Protektionismus Trump verwässert Strafzölle - und hat ein neues Druckmittel

Am 23. März sollen die Importzölle auf Stahl und Aluminium in Kraft treten. Auch wenn die USA einzelne Länder ausklammern wollen: Aufatmen können globale Handelspartner nicht.

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US-Präsident hat den Weg für hohe Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren freimacht. Quelle: Reuters

Washington Für diesen Auftritt mussten Donald Trumps Mitarbeiter eine Nachtschicht einlegen. Binnen 24 Stunden organisierten sie eine Unterschriften-Zeremonie im Roosevelt-Raum des Weißen Hauses, der Druck von oben muss groß gewesen sein.

Der US-Präsident wollte unbedingt noch in dieser Woche eine Erklärung unterschreiben, die den Weg für hohe Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren freimacht. „Heute verteidige ich Amerikas nationale Sicherheit, indem ich Zölle auf ausländische Importe von Stahl und Aluminium erhebe“, sagte Trump, bevor er zu zwei Mappen griff und die Papiere unterzeichnete.

Die Dokumente bieten dabei allenfalls eine grobe Grundlage für die Handelsbarrieren. Als eine CNN-Moderatorin Trumps Auftritt ankündigte, musste sie nach Worten suchen. Gleich werde der Präsident etwas vorstellen, seine „...was war es genau? Ein Regelwerk?“. Überschrieben sind Trumps Pläne mit „A Proclamation“, eine Verkündung.

Binnen zwei Wochen will die US-Regierung die Details nachliefern, bis dahin muss ein wasserdichtes Konzept stehen. Denn die Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium sollen bereits am 23. März in Kraft treten.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass Trump nun doch offen ist für die Idee, einzelne Länder auszuklammern. „Der Präsident erkennt Kanada und Mexiko als Sonderfälle an und wird die laufenden Gespräche mit diesen Ländern fortsetzen, um unsere Bedenken auszuräumen“, hieß es aus dem Weißen Haus.

Man sei bereit, „mit jedem Land, mit dem wir eine Sicherheitsbeziehung unterhalten, alternative Wege zu erörtern“, besagt die Erklärung weiter. Käme man zu anderen Lösungen, „zu einer befriedigenden Alternative“, um das Problem von Metall-Überkapazitäten und Dumpingpreisen einzudämmen, „könnten die Beschränkungen aufgehoben werden.“

Eigentlich wollte Trump die Strafzölle zunächst weltweit und pauschal anwenden. Jetzt ist er seinen internen Kritikern, den direkten Nachbarstaaten und Teilen der US-Industrie deutlich entgegengekommen. Kanada ist der führende Lieferant von importiertem Stahl und Aluminium in die USA, auch aus Mexiko kommt ein beträchtlicher Teil der Einfuhren.


Kritik an Deutschland

Zugleich behält Trump einen Vorteil in der Hand, weil er die Ausgestaltung der Ausnahmen von den festgefahrenen Nafta-Gesprächen abhängig macht. „Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir uns einigen werden“, sagte der US-Präsident. Die Verknüpfung mit Strafzöllen dürfte die Nafta-Verhandlungen wiederum nicht leichter machen.

Auch andere internationale Partner wie die Europäische Union oder die Türkei können nicht aufatmen. Denn Trump koppelte die Zollpläne direkt an seine Kritik an den internationalen Militärausgaben der USA. „Einige Länder, mit denen wir es zu tun haben, sind Partner, Verbündete, auch militärisch“, sagte Trump. “Wir gucken, wer uns fair behandelt, und wer nicht. Wer seine Rechnungen bezahlt, und wer nicht. Das wird in unsere Entscheidung miteinfließen.“

Stunden zuvor hatte Trump in einer Kabinettssitzung Deutschland in diesem Zusammenhang erwähnt. Deutschland sei eines der Länder, die die USA im Handel und in der Verteidigung „über die Jahre enorm ausgenutzt“ hätten.

Über die Verteidigungsausgaben gibt es unter den Nato-Staaten seit längerem Streit. Trump fordert, dass alle Bündnispartner spätestens von 2024 an jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben.

In der Bundesregierung wird das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato allerdings anders interpretiert. Dort heißt es, es gehe lediglich darum, sich in Richtung der zwei Prozent zu entwickeln.

Dieser hochsensible Konflikt bekommt durch die drohenden Strafzölle nun eine neue Qualität. Indem Trump beide Themen miteinander vermischt, und Importzölle als direktes Druckmittel einsetzt, könnten sich die diplomatischen Beziehungen noch weiter verschlechtern. Die Gefahr eines globalen Handelskriegs ist darüber hinaus nicht gebannt, und die Verunsicherung für enge Verbündete besteht weiter.

Vor einer Woche hatte Trump der Welt einen Schock versetzt, als er im Alleingang Strafzölle verkündete. Seine Handelspartner kündigten konkrete Vergeltungsmaßnahmen an, Teile seiner Partei protestierten. Trumps Kurs steht im radikalen Gegensatz zur traditionellen Freihandelsgedanken der Republikaner. Trumps Wirtschaftsdirektor Gary Cohn, einer der letzten gemäßigten Handelsexperten im Weißen Haus, trat am Dienstag zurück.

Nun haben die Protektionisten das Sagen. Der US-Präsident wurde am Donnerstag begleitet von seinem Wirtschaftsstrategen Peter Navarro, Handelsminister Wilbur Ross und dem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Sie sind die Köpfe hinter Trumps Handelskurs.

Finanzminister Steven Mnuchin war ebenfalls anwesend, auch wenn er pauschale Strafzölle lange abgelehnt hatte. Bis zuletzt drängten Mnuchin und andere Kritiker auf Ausnahmen für die Nachbarländer Mexiko und Kanada, offensichtlich erfolgreich.

Verteidigungsminister Jim Mattis hatte in der Vergangenheit davor gewarnt, dass pauschale Importzölle das Verhältnis zu Verbündeten gefährlich schädigen könnten. Mattis hatte sich die ganze Woche nicht öffentlich zu Trumps Entscheidung geäußert, am Donnerstag fehlte er zur Zeremonie.

Für das Event hatte das Weiße Haus eine Gruppe Arbeiter aus Stahl- und Aluminiumwerken einfliegen lassen. Sie traten in Arbeitskluft und Sneakern auf, die Werkshelme unter den Arm geklemmt. Symbolisch standen sie für die verbliebenen Arbeitsplätze in der Schwerindustrie, für die einst flächendeckend rauchenden Schlote im Rustbelt der Nation,
die Trump zurückholen will - und für eine Wählergruppe, von denen große Teile 2016 für Trump gestimmt haben.

Die gewünschte Symbolik war klar: Der US-Präsident und seine Berater arbeiten gemeinsam mit Betroffenen, um eine aus seiner Sicht existenzielle Krise zu lösen. Eine Krise in der Metallproduktion, die Trump einen „Angriff auf unser Land“ nannte. Er habe „keine andere Wahl“, als die Zölle zu erheben, sagte Trump.

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