum Smalltalk.

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Zum Gruppenfoto beim Apec-Gipfel in Peru haben US-Präsident Barack Obama und seine Kollegen einen traditionellen Schal angelegt, wie ihn die Hirten in den Anden tragen. Quelle: dpa

Lima Es ist noch einmal ein lässiger Auftritt, ganz nach dem Geschmack Barack Obamas. Scherzend, auf und ab gehend, mit dem Mikro in der Hand vor rund 1000 Studenten und jungen Führungskräften aus Lateinamerika in der katholischen Universität zu Lima. Sein letzter großer öffentlicher Auftritt als Präsident auf einer Auslandsreise.

Eine Studentin will zum Schluss von Obama wissen, was er jungen Leuten rät. „Nicht die Vergangenheit ignorieren, sondern von ihr lernen“, meint der US-Präsident. Die Demokratie verteidigen. Er sei gerade noch einmal in Athen, dem Geburtsort der Demokratie, gewesen.

Er geht in unsicheren Zeiten. Hier in der Universität ist Obama nicht die „lame duck“, die er einige Kilometer entfernt im Museo de la Nación ist, beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der 21 Staaten der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec). Die Bedeutung dieses Bündnisses zeigt sich schon darin, dass die Staaten für rund die Hälfte des globalen Handels sorgen. In Perus Hauptstadt tummeln sich auch nochmal einige von Obamas großen Widersachern.

So ist auch Russlands Präsident Wladimir Putin in Lima. Beide gehen sich die meiste Zeit aus dem Weg und werden viele Plätze voneinander entfernt platziert. Spätestens der Syrien-Konflikt und Russlands Parteinahme für Machthaber Baschar al-Assad hat sie völlig entzweit. Ein „Abschlussgespräch“ ist nicht mehr vereinbart worden, sie begrüßen sich kurz, wechseln ein paar Worte. Ein Bedauern, das man im Ukraine-Konflikt keine Lösung erreicht hat; zu Syrien sollen die Außenminister im Gespräch bleiben. Vier Minuten Smalltalk, das war's.

Wie es wohl mit Donald Trump wird? Putin umgarnt Obamas Nachfolger. In Lima trifft sich Putin auch erstmals mit dem für seinen harten Einsatz gegen Drogenhändler bekannten Präsidenten der Philippinen, Rodrigo Duterte. Der hatte Obama sogar als einen „Hurensohn“ bezeichnet, den Abzug der US-Truppen gefordert - und lobt Putin.

Aber auch Duterte gibt nun den Trump-Fan. Es bahnt sich eine Internationale der Populisten mit neuen, überraschenden Allianzen an. Es ist ein Phänomen dieser Tage, dass hochrangig besetzte Gipfel stattfinden, die viel Prosa aber wenig Entscheidungen bringen. Man ist im Schwebezustand, bis zur Amtsübergabe in den USA am 20. Januar.

Alle reden über einen, der nicht da ist: Trump. So war es schon beim UN-Klimagipfel in Marrakesch, so ist es in Lima. Aber auch ein Trump kann nicht von heute auf morgen das globale Klimaabkommen kündigen oder den Handel entflechten. Einen bemerkenswerten Auftritt hat Chinas Präsident. Xi Jinping betont mehrfach - ohne Trumps Namen zu nennen - seine Sorgen. Bei einem Treffen mit Obama sagt er, dass er darauf setze, „dass ein sanfter Übergang sichergestellt wird.“

Und er betont, dass Handel dem Wachstum und Wohlstand nutze. „China macht die Tür nicht zu.“ Es ist paradox, dass China hier als Hort des Liberalismus auftritt. Trump wirft China vor, Jobs in den USA vernichtet zu haben und droht, hohe Strafzölle auf Produkte „Made in China“ zu verhängen. Er will weg von mehr Globalisierung.

In Lima halten Beobachter das von Obama auf den Weg gebrachte größte Freihandelsabkommen der Welt, die 2015 von zwölf Staaten - ohne China - beschlossene Transpazifische Partnerschaft TPP für „tot“. Trump will TPP beerdigen. Für die USA umfasst es ein Handelsvolumen von rund 1600 Milliarden Dollar, 40 Prozent ihres Außenhandels. Obama gilt als ein „pazifischer Präsident“, der mit TPP auch geostrategische Gründe verfolgte, ein Gegenpol zu Chinas aggressiver Handelspolitik. Xi Jinping betont aber den Kooperationswillen, so gibt es auch den Plan, mit den USA ein großes Asien-Pazifik-Freihandelsbündnis zu schließen.

Aber klar ist: China könnte in das Vakuum bei einer Abschottung der USA hineinstoßen - und seinen Einfluss mehren. Der „Economist“ zeigt eine Karikatur, in der Trump mit Steinen eine Mauer baut, während Xi Jinping mit einem Einkaufswagen über eine Brücke in den einstigen US-„Hinterhof“ Lateinamerika spaziert und mit neuen Abkommen das große Geld macht. Schon 2015 hat China in Lateinamerika Abkommen geschlossen, die Investitionen von 500 Milliarden Dollar vorsehen.

Beim Treffen mit den „young leaders“ wird Obama auch nach all den Sorgen wegen Trump gefragt. Er versucht ganz diplomatisch, Ängste zu zerstreuen, auch wenn der Immobilienunternehmer sein Erbe, vom Klimaschutz bis zum Ausbau des Freihandels, zertrümmern könnte. „Erwartet nicht das Schlechteste, hofft, dass die Administration ihren Job machen und arbeiten wird. Danach kann man sein Urteil fällen.“ So gibt es - auch an Trumps Adresse - in Lima viele Bekenntnisse zum Handel und den Chancen. Die Apec-Staaten wuchsen 2009 bis 2014 überproportional, um sechs Prozent im Schnitt.

Es regiert das Prinzip Hoffnung. Neuseelands Premier John Key bringt das auf den Punkt: „Ich glaube, es wird einen großen Unterschied geben zwischen dem Kandidaten Trump und dem Präsidenten Trump“.

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