Militärbündnis USA verlangen höhere Einsatzbereitschaft von Nato-Partnern

Nato-Truppen sollen künftig schneller mobilisiert werden können. US-Verteidigungsminister Mattis will sich um entsprechende Zusagen bemühen.

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Der Nato-Generalsekretär im Gespräch mit US-Verteidigungsminister Jim Mattis. Quelle: Reuters

Brüssel, Washington Die USA drängen die europäischen Nato-Partner Diplomatenkreisen zufolge, die Einsatzbereitschaft ihrer Truppen und Waffensysteme zur Abschreckung Russlands deutlich zu erhöhen. US-Verteidigungsminister Jim Mattis werde sich beim Treffen mit seinen Nato-Kollegen am Donnerstag in Brüssel bemühen, Zusagen für dieses Vorhaben zu bekommen, verlautete in US- und Nato-Kreisen.

Danach solle die Militärallianz künftig 30 Bataillone, 30 Kampfjet-Geschwader und 30 Kriegsschiffe in der Größenordnung eines Zerstörers vorhalten, die binnen 30 Tagen verlegt werden könnten. Zur Zahl der nötigen Soldaten äußere sich Mattis in seinem Vorschlag nicht. Er setze auch keine Frist, bis wann diese erhöhte Einsatzbereitschaft erreicht sein solle. Die Größe eines Bataillons variiert innerhalb der Nato zwischen 600 und 1000 Soldaten.

Die europäischen Verbündeten würde die Forderung der USA vor einige Herausforderungen stellen. Nicht nur die Bundeswehr kämpft mit der mangelhaften Einsatzfähigkeit von Jets und Helikoptern. US-Präsident Donald Trump attackiert die Verbündeten regelmäßig, weil sie die Verteidigungsausgaben nach dem Ende des Kalten Krieges deutlich zurückgefahren hatten.

Erst seit der Ukraine-Krise und der Verschlechterung der Beziehungen zu Russland steigen die Wehretats in vielen Ländern wieder. Deutschland hat der Nato ab 2027 grundsätzlich eine voll einsatzbereite Division für die Landes- und Bündnisverteidigung gemeldet, die aus drei Brigaden mit je 4000 bis 5000 Soldaten besteht. Ab 2032 hat Deutschland der Allianz drei voll einsatzbereite Divisionen zugesagt.

„Wir haben einen Gegner (Russland), der mit einer Bodenoffensive schnell ins Baltikum und nach Polen vorstoßen kann“, warnt ein hochrangiger Nato-Diplomat, der die Pläne der USA kennt. „Wir haben nicht den Luxus, uns bei einer Mobilisierung Monate Zeit zu lassen.“ Nach Angaben eines US-Vertreters soll die Initiative vor allem der Abschreckung Russlands dienen. Russland hatte vergangenes Jahr ein Manöver abgehalten, an dem nach Angaben aus westlichen Militärkreisen 100.000 Soldaten beteiligt waren.

Es sorgte in der Nato für Befürchtungen, derartige Militärübungen könnten versehentlich einen Konflikt auslösen oder russische Truppen könnten in russisch-sprachige Gebiete im Baltikum vordringen. Das russische Präsidialamt weist diese Vorhaltungen zurück und bezeichnet die Nato als eigentliche Bedrohung für die Sicherheit in Europa.

Die Nato-Staaten verfügen nach Angaben der britischen Denkschmiede IISS über mehr als zwei Millionen Soldaten, deutlich mehr als Russland mit seinen etwa 830.000 Soldaten. Als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland hat die Nato bereits eine schnelle Eingreiftruppe aufgebaut, die sogenannte Speerspitze. Außerdem stationierte die Allianz vier Kampf-Bataillone in den baltischen Staaten und Polen, die von zusätzlichen US-Truppen und Kriegsgerät verstärkt werden.

Unklar ist allerdings, wie schnell die Nato große Truppenverbände an ihre Ostflanke verlegen und wie lange sie ein militärisches Engagement dort aufrechterhalten könnte. Die französischen Streitkräfte sind nach Angaben aus Militärkreisen mit ihren Einsätzen in Afrika bereits am Rande ihrer Möglichkeiten, die britische Armee leidet unter Einsparungen.

Laut einer Studie der Rand Corporation aus dem Jahr 2016 könnten Großbritannien, Frankreich und Deutschland vermutlich jeder binnen eines Monats eine Brigade mit drei oder mehr Bataillonen, Kampfpanzern und anderem Gerät mobilisieren. Dies würde die Fähigkeiten der drei Länder aber weitgehend erschöpfen und wenig Raum für ein Engagement in anderen Konflikten lassen.

Hinzu kommt, dass sich der französische Präsident Emmanuel Macron momentan bemüht, eine europäische Eingreiftruppe auf die Beine zu stellen. „Wir haben nur eine begrenzte Anzahl von Truppen in Europa, und die können wir nicht zu jedem militärischem Vorhaben melden“, warnt ein hochrangiger Nato-Diplomat.

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